Haben wir genug Kupfer für die Energiewende?
Energie und Klima – kompakt: Wie viel Kupfer brauchen wir für E-Autos und Windräder? Haben wir überhaupt genug davon? Und machen steigende Preise die Wende nicht am Ende unerschwinglich? Hier die Antworten.
Wir hatten auf Telepolis kürzlich berichtet, dass sich der Kupferpreis weiter nahe seinem historischen Höchststand bewegt und der Markt sehr eng ist. Insbesondere für Käufer, die in Euro rechnen müssen, ist das strategische Metall seit etwa drei Jahren so teuer wie nie zuvor.
Das liegt daran, dass die Nachfrage tendenziell höher als das Angebot ist. Beobachter gehen gar davon aus, dass der Preis noch deutlich höher steigen muss, bevor neue Lagerstätten erschlossen werden. Außerdem reichen die Kupferreserven, das heißt, die bekannten Vorkommen, die unter heutigen Bedingungen mit Gewinn ausgebeutet werden können, beim derzeitigen Verbrauch nur noch für 40 Jahre.
Die Frage ist, was das für die Energiewende und die Elektromobilität bedeutet. Wie viel Kupfer wird eigentlich benötigt? Werfen wir zunächst einen Blick auf den Automobilmarkt. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris benötigt ein Elektroauto durchschnittlich 54 Kilogramm Kupfer.
Beim gegenwärtigen Preis würde das rund 400 Euro kosten. Das heißt, der hohe Kupferpreis macht die Elektroautos teurer, aber nicht gerade unerschwinglich. Eine Marktübersicht des ADAC listet zahllose Modelle auf, von denen das günstigste etwas mehr als 20.000 und das teuerste fast 160.000 Euro kostet.
Oder mit anderen Worten: Auch wenn Kupfer doppelt so teuer, wie bisher werden sollte, wird dies nur einen vergleichsweise geringen Einfluss auf den Pkw-Preis haben. (In einem konventionellen Auto sind im Schnitt ca. 25 Kilogramm Kupfer verbaut.) Der große Preistreiber sei der Akku, heißt es beim ADAC.
Eine andere Frage ist natürlich, ob es genug Kupfer gibt. Wie erwähnt, ging die Bundesanstalt für Geowissenschaften für 2018 von 839 Millionen Tonnen Kupferreserven aus. Zwischenzeitlich dürften es gut 80 Millionen weniger, also rund 750 Millionen Tonnen sein.
Damit ließen sich mit der derzeit verwendeten Technik 14,7 Milliarden Autos ausrüsten. Wenn die ganze Welt den deutschen Motorisierungsgrad erreichen sollte, gäbe es etwa 4,5 bis fünf Milliarden Pkw, wofür 230 bis 255 Millionen Tonnen Kupfer benötigt würden.
Also alles im grünen Bereich? Durchaus nicht, denn schließlich wird Kupfer auch noch für allerlei andere Anwendungen benötigt. Zum Beispiel für Windkraftanlagen. Die im Bereich Energie und Ressourcen tätige Beraterfirma Wood Mackenzie geht davon aus, dass zwischen 2018 und 2028 5,5 Millionen Tonnen für insgesamt 780 Gigawatt elektrische Leistung benötigt werden.
Wenn wir davon ausgehen, dass langfristig der globale Bedarf an Windkraftanlagen vielleicht sieben- bis achtmal so hoch sein wird, dann sind das 38,5 bis 44 Millionen Tonnen Kupfer. Zusammen mit dem hypothetischen Bedarf für den Automarkt wäre das also schon fast die Hälfte der derzeit bekannten und wirtschaftlich ausbeutbaren Kupfervorkommen.
Außerdem ist der IEA-Wert für den Kupferbedarf eines E-Autos eher niedrig. Andere Quellen sprechen von 80 Kilogramm pro Fahrzeug.
Schließlich wird Kupfer natürlich auch noch für andere Dinge benötigt. Etwa für elektrische Busse (224 bis 369 Kilogramm), Lokomotiven (1700 Kilogramm) und Lkw. Nicht zu vergessen die Ladegeräte in den Straßen (0,7 Kilogramm).
Alle Angaben sind pro jeweiliger Einheit gemeint und wenn nicht verlinkt laut International Copper Association. Für Lkw konnten keine Angaben gefunden werden, doch dürfte der Bedarf mit dem von Bussen vergleichbar sein.
Wir sollten auch über Reduzierung beim Verbrauch nachdenken
Doch Fahrzeuge und Windräder machen bisher nur einen verschwindend kleinen Teil des weltweiten Bedarfs aus. 2020 waren es nach Angaben der IEA gerade 700.000 Tonnen bei einem Gesamtbedarf von 24 Millionen Tonnen Kupfer. (35 Prozent sollen durch Recycling gedeckt worden sein.) Bis 2040 erwarten die im Auftrag der OECD tätige Agentur einen Anstieg des Bedarfs auf 33,4 Millionen Tonnen.
Das würde allerdings die Reichweite der Reserven (rund 750 Millionen Tonnen derzeit) deutlich verkürzen, selbst wenn die Recyclingquote erheblich erhöht werden kann. Die Konsequenz wäre – immer gesetzt den Fall, wir lassen einfach die kapitalistischen Marktgesetze weiter wirken, weil der Wettbewerb ja schließlich heilig und Planung des Teufels ist – weitere Verteuerung.
Doch damit würde ein erheblicher Anreiz zu immer aufwändigeren und damit meist verheerenderen Förderprojekten geschaffen, etwa in der Tiefsee. Immerhin würde ein erheblich höherer Kupferpreis aber auch das Recycling und die Suche nach Ersatzstoffen fördern.
Aber natürlich könnte man auch einmal anfangen, über eine Reduzierung des Verbrauchs nachzudenken. Brauchen wir wirklich 4,5 oder fünf Milliarden Pkw, oder sollten wir nicht lieber die öffentlichen Verkehrssysteme besser ausbauen und attraktiver gestalten?
Zumal in den Kupferraffinerien enorme Strommengen benötigt werden, die mit Treibhausgasemissionen verbunden sind und auch Ersatzstoffe wie Aluminium diesbezüglich nicht besser abschneiden. Und insbesondere, weil andernfalls die nächsten Kriege nicht mehr um Öl, sondern um Kupfer und andere strategische Metalle geführt werden.
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