Grüne Woche mit Hindernissen: Traktor-Blockaden und zweierlei Kritik an der Ampel
Bauernprotest und geplante Großdemo für sozial gerechte Agrarwende in Berlin: Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Berlin steht an diesem Wochenende einmal mehr im Zeichen der Landwirtschaft – und der Unzufriedenheit mit den Produktionsbedingungen in dieser existenziell wichtigen Branche.
Zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche in der deutschen Hauptstadt blockierten an diesem Freitag Landwirte mit ihren Traktoren die Zufahrt zu der Agrarmesse, um vornehmlich gegen die schrittweise Abschaffung der Agrardiesel-Subventionen zu protestieren.
Bauernprotest mit 300 Traktoren
Rund 300 Traktoren umfuhren am Vormittag das Messegelände. Als Motto gab die Organisation "Freie Bauern" vordergründig unpolitisch "Treckerrundfahrt mit Stulle statt Messerundgang mit Häppchen" an.
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Sie bezeichnen sich als Interessenvertretung bäuerlicher Familienbetriebe sowie als "Stimme gegen Wachstumswahn und Ökoterror". An den mehrtägigen Protesten des Deutschen Bauernverbands hatten sie sich ebenfalls beteiligt.
Mit dem "Wir haben es satt"-Bündnis, das am Samstag zur alljährlichen Großdemonstration für eine nachhaltige Agrarpolitik aufruft, verbindet die "Freien Bauern" zwar die Ablehnung "eines hemmungslosen Freihandels", ansonsten dominieren aber Vorbehalte gegen die beteiligten Umweltverbände und Klimaschutz-Initiativen.
Demo für umweltverträgliche Agrarwende
Mit "Gutes Essen braucht Zukunft - für eine gentechnikfreie, bäuerliche und umweltverträgliche Landwirtschaft" ist in diesem Jahr der Aufruf zur "Wir haben es satt"-Demo überschrieben. Bauern und Verbraucher und Umweltbewegte gehen hier gemeinsam auf die Straße.
Rund 10.000 Menschen waren es nach Angaben des beteiligten Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im vergangenen Jahr. Die Landwirtschaftspolitik ist aus ihrer Sicht nicht erst seit dem Amtsantritt der Ampel-Regierung verfehlt, sondern schon seit Jahrzehnten.
Bündnis fordert krisenfestes Ernährungssystem
Eine ökologischere und bäuerliche Landwirtschaft ist die Basis für ein umweltverträgliches und krisenfestes Ernährungssystem, das alle Menschen sicher mit gesunden Lebensmitteln versorgen kann.
Doch lässt die Bundesregierung Bäuerinnen und Bauern in der Krise allein. Sie können nicht mehr Umwelt- und Tierschutz stemmen, solange diese weder vom Markt, noch von der Politik angemessen honoriert wird.
Aus dem Aufruf zur "Wir haben es satt"-Demonstration am 20. Januar 2024
Zum Trägerkreis der Demonstration gehören Organisationen wie die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (ABL), der Naturschutzbund Deutschland (NABU), Greenpeace, Brot für die Welt und Fridays for Future, aber auch Firmen wie Alnatura und Rapunzel Naturkost sowie der Anbauverband Demeter, die zahlreichen Bioläden beliefern.
Sechs-Punkte-Plan für faire Preise und gerechte Transformation
Die ABL hat einen Sechs-Punkte-Plan "für wirtschaftliche Planbarkeit, faire Preise und eine gerechte Transformation" vorgelegt.
Darin findet sich unter anderem der Vorschlag, den Grunderwerbsteuersatz "für Akteure mit stark überdurchschnittlichem Landbesitz" zu erhöhen, um das Höfesterben durch solche Konzentrationsprozesse zu stoppen und "jungen Bäuerinnen und Bauern die Existenzgründung in der Landwirtschaft zu erleichtern".
Tierrechtsorganisation Peta ruft zu veganem Block auf
Anders als die "Freien Bauern" befürwortet die ABL auch eine sogenannte Tierwohlabgabe auf Fleisch nach den Vorschlägen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung (der sogenannten Borchert-Kommission) "um den Umbau der Tierhaltung endlich angemessen zu finanzieren".
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat diesen Vorschlag der inzwischen aufgelösten Kommission gerade wieder aufgegriffen.
In diesem Punkt sind sich aber auch auf der "Wir haben es satt"-Demo nicht alle Beteiligten einig: Auch die Tierrechtsorganisation Peta wird hier vertreten sein, sie ruft aber zu einem veganen Block auf, weil sie Tierwohl und den Konsum von tierischen Produkten grundsätzlich für unvereinbar hält.