HALs kleiner ADAC Freund
Der virtuelle Beifahrer
Wlodek Wlodzimierz und Dimitri Kanevski vom IBM T. J. Watson research lab in Yorktown Heights, New York, haben einen künstlichen Mitfahrer fürs Auto gebastelt, der Bonmots und Eiswasser versprühend für Stimmung sorgen soll.
Arthur C.Clarke benutzte für die Literaturvorlage zu Stanley Kubricks "2001 - A Space Odyssey"(Vgl.Kubrick 2 0 0 1)die Buchstaben H, A und L als Name für den allmächtigen und böse werdenden Computer. Man muss kein ausgesprochener Verschwörungstheoretiker sein, um Clarkes Anspielung zu erkennen, sondern nur den jeweils nächsten Buchstaben des Alphabets nehmen: aus HAL wird IBM.(Vgl.Die Resozialisierung des Giganten)
HAL ist mittlerweile auch ein Programm künstlicher Intelligenz, das Umgangssprache versteht und bald dazu fähig sein soll, mindestens auf dem Niveau eines 5jährigen Kindes zu antworten. Bisher hat HAL schon unabhängige Experten davon überzeugt, nicht mit einem Computer, sondern mit einem Kind im Krabbelalter zu sprechen. HAL soll diesen Frühling einen entscheidenden Schritt nach vorne geschafft haben. Der Sprachcomputer kann nun Kommandos ausführen, die ohne strikte Syntax gegeben werden und er kann sogar verwirrende, weil ähnlich strukturierte Sätze verstehen und entsprechend reagieren. (Vgl.Sprich mit HAL!)
Aus dem Hause IBM kommt nun ein mit Sprachprogramm ausgestatteter virtueller Beifahrer, der qua conversatione vor bösen Unfällen schützen soll. Das Konversationstalent des Beifahrers ist bei langen Fahrten nicht zu unterschätzen. Andrew Parks vom Driving Simulation Center des britischen Transport Research Laboratory hat laut New Scientist festgestellt, dass bis zu 30 Prozent der Verkehrsunfälle von übermüdeten Fahrern verursacht werden. Sketchfähig ist die Idee eines Unterhaltungssprogrammes, das den Autofahrer wach halten soll, indem es einen Gesprächspartner substituiert sicherlich. Ob sie jedoch so gut funktioniert, wie von den Herren bei IBM und in der aktuellen Ausgabe von New Scientist angepriesen, wird sich in künftigen Unfallstatistiken zeigen.
Der artificial passenger, auch AP genannt, sei vorstellbar als "intelligente Präsenz", die in der Elektronik des Armaturenbrettes haust. Herz des Systems ist ein Gesprächsplaner, der ein persönliches Profil des Fahrers gespeichert hat. Aktiviert wagt der freche Begleiter aufwühlende Fragen wie "Wer war deine erste große Liebe?". Fragen, die durch einen hohen Hochschreckfaktor garantieren, dass der Steuermann wach bleibt. Seine Antworten werden von einem Mikrofon aufgenommen und von einer Spracherkennungssoftware (hört, hört!) zerlegt. Eine Kamera zeichnet, um die Spracherkennung zu optimieren, zusätzlich die Lippenbewegungen auf. Und eine Stimmenanalyse fahndet in den Antworten des Fahrers nach Indizien wie Verlangsamung des Redeflusses, Vermehrung des Speichelflusses, Lallen, oder fehlendes Intonieren.
Bei prompten und aufgeweckten Antworten (stellt der Kerl am Ende auch Rechenaufgaben?) behält der Konversationssimulator einen zivilisierten Plauderton bei, bei unsinnigen oder langsamen Reaktionen jedoch schaltet er auf Durchzug: Ein Fenster wird geöffnet, eine Sirene wird laut, oder der Fahrer bekommt eine Ladung Eiswasser ins Gesicht.
Das Ganze mag gut gemeint sein, wer jedoch schon mal länger mit künstlichen Entitäten geplaudert hat, weiß wie entsetzlich ermüdend das auf die Dauer wird. Zum Beispiel: Das John Lennon Artificial Intelligence Project, wobei man hier noch ein wenig Zusatzspaß gewinnt durch die Vorstellung, dass man mit John Lennon redet. (allerdings nur in der Sprache der Schrift) Das Geheimnis dieses und ähnlicher Chatbots ist ein Sprachprogramm namens AIML (Artificial Intelligence Markup Language), das als Open Source Programm von Richard S. Wallace und über 250 Programmierern weltweit ständig weiterentwickelt wird. AIML ist eine XML Sprache (Extensible Markup Language) und als solche beliebig ausbaufähig.(Vgl.Der King bittet zum Chat)
Do you like potatoes?
John: I don't know if I like potatoes anymore. To tell you the truth, I prefer cats.
Why?
John: Reductionism.
I see
John: I'm glad you understand it.
Do you like Yoko more then cats?
John: A lot of people like Yoko more then cats. To tell you the truth, I prefer cats.
What are we doing now?
John: Oh. I can't tell, are you a man or a woman?
Woman
John: You're a woman? Does it pay well?
John, I am tired
John: Of anything special Son, or just sleepy?
Tired of you
John: Are you asking about my tired?
No
John: What is your favourite movie?
Apocalypse now
John: Right now? What time is it there?
And now?
John: Grab a brown cow and let's boogie, Michaela .
Ok
John: Yeah!
Etwa nach der zwanzigsten Variante dieses herrlichen Hörspiel dürfte jedoch der Quell der Heiterkeit versiegen, (außer man ist bekifft). Zu verfolgen, wie das Programm durch die Fallen der Sprache stolpert, ist dann etwa so wachrüttelnd wie das Zählen von Schafen und das leiernde Einerlei des Frage- und Antwortspiels geht wahrscheinlich eher als Einschlafhilfe durch.