Händler und Verbraucher: Wer profitiert von den Gaspreisen?

Seite 2: Was bei den Endverbrauchern ankommt

Andererseits ist aber noch ungewiss, wie weit die derzeitige Rezession die Gasnachfrage der chemischen Industrie beeinflusst. 2020 hat die hiesige Chemieindustrie 90 Milliarden Kilowattstunden Erdgas verbraucht, was rund elf Prozent des deutschen Bedarfs entsprach. Ein knappes Fünftel wurde in der Industrie als Rohstoff für chemische Prozesse eingesetzt, der Rest diente der Strom- und Dampferzeugung.

Im Vergleich zur Entwicklung in den letzten 20 Monaten sind die aktuellen Preisbewegungen jedoch ziemlich klein. Hierzulande war der Großhandelspreis für Erdgas nach Angaben der Bundesnetzagentur im August 2022 für kurze Zeit auf ein Allzeithoch von über dreißig Cent pro Kilowattstunde geklettert, doch davon sind die Märkte inzwischen wieder sehr weit entfernt.

Seit Beginn des Jahres ist der Großhandelspreis von knapp acht Cent pro Kilowattstunde bis Ende April auf unter vier Cent pro Kilowattstunde gesunken. Am 7. September mussten 3,2 Cent pro Kilowattstunde gezahlt werden. Futures waren für etwas mehr als 3,6 Cent pro Kilowattstunde zu haben, was in etwa 180 Prozent des Niveaus der letzten Jahre vor dem jüngsten Preisanstieg entspricht. Dieser hatte bereits Mitte 2021 begonnen.

Für die Verbraucher fiel der Preisrückgang nicht ganz so stark aus. Das wird deutlich, wenn man Steuern und Abgaben vom Gaspreis abzieht und nur auf den Anteil für Beschaffung und Vertrieb schaut. Dieser betrug in der ersten Jahreshälfte 2023 nach den Daten des Bundesverbandes der Energie und Wasserwirtschaft für einen privaten Haushalt mit einem Bedarf von 20.000 Kilowattstunden im Jahr durchschnittlich 10,63 Cent pro Kilowattstunde.

Das ist zwar erheblich weniger als im vierten Quartal 2022, aber immer noch deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren. Im ersten Quartal zahlten Privatverbraucher im Vergleich zu 2021 mehr als das Dreifache für den Posten Beschaffung und Vertrieb, der direkt an die Gashändler geht. Während der Großhandelspreis bei etwa 180 Prozent des Vorkriegsniveaus liegt, schafft es dieser Anteil am Verbrauchergaspreis auf 327 Prozent.

Die Verbraucherpreise sind also zwar im Vergleich zum vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen, aber noch lange nicht wieder auf dem Niveau der Zeit vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Aber dies liegt nur zu einem Teil am Großhandelspreis. Vielmehr sind es vor allem die Gashändler, die sich einen größeren Teil vom Kuchen abschneiden.


Redaktionelle Anmerkung: Die Preise pro Kilowattstunde waren in einer früheren Version falsch angegeben und wurden korrigiert.