Happy Slapping beim Geheimdienst?
Die CIA vernichtete gefilmte Verhöre
Nachdem ihm die New York Times einen Bericht angekündigt hatte, gab CIA-Direktor Hayden in einer internen Stellungnahme zu, dass im November 2005 Videoaufnahmen von Verhören vernichtet wurden. Angeordnet haben soll diese Vernichtung Jose A. Rodriguez, der damaligen Leiter der Abteilung für geheime Operationen. Während laut New York Times in der internen Stellungnahme behauptet wird, dass der Kongress vorab über die Vernichtung informiert wurde, wiesen dies der Sprecher des damaligen Ausschussvorsitzenden im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, Peter Hoekstra, und seine Kollegin Jane Harman auf Nachfrage der Zeitung von sich. Kurz vor der Vernichtungsaktion hatte das US-Justizministerium in dem Prozess gegen Zacharias Musawi vor Gericht behauptet, dass die CIA über keine Videoaufnahmen von Verhören verfügen würde.
Warum die CIA die Befragungen filmte ist noch nicht ganz klar: Einiges deutet darauf hin, dass man neben den protokollierten verbalen Aussagen auch die nonverbalen Signale dokumentieren und studieren wollte. Auch an einen Einsatz für Schulungszwecke könnte gedacht worden sein. Möglicherweise wurde mit solchen Argumenten aber auch nur die Lust an der Dokumentation der eigenen Grausamkeit rationalisiert, die sich von präkolumbianischen Stelen bis hin zu den Aufnahmen in Abu Ghraib zieht, die 2004 an die Öffentlichkeit gelangten und dafür sorgten, dass die durchführenden Fachkräfte Ärger bekamen. Ein gutes Jahr später vernichtete die CIA die Videos, um die es jetzt geht – möglicherweise nicht ganz unbeeindruckt von den Folgen der Abu-Ghraib-Aufnahmen. Zu dieser Zeit gelangte auch das geheimen Entführungsprogramm der CIA, die "extraordinary renditions" immer stärker ins Visier der Öffentlichkeit, weshalb sich auch amerikanische Gerichte und der Kongress dafür zu interessieren begannen und zunehmend kritische Fragen an die Bush-Administration und die CIA stellten.
Der seit Mai 2006 amtierende CIA-Chef Michael Hayden rechtfertigte die Vernichtung laut New York Times damit, dass auf die Familien der Agenten erhebliche Gefahren zukämen, wenn gewaltbereite Islamisten die Aufnahmen zu Gesicht bekämen. Von anderen CIA-Mitarbeitern will die Zeitung jedoch erfahren haben, dass die Vernichtung deshalb erfolgte, weil in Langley die Angst umging das die Videos nach außen dringen und die darauf zu sehenden Geheimagenten nicht nur identifiziert, sondern auch vor Gericht gestellt werden könnten. Allerdings scheint es, dass die CIA ihr Videoarchiv auch bisher relativ dicht verschlossen halten konnte – auf YouTube finden sich mit entsprechenden Stichwörtern jedenfalls nur offensichtliche Scherze.
Was auf den Bändern zu sehen ist, darüber lässt sich in einer Medienöffentlichkeit, die gerade die sechste Staffel 24 hinter sich hat, natürlich trefflich spekulieren: "Die Videos zeigten die ganze Härte der US-Agenten" schreibt etwa der Spiegel – freilich ohne, dass dort jemand die Aufnahmen gesehen hätte.
Relativ gesichert ist, dass es um mindestens zwei Aufnahmen geht, die um das Jahr 2002 bei Verhören entstanden. Angeblich verwendete die CIA noch die damals schon relativ obsoleten Magnetbänder – ein bei Behörden gängiger technologischer Rückstand, obwohl man von der CIA doch etwas anderes erwartet hätte (oder vielleicht auch gerade nicht). Bei den Verhörten soll es sich um Personen gehandelt haben, von denen die CIA vermutete, dass sie al-Qaida-Terroristen seien. Einer davon soll Abu Subaidah gewesen sein, der angeblich engen Kontakt mit Osama bin Laden pflegte.