Grönland zwischen Dänemarks Krone und Amerikas Sternen
Grönland gehört zu Dänemark, ist aber geografisch Teil Nordamerikas. Es genießt weitgehende Autonomie unter der dänischen Krone. Doch Donald Trump hat andere Pläne.
Mit der von Donald Trump schon vor seiner zweiten Amtszeit erneuerten Idee, die Vereinigten Staaten von Nordamerika zu arrondieren und Grönland entweder zu kaufen oder mit militärischen oder wirtschaftlichen Maßnahmen die arktische Insel zu zwingen, ein Teil der Vereinigten Staaten zu werden, lohnt es sich einen Blick auf Grönlands Geschichte zu werfen, um seinen aktuellen Status zu verstehen.
Dabei muss man unterscheiden zwischen der geografischen Zugehörigkeit und historisch bedingten politischen. Auch wenn Grönland geografisch ein Teil Nordamerikas ist, gehört es politisch zu Europa und ein großer Teil seiner Geschichte ist von den engen Verbindungen zu Dänemark beeinflusst.
Grönland ist heute selbstregiert und ein autonomes Gebiet innerhalb des Königreiches Dänemark. Damit ist der dänische König Frederik X. repräsentierendes Staatsoberhaupt. Grönland genießt seit 1979 weitgehende Autonomie mit einer eigenen Regierung und einem eigenen Parlament und wird von Dänemark nur noch in den Bereichen Verteidigungs- und Außenpolitik vertreten. Da die Wirtschaftskraft der Insel zu schwach ist, wird sie von Dänemark mit Unterstützung durch die EU finanziert.
Am 23. Februar 1982 fand dann in Grönland ein Referendum über den Verbleib in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als Vorläuferin der EU statt, in dessen Folge ein Austritt beschlossen wurde. Dieser wurde mit Inkrafttreten des Grönland-Vertrags am 1. Januar 1985 vollzogen.
Der Hauptgrund für den Austritt waren Meinungsverschiedenheiten über eine gemeinsame Fischereipolitik und das Ziel, die Kontrolle über die grönländischen Fischbestände zurückzuerlangen und somit außerhalb der EU-Gewässer bleiben zu können.
Die europäische Geschichte Grönlands
Der protestantische Pfarrer Hans Egede war zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit 40 Gefolgsleuten von Bergen aufgebrochen und legt nach einer monatelangen beschwerlichen Fahrt mit dem Dreimaster "Haabet" am 3. Juli 1721 an einer Insel vor der Küste Grönlands an. Hans Egede, suchte im Nordatlantik eine jahrhundertealte Siedlung seiner Vorfahren, der sagenumwobenen Wikinger.
Hans Egede hatte im Jahr 1709 eine Pfarrstelle auf den Lofoten angetreten, einer Inselgruppe vor der norwegischen Nordküste. Während eines abendlichen Spazierganges soll er sich daran erinnert haben, dass er zuvor gehört habe, es gebe in Grönland Christen samt Kirchen und Klöstern, von welchen er jedoch keine aktuellen Informationen hatte und so beschloss er nach diesen alten Siedlern zu suchen.
Die Faszination für das Schicksal der reiselustigen Vorfahren war im 18. Jahrhundert im Königreich Dänemark–Norwegen offensichtlich weit verbreitet. Überlieferungen erzählten davon, dass der Wikinger Erich der Rote im Jahr 985 eine Gruppe isländischer Bauern auf langen schnellen Drachenschiffen nach Grönland geführt habe, wo sie eine Siedlung an der Südwestküste gründeten. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts hatte jedoch niemand mehr etwas von den Siedlern auf Grönland gehört.
Hans Egede findet auf der Insel vor Grönland keine europäischen Siedler, auch nicht auf dem nahen grönländischen Festland. Er trifft stattdessen auf das Volk der Inuit, die nach Meinung Egedes dringend einer "Zivilisierung ihrer Seelen" bedürften.
1724 taufte Hans Egede die ersten Inuitkinder. Er baut ihnen eine Kirche, eine Walfangstation und gründet eine Siedlung, aus der sich die heutige grönländische Hauptstadt Nuuk entwickelt. Zudem soll er für die Inuit eine Zeile im Vaterunser-Gebet geändert haben.
Die Worte "Unser täglich Brot gib uns heute" modifiziert er in: "Unseren täglichen Seehund gib uns heute". Egede legte damit den Grundstein für die Christianisierung und die Kolonisierung Grönlands durch die Dänen.
Grönland will sich von der Kolonialisierung durch Dänemark lösen
Die Geschichte der nordamerikanischen Insel Grönland wird hierzulande meist aus europäischer Sicht betrachtet. Was als Wiederentdeckung skandinavischer Vorfahren verkauft wurde, war in Wirklichkeit eine knallharte Kolonialisierung der Insel. Schon Ende des 18. Jahrhunderts beherrschten die dänischen Kolonialherren den Handel und das Leben auf Grönland.
Seit 1922 steht auf einer Anhöhe oberhalb der Hauptstadt Nuuk ein Denkmal. Es ist eine Statue von Hans Egede. Seine Rolle in der Geschichte Grönlands wird heute von den Grönländern durchaus kritisch gesehen. So verwundert es kaum, dass im Sommer 2020 der Sockel der Statue mit roter Farbe und der Forderung "Decolonize" beschmiert wurde und eine geplante 300-Jahr-Feier 2021 anlässlich der Landung Hans Egedes auf Grönland abgesagt wurde.
Ob sich die Grönländer jetzt allerdings, nach der Freiheit von der dänischen Kolonialisierung von Washington D.C. kolonialisieren lassen wollen, darf bezweifelt werden. Die Chance, ein neuer vollintegrierter Bundesstaat der USA zu werden, ist mit einigen Hürden gepflastert und so besteht die Möglichkeit, dass man dem Vorbild Puerto Ricos mit seiner abhängigen Unselbstständigkeit folgen könnte.
Welche Bedeutung hat Grönland für die EU?
So schwer die Ziele der Grönländer für viele EU-Bürger auch verständlich sein mögen, hat die große Insel aufgrund ihrer bislang noch wenig erschlossenen Bodenschätze für die wirtschaftliche Entwicklung der EU eine beachtliche Bedeutung.
Mit dem auf US-Initiative beabsichtigten Decoupling von China, welches das Reich der Mitte inzwischen auch proaktiv vorantreibt, fehlt es in der EU an vielen Grundstoffen, die man zuletzt aus China bezogen hatte, weil China preiswerter liefern konnte und der Abbau sowie die Verarbeitung in Europa vielfach auf Vorbehalte der Bevölkerung gestoßen sind.