Griechenland stoppt LNG-Pläne: Teile der EU setzen weiter auf russisches Pipelinegas
Griechenland erhöht russische Gasimporte und beerdigt LNG-Pläne. Importe erfolgen über Pipeline aus der Türkei. Auch Ungarn und Österreich setzen stark auf russisches Gas.
Die Europäische Union steht vor einer energiepolitischen Bewährungsprobe. Während die EU seit Beginn des Krieges in der Ukraine versucht, ihre Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren, zeigen jüngste Entwicklungen in Südosteuropa eine gegenläufige Dynamik. Insbesondere Griechenland, das ursprünglich seine Energieimporte diversifizieren wollte, kehrt zu russischen Gaslieferungen zurück und lässt ambitionierte LNG-Projekte fallen, wie das Handelsblatt berichtet.
Griechenland stoppt LNG-Projekte
Nach den Berichten des Handelsblattes planten griechische Energieunternehmen den Bau von fünf neuen LNG-Terminals, um die Region mit Flüssigerdgas zu versorgen und die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Dies hätte Griechenland zu einem zentralen Umschlagplatz für LNG in Südosteuropa gemacht.
Doch kürzlich hat der griechische Umwelt- und Energieminister Theodoros Skylakakis angekündigt, dass die bestehenden LNG-Kapazitäten bereits ausreichend seien, was auf politischen Widerstand und wirtschaftliche Gründe zurückzuführen sei.
Anstieg russischer Gasimporte
Die Gasimporte aus Russland steigen unterdessen wieder an. So hat Griechenland seinen Anteil russischer Gasimporte von 14 Prozent im Jahr 2022 auf nunmehr 60 Prozent erhöht. Auch Ungarn und Österreich setzen weiterhin stark auf russisches Gas. Laut Daten der Denkfabrik Bruegel ist der Import russischen Pipeline-Gases über die Ukraine und die Türkei, insbesondere über die TurkStream-Pipeline, gestiegen.
Preisvorteil von Pipeline-Gas
Ein Grund für diesen Trend ist der Preisvorteil von Pipeline-Gas gegenüber LNG. Russisches Gas ist günstiger und hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach LNG in der EU zurückgegangen ist und Russland die USA als zweitwichtigsten Gaslieferanten der EU wieder überholt hat. Wie das Handelsblatt schreibt, werde der Gasmarkt Südosteuropas geradezu "überschwemmt" mit Pipelinegas aus Russland, das deutlich günstiger als LNG-Gas aus den USA, Algerien oder Katar ist.
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Die EU hat zwar bereits 14 Sanktionspakete gegen Russland verabschiedet, russisches Pipeline-Gas ist von diesen Maßnahmen jedoch weitgehend ausgenommen. Auch bei russischem LNG sind die Sanktionen bisher nur indirekt. Ab 2025 sollen Umladungen von russischem LNG in EU-Häfen verboten sein, um zu verhindern, dass es über Umwege in Drittländer gelangt.
Zukunft der Energieversorgung in Südosteuropa
Die Entscheidung Griechenlands sowie anderer südosteuropäischer Staaten wirft Fragen über die zukünftige Energieversorgung und die energiepolitische Ausrichtung der Region auf. Sollten die geplanten LNG-Terminals und Pipelines nicht realisiert werden, bleiben die Staaten Südosteuropas weiterhin stark von russischem Pipelinegas abhängig.
Dieser Schritt Griechenlands stellt die Bestrebungen der EU, sich von russischer Energie unabhängig zu machen, in Frage und zeigt die Herausforderungen auf, vor denen die EU bei der Umsetzung ihrer Energiepolitik steht. Die Rückkehr zu russischem Gas verdeutlicht, wie wirtschaftliche Interessen und geopolitische Realitäten die energiepolitischen Entscheidungen von EU-Mitgliedstaaten beeinflussen können. Denn ohne die LNG-Terminals dürften die Staaten Südosteuropas – bis auf weiteres – nicht ohne russisches Pipelinegas auskommen können.