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Grüne und SPD: Umweltschutz hilft Putin

Streit um Flüssiggas: Da lacht der Putin! Bild: Jedimentat44, CC BY 2.0

Konflikt um geplante Flüssiggasterminals gewinnt an Schärfe. Politiker in Bund und Ländern werfen Kritikern vor, Russland in die Hände zu spielen

Die geplanten See-Terminals zur Einspeisung von Flüssiggas aus Tankschiffen in das deutsche Leitungsnetz sorgt zunehmend für Streit zwischen Regierungsparteien in Bund und Ländern sowie Organisationen der Umweltbewegung. In der Sendung RTL direkt forderte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) die Deutsche Umwelthilfe Mitte dieser Woche auf, von einer Klage gegen einen der Terminals im niedersächsischen Wilhelmshaven abzusehen.

Gingen Umweltschutzorganisationen auf juristischem Weg gegen die beschleunigen Vorhaben vor, spielten sie dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände, so Habeck.

Er fügte an, ohne die geplanten LNG-Terminals sei die Versorgungssicherheit mit Gas im Falle eines russischen Lieferstopps "nicht gewährleistet". LNG ist die englischsprachige Abkürzung für Liquid Natural Gas, also flüssiges Erdgas.

Nach Habecks Angaben hat die Bundesregierung bereits vier Spezialschiffe zur Aufbereitung von Flüssiggas erworben. "Hätten wir sie nicht, wären wir wirklich noch wehrloser in dieser Situation", fügte der Grünen-Politiker an.

LNG-Terminals und -Tanker (0 Bilder) [1]

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Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP plant die Bundesregierung, mit Spezialschiffen, sogenannten Floating Storage and Regasification Units (FSRU), Flüssiggaslieferungen annehmen. Geplant seien zudem zwei weitere LNG-Terminals in Brunsbüttel und in Stade.

Mit Blick auf die angekündigten juristischen Klagen aus der Umweltbewegung verschärfte Habeck den Ton. Etwaige Klagen hätten zur Folge, dass Deutschland "in größere Abhängigkeit" vom russischen Präsidenten Wladimir Putin komme.

Bisher ist Deutschland in einem hohen Maße abhängig von Erdgas russischer Zulieferer. Aufgrund des Ukraine-Krieges und des mit ihm einhergehenden politischen Drucks will das SPD-regierte Niedersachsen Genehmigungsverfahren stark vereinfachen und abkürzen.

Dagegen hat unter anderem die Deutsche Umwelthilfe Klagen angekündigt. Die Organisation erklärte dazu, sie dränge …

…seit Monaten auf einen Beleg dafür, dass die geplanten Terminals unter Berücksichtigung der schon vorhandenen Möglichkeiten zur Energieeinsparung und zum Bezug von Erdgas auch wirklich notwendig sind. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat dazu aber bisher keine Zahlen und Daten vorgelegt. Starten sollen die Bauarbeiten in Wilhelmshaven mit der Errichtung eines Anlegers für ein schwimmendes LNG-Terminal. Dazu müssen Stahlrohrpfähle in den Meeresgrund gerammt werden. Dies verursacht hohe Schallemissionen, die eine Gefährdung für den Schweinswal in der Jade-Mündung und im Nationalpark Wattenmeer bedeutet. Zudem wurde am Bauplatz ein geschütztes Unterwasser-Biotop nachgewiesen, dass durch die Arbeiten teilweise zerstört wird.

Deutsche Umwelthilfe

SPD-Landesminister Lies: Kritik an LNG-Terminals "bemerkenswert unangemessen"

Weil die Baumaßnahmen in Wilhelmshaven ohne Offenlegung der Unterlagen und Beteiligung von Umweltverbänden genehmigt worden ist, hat die Umwelthilfe Widerspruch gegen den Bescheid des Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) eingelegt.

Noch deutlicher als Habeck äußerte sich Niedersachsens Energieminister Olaf Lies, ebenfalls ein SPD-Politiker, der die juristische Gegenwehr Er nannte den Widerspruch der Umwelthilfe "bemerkenswert unangemessen".

Im Interview mit der Deutschen Presseagentur fügte Lies an, es arbeiteten "viele Menschen Tag und Nacht unter Hochdruck daran, dass Deutschland möglichst schnell aus der russischen Umklammerung herauskommen kann beim Thema Gas". Dem stünden die Klagen entgegen.

Wilhelmshaven solle, so der SPD-Politiker weiter, "zu einer Drehscheibe für saubere Energie für Deutschland" werden. Spätestens Anfang 2023 soll der LNG-Import hier beginnen.

Der Konflikt um LNG-Terminals betrifft aber auch andere Regionen und andere politische Akteure. So wandte sich der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gegen eine geplante Änderung des Wasserrechts in Schleswig-Holstein. BUND-Vorsitzender Olaf Bandt kritisierte, die geplante LNG-Nutzung widerspreche dem Klimaneutralitätsziel der Bundesregierung. Brandt weiter:

Statt politischer Schnellschüsse braucht es ein belastbares Konzept für den Import erneuerbarer Energien. Die Landesregierung in Schleswig-Holstein sollte nicht in blinden Aktionismus verfallen, sondern Sorgfalt walten lassen. Es braucht eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Überprüfung der Klimabilanz von LNG-Terminals.

Olaf Brandt, BUND

Die Landesregierung in Schleswig-Holstein begebe sich mit der Änderung des Wasserrechts "auf denselben Irrweg wie die Bundesregierung". Auch meide sie die öffentliche Diskussion und verkürzte die demokratischen Verfahren.

"Damit wird eine riskante Politik der vollendeten Tatsachen etabliert", so Brandt weiter: "Die aufschiebende Wirkung von Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse wird unmöglich. CDU, Grünen und FDP entmündigen die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein."


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