Hehre Ziele - Gamaholics spielen mehr
Minimissionen meistern und Gewinne einstreichen: Entwickler und Konsolenhersteller bieten Next Generation-Spielern Zugriff auf versteckten Inhalt und verleihen Auszeichnungen - Orden am Revers eines Gamaholics
Das Erreichen von Zielvorgaben wird zur sportlichen Nebenbeschäftigung innerhalb der Haupthandlung. Sonderherausforderungen erhöhen den Schwierigkeitsgrad, mehren die Erfolgserlebnisse, verlängern die Unterhaltung, motivieren zu mehr Konzentration, steigern den Produktwert, machen die Community interessanter und verursachen schon mal Frust.
Was einst mit Freipanzern, Easter Eggs und dem Eintrag in der Bestenliste begann, ist heute ein vielschichtiges Motivationselement, das den Wert eines Games steigert. Nutzer werden angespornt, ihre spielerischen Freiheiten aufmerksam zu erforschen. Die parallel zur oberflächlichen Spielerfahrung verlaufende Jagd nach Stilpunkten und Erfolgen ist ein Streben nach Erfolgserlebnissen, das von vielen Gamern penibel betrieben wird.
Games der neuen Generation belohnen dieses leistungsbezogene, ein wenig bewusstere Spielen mit virtuellen Sachwerten wie Making-of-Dokus, Konzept-Art oder Spielfiguren-Skins sowie Auszeichnungen und, daraus hervorgehend, dem Ansehen in der Community – und die ist im Zeitalter global ausgetragener Onlinespiele riesig.
Aus dem Genre der Rollenspiele gelangte dieser Gameplay-Faktor in andere Spieltypen. Ehrenpunkte oder Belohnungen, die in Onlinerollenspielen wie World of Warcraft oder Guild Wars zum vordergründigen Handlungsablauf gehören, verstecken sich als Bonus unter der Oberfläche von Racern, Shootern, Sportspielen oder Action-Adventures: Vollendet der Spieler eine Aufgabe winken Extrapunkte.
Microsoft startete mit der Markteinführung der Xbox 360 und dem damit eingeführten Achievement-System das methodische Verfolgen von Nebenzielen. Durch Erfüllen jener Mini-Missionen bereichert der Spieler den GamerScore, die Summe seiner bisher erspielten Achievement-Punkte, um 5, 10, 20, 50 oder 100 Zähler. Ein metallisch-hölzerner Sound meldet die neue Errungenschaft in Begleitung eines Pokalsymbols – Musik in den Ohren von Achievement-Süchtigen, die sich auch über eine dazugehörige Grafik in ihrer Spieleliste freuen. Während andere sich nicht drum scheren oder die Einführung von Achievements sogar als das Ende des Spielspaßes abkanzeln, informieren sich Profis vor Beginn eines neuen Titels genauestens über dessen eingebaute Extraaufgaben, die ihnen in jedem herkömmlichen Game fehlen wie das Salz in der Suppe.
Unter dem Menü-Punkt „Erfolge“ werden die Aufgaben kurz beschrieben. Je nach Einfallsreichtum der Entwickler, die oft ein paar ihrer Achievements geheim halten, ist die aktive Verfolgung des Ziels ein Spiel im Spiel. Die Herausforderungen haben unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und sind entweder unvermeidbar, sehr leicht, schrecklich mühsam, durch Geschicklichkeit und Können oder - aufgrund ihrer Wahnsinnsanforderungen - nur für Hardcoregamer, Glückskinder oder Fleiß- bzw. Freak-Zocker zu erreichen.
In Criterions Burnout Paradise, dem neusten Teil der Actionrennspielreihe, findet die Achievement-Jagd auf 30 Quadratkilometern Spielfläche statt: Die virtuelle Großstadt Paradise City hat 120 Ampeln, an denen Events der Kategorie Rennen (von Punkt A nach Punkt B), Road Rage (Gegner zerstören), Marked Man (Verfolgungsjagd auf einen Flüchtigen), Burning Route (Zeitrennen) oder Stunt Modus (Punkte für Jumps, Drifts und Turbospeed) auf Knopfdruck starten.
