Handelskrieg mit dem Verbündeten: Russland verärgert chinesische Möbelhersteller
Russland erhöht die Zölle auf chinesische Möbelteile. Die Abgaben steigen von null auf über 55 Prozent. China reagiert verärgert und der Handelsdisput könnte sich ausweiten.
Zölle sind nicht nur ein Instrument im Handelskriegsrepertoire der Vereinigten Staaten, sondern kommen dieser Tage offenbar immer mehr in Mode. In einem überraschenden Schritt hat jetzt auch Russland neue Schutzzölle angekündigt, die sich ausgerechnet gegen den Verbündeten China richten, wie die Asia Times berichtet.
So kommt auf chinesische Möbelbauer eine saftige Erhöhung der Einfuhrzölle auf Möbelbauteile zu. Die Zollbehörde der fernöstlichen Stadt Wladiwostok stufte Schienen für Schubladen und Schranktüren kurzerhand als Kugellager ein, wodurch der Zollsatz von zuvor Null auf satte 55,65 Prozent hochschnellte.
Existenzbedrohung für Möbelhersteller
Über Wladiwostok werden 90 Prozent der chinesischen Möbelteile nach Russland importiert. Vor allem bei Küchenmöbeln machen die betroffenen Schienen bis zu 30 Prozent der Herstellungskosten aus, wie der Hersteller Sergej Zmievsky gegenüber Forbes erklärte.
Der russische Möbelverband Amdpr befürchtet durch die Verteuerung um bis zu 15 Prozent eine Pleitewelle unter den heimischen Herstellern. Die Branche ist auf Importe angewiesen, da die Komponenten in Russland selbst nicht hergestellt werden. Allein im vergangenen Jahr importierte das Land Möbelteile im Wert von 1,3 Milliarden US-Dollar, vor allem aus China.
Amdpr-Präsident Alexander Schestakow erwartet, dass die Einfuhr ganzer Möbelstücke aus dem Ausland mit nur 9 bis 12 Prozent Zoll nun deutlich attraktiver wird als die heimische Produktion. Die neuen Zölle fallen so hoch aus, dass viele Importeure ihre Lieferungen zurück nach China schicken, anstatt die fälligen Abgaben von umgerechnet bis zu 25.000 US-Dollar pro Container zu bezahlen.
Kritik aus China: Doppelte Standards?
Besonders erbost zeigen sich chinesische Kommentatoren über die aus ihrer Sicht unfaire Benachteiligung. So erhebt Russland auf vergleichbare Waren aus Europa nur eine Abgabe von 10 Prozent. Viele werfen der Regierung in Moskau Protektionismus und aggressive Handelspolitik zu Lasten des wichtigsten Partners vor.
"Unsere Medien kritisieren Donald Trump täglich für seine möglichen Zölle gegen China, aber über die russischen Zölle sagen sie nichts", merkt die Kolumnistin Du Juan aus Guangdong auf dem chinesischen Portal 163m an. Russland wolle offenbar seine Staatseinnahmen erhöhen, um die Belastungen aus dem Ukraine-Krieg auszugleichen, vermutet ihr Kollege Bei Shuo aus Tianjin.
In der Tat scheint die Entscheidung weniger von wirtschaftlichen als von politischen Motiven geleitet zu sein. Als Reaktion auf westliche Sanktionen hatten sich Moskau und Beiojing nach Beginn des Ukraine-Kriegs demonstrativ angenähert. Chinesische Unternehmen füllten rasch die Lücken, die der Exodus europäischer Firmen hinterließ.
Aus Sicht der Volksrepublik handelt es sich um einen Vertrauensbruch: "Russland sollte sich gut überlegen, ob es sich für ein paar Zolleinnahmen die guten Handelsbeziehungen zu China ruinieren will", warnt der Journalist Bei Shuo.
Anspannung im Vorfeld von Trumps Amtsantritt
Die Meinungsverschiedenheiten über die Möbelzölle sind nicht der einzige Streitpunkt zwischen den angeblichen Partnern "ohne Grenzen".
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Anfang 2025 plant Russland bereits eine schrittweise Erhöhung der Entsorgungsgebühr beim Autokauf um bis zu 85 Prozent. Auch dies zielt in erster Linie auf chinesische Hersteller, die in den letzten Jahren zu den größten Autoexporteuren nach Russland aufgestiegen sind.
Ökonomen sehen in den russischen Maßnahmen den Versuch, die heimische Industrie zu schützen und ausländische Investoren ins Land zu holen. Langfristig könnte Moskau damit aber das Gegenteil erreichen und wichtige Partner vergraulen.
In den sozialen Medien wird bereits über eine mögliche Vergeltung Chinas spekuliert – bis hin zu einer militärischen Konfrontation um umstrittene Gebiete wie die Mandschurei. Zwar gilt dies bislang als unwahrscheinlich. Doch die Handelsstreitigkeiten werfen einen Schatten auf die demonstrative Freundschaft.
"Russland und China können zusammenarbeiten, um sich gegen die USA zu verteidigen, aber sie können in Zukunft auch miteinander konkurrieren", kommentiert der Kolumnist Zhou Yang aus Henan. Die Möbelzölle dürften nicht die letzten Störfeuer zwischen den ungleichen Partnern gewesen sein.