Hamdan Daglo, Schlüsselfigur für die Verhinderung unerwünschter Migration
Seite 2: Kooperation zwischen der EU und dem Sudan
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Am 21. Oktober 2015 besuchten die Chefs der diplomatischen Vertretungen Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, der Niederlande und Schwedens in diesem Zusammenhang im Sudan ein Flüchtlingslager in Wad Charifaie. Aus diesem Anlass stellte der Leiter der diplomatischen EU-Delegation in Khartum, Tomas Ulicny, fest:
Eine verstärkte Kooperation zwischen der EU und dem Sudan ist nötig.
Tomas Ulicny, EU-Delegation
Angeblich, um die wirklich politisch Verfolgten "besser zu schützen", aber auch für besseren Grenzschutz, "um den Migranten…" - in begrifflicher Abgrenzung zu "Flüchtlingen", also denjenigen, deren Weiterreise in Richtung Europa als unerwünscht betrachtet wird und die nicht als "politische Flüchtlinge" im Sinne der Genfer Konvention akzeptiert werden - "…Alternativen zu bieten". Was nichts anderes bedeutete, als sie tunlichst vom Weg nach Europa fernzuhalten.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) veröffentlichte am 30. Mai 2016 in Nairobi (Kenia) eine Mitteilung an die internationale Presse. Darin sprach die internationale Menschenrechtsorganisation mit Hauptsitz in New York davon, im selben Monat seien eritreische Flüchtlinge durch das sudanesische Regime in ihr Herkunftsland, d.h. in den Verfolgerstaat abgeschoben worden. Es handele sich um mindestens 442 eritreische Staatsangehörige. Unter ihnen seien sechs bereits im Sudan beim UN-Flüchtlingskommissariat HCR registrierte, also unter internationalen Schutz gestellte politische Flüchtlinge.
Ein Großteil der Gruppe wurde demnach am 06. Mai desselben Jahres in der nordsudanesischen Stadt Dongola aufgegriffen. Die Betreffenden hätten Vorbereitungen dafür getroffen, über die Landgrenze nach Libyen weiterzureisen. Die Stadt Dongola liegt am Nil, rund 500 Kilometer nördlich der Hauptstadt Khartum. Von dort sind es noch rund 200 Kilometer in nördlicher Richtung bis zur ägyptischen oder etwa 350 Kilometer in Richtung Nordwesten bis zur libyschen Grenze - um dorthin zu gelangen, ist jedoch eine Durchquerung der Sahara erforderlich.
Unter den Aufgegriffenen befanden sich HRW zufolge 313 eritreische und 64 äthiopische Staatsangehörige. Die Erstgenannten, unter ihnen befanden sich auch vierzehn Kinder sowie die erwähnten sechs, bereits vom UNHCR "anerkannten" Flüchtlinge, wurden laut Angaben der Menschenrechtsorganisation am 22. Mai 2016 abgeschoben.
Diese Vorfälle waren nicht die ersten ihrer Art. Zwischen Mai und Ende Juli 2011 schoben die sudanesischen Behörden bereits rund 300 eritreische Staatsangehörige ab, ohne ihnen die Gelegenheit zu lassen, sich auf sudanesischem Staatsgebiet beim UNHCR zu melden und als Flüchtlinge, die internationalen Schutz benötigen, eintragen zu lassen.
Dies zog damals eine scharfe Kritik des UNHCR nach sich. In den Monaten Mai und Juni 2014 schob der Sudan erneut 104 eritreische Staatsangehörige ab, ohne ihnen die Gelegenheit zu geben, sich beim UNHCR als Flüchtlinge registrieren zu lassen. Dies wurde vom UN-Flüchtlingskommissariat erneut verurteilt.
Better Migration Management
Kurze Zeit nach diesen jüngsten Vorkommnissen berichtete das SWR-Magazin Report Mainz über die Zusammenarbeit Deutschlands sowie der Europäischen Union mit dem sudanesischen Regime in Sachen Migrationspolitik. Der betreffende Beitrag wurde am 17. Mai 2016 von der ARD ausgestrahlt.
Dem Bericht zufolge flossen in jenem Zeitraum aus dem EU-Topf für sogenannte Entwicklungshilfe, dem Emergency Trust Fund (ETF), im Rahmen eines Plans unter dem Titel Better Migration Management vierzig Millionen Euro an insgesamt acht afrikanische Staaten. Federführend war dabei die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), die eine staatliche Organisation für "Entwicklungszusammenarbeit" darstellt. Die GIZ übernahm die Koordinierung des Projekts.
Offiziell ging es dabei um "die Bekämpfung von Fluchtursachen"; in Wirklichkeit jedoch weit eher um die Bekämpfung von Flüchtenden. Ein Großteil des Geldes wurde in Überwachungstechnologien zur besseren Kontrolle von Grenzübertritten investiert. Bestandteile des Programms waren die Lieferung von Kameras und Scannern sowie die Ausbildung von Grenzschützern und der Aufbau von zwei Camps - mitsamt Zellen für Abschiebehäftlinge.
Ein Redakteur der Sendung, Heiner Hoffmann, besuchte im Rahmen der Recherchen für den Beitrag auch das größte Flüchtlingslager des Sudan in Shagarab. Er schilderte es als von Stacheldraht umzäunt und von 15.000 Menschen, die zum Teil auf dem Boden schliefen und hungerten, bewohnt. Im Rahmen der Sendung wurde auch der damalige sudanesische Innenminister Ibrahim Ghandour interviewt. Er führte dort aus:
Wir haben schon lange nach Technologie wie GPS und anderem Grenzschutzequipment gefragt. Also Überwachungstechnologie für die Grenze. Darüber haben wir mit Deutschland und der EU gesprochen. Und wir glauben, dass ein gegenseitiges Einvernehmen hergestellt werden kann.
Ibrahim Ghandour, früherer Innenminister von Sudan
Bereits im Vorfeld der Ausstrahlung dieser Sendung berichtete der Spiegel am 13. Mai 2016 in seiner englischsprachigen Online-Ausgabe über das gemeinsame Projekt mit dem Sudan. Es wurde demnach bei einem Treffen der EU-Botschafter (oder "Ständigen Vertreter") aus den 28 Mitgliedsstaaten vereinbart, das am 23. März 2016 in Brüssel stattfand.
Dem Bericht zufolge wurde dabei absolutes Stillschweigen vereinbart: "Unter keinen Umständen" dürfe die Öffentlichkeit davon erfahren, hieß es dazu vonseiten der EU-Kommission. Ein Mitarbeiter der EU-Außenbeauftragen Federica Mogherini warnte demnach sogar, so der Artikel, "der Ruf Europas stehe auf dem Spiel". Nun, man ahnt auch, warum… Ein gutes Gewissen sieht wohl anders aus!
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