Achievements fallen bereits nach den ersten Kilometern, die man frei durch Paradise City rast: Der Erfolg „So gut wie neu“ z.B. bringt 5 GamerScore-Punkte, wenn der Spieler seinen ersten Totalschaden repariert. Der normale Fortschritt im Spielverlauf wird an besonderen Punkten ebenfalls belohnt, z. B. wenn eine bestimmte Anzahl an Events gewonnen und damit die Fahrerlizenz aufgewertet wurde, wenn fünf Schanzensprünge erfolgreich ausgeführt („Flugversuch“) oder 25 Gegner gerammt wurden („Zerstörungswut“). Aufwändiger ist es z.B., alle 120 Werbetafeln der Stadt zu finden und zu durchbrechen („Außer Rand und Band“), im Sprung den Wagen um sich selbst drehen zu lassen oder auf allen Straßen den Showtime-Rekord aufzustellen („Meister des Chaos“). Der wird erreicht, indem sich der Wagen mit begrenzter Energie für längere Dauer überschlägt und dabei mit so vielen Verkehrsteilnehmern wie möglich kollidiert.
Im japanischen Rollenspiel Lost Odyssey belohnt Final Fantasy-Erfinder Hironobu Sakaguchi den Spieler für Gelehrsamkeit: Schafft er es alle verfügbaren Fähigkeiten der insgesamt acht Gruppencharaktere um den unsterblichen Anführer Kaim zu beherrschen, erhält er ein „Master“-Achievement à 20 GamerScore-Punkten. Im einzigen Geschicklichkeitstest des Spiels, dem gut getimten Kampfangriff durch Halten und Wieder-loslassen einer Taste, verleiht der Entwickler Achievements wie „Dreifach Perfekt“ (dreimal hintereinander den besten Schlag ausgeführt) oder „Keiner ist so perfekt“ (insgesamt 500 Mal die Wertung „Perfekt“ erreicht).
Wo es im Old-School-Rollenspiel „Lost Odyssey“ ums leicht zu konsumierende, epische Spielerlebnis mit Filmanleihen geht, dreht sich im optisch nicht weniger beeindruckendem Action-Adventure Devil May Cry 4 geradezu alles um Fingerfertigkeit. Erfolge, die durch Beherrschen der Fähigkeiten seiner zwei Hauptcharaktere Nero und Dante frei geschaltet werden, sind dementsprechend schwer erreichbar und mehr wert. 100 Gegner kann noch jeder besiegen („Neuer Teufelsjäger“), doch zum Ausführen einer Stil-Rang-SSS-Combo Smokin' Sick Style!!! gehört Übung. Ein SSS-Combo-Kampfablauf von Newcomer Dante könnte so aussehen: Er springt in die Luft, schießt von dort seine magische „Devil Bringer“-Faust ab, packt mit ihr eine Ausgeburt der Hölle, schleudert sie zu Boden, füttert sie beim Herabsinken mit Revolverkugeln und haut ihr zum Schluss noch sein Schwert ins Kreuz. Fans der Serie machen sich einen Sport daraus, möglichst stilvoll zu kämpfen – nicht allein der Achievements wegen, sondern auch, um ihre Punkte in die internationale Bestenliste hochzuladen.
„Devil May Cry 4“ ist mit seinem Belohnungssystem auch als PlayStation 3-Version erhältlich. Mit Einführung von Sonys lang angekündigten Online-Service PlayStation Home im Laufe des Jahres könnten die zu „Accomplishments“ (Errungenschaften) umbenannten Erfolge, die auf der Konsole in einer Liste abgespeichert werden, nachträglich sogar eine erweiterte Bedeutung erhalten. Erwartet wird, dass der Spieler seine virtuelle Wohnung in der an Second Life erinnernden Community-Welt mit selbst erstellten Screenshots aus den Spielen tapezieren kann und für besondere Errungenschaften gar „Sachpreise“ erhält, die über die sonst in Spielen enthaltenen Freischaltungen hinausgehen und vielleicht einige aus dem Game entnommene Möbel darstellen.
Bevor der Download von Home (Trailer zu Home im PlayStation Network erhältlich und den Markt der Gamekonsolen-Communities umzuwälzen gewillt ist, dürfen sich PS3-Trophäenjäger bereits jetzt auf die Sucht nach Erfolgen vorbereiten, um sie im Laufe des Jahres Freunden aus aller Welt im zu präsentieren: Gemeisterte Herausforderungen, wie das Sammeln bestimmter Gegenstände oder Pokale für geschicktes Spiel, lassen sich auch schon in neueren Sony-Games wie „Uncharted: Drakes Schicksal“ oder „Ratchet & Clank: Tools of Destruction“ standardmäßig vorab „registrieren“.