Heißer Draht zum Mullah-Regime: Deutsche Unis müssen sich erklären
Haben deutsche Hochschulen jahrelang mit regimenahen Institutionen des Iran kooperiert? Nicht formell, sagen sie. Interessanter ist, was bestätigt wird. Ein Kommentar.
Deutsche Universitäten hätten über viele Jahre hinweg mit regimetreuen Institutionen aus dem Iran zusammengearbeitet, die sogar in Terrornetzwerke verstrickt seien – diesen Vorwurf erhebt die Organisation United Against Nuclear Iran (UANI), die verhindern will, dass das islamische Regime die technischen Möglichkeiten zum Bau einer Atombombe bekommt.
Deshalb kämpft die Organisation dafür, dass auch die Kontakte zu regimenahen iranischen Organisationen auch im akademischen Bereich gekappt werden. Auf einer Pressekonferenz in Berlin hat UANI Beweise für die Kooperation von fünf Hochschulen aus Deutschland mit regimenahen iranischen Organisationen vorgelegt.
Demnach unterhalten die Universitäten Paderborn, Frankfurt am Main, Berlin, Potsdam und Münster offizielle Partnerschaften mit der Universität der Religionen und Konfessionen (URD) im iranischen Qom, die eng mit den iranischen Revolutionsgarden (IRGC) und der Hisbollah verbunden sind.
Kasra Aarabi, der Experte für die iranischen Revolutionsgarden bei UANI erklärte, dass Vorstandsmitglieder dieser Universität Angriffe auf Israel unterstützt hätten. Verwickelt seien sie zudem in Menschenrechtsverletzungen gegenüber iranischen Oppositionellen, die sich für einen Sturz des Mullah-Regimes einsetzen.
Finanziert mit Geldern der deutschen Kulturförderung
Die Kontakte zwischen der iranischen und den deutschen Universitäten seien im Rahmen der Programme des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ermöglicht und auch mit Geldern aus Deutschland finanziert worden.
So habe der derzeitige Präsident der URD, Dr. Seyed Abdolhassan Navab, mehrere hochrangige Positionen bei den iranischen Revolutionsgarden inne. Unter anderem sei er einer der Leiter der ideologisch-politischen Organisation, die für die Indoktrination von IRGC-Mitgliedern und ihren Familien mit der islamischen Ideologie zuständig ist.
Lehrbücher, die zur Radikalisierung der Mitglieder der Revolutionsgarden dienen, riefen dazu auf, Juden, Christen und Mitglieder der Glaubensgemeinschaft der Zoroastrier im bewaffneten Dschihad zu töten, weil deren jeweiliger Glaube nicht akzeptabel sei.
Diese Indoktrinierung liefert die Grundlage für den Kampf gegen die iranische Opposition ebenso wie für den Kampf des iranischen Regimes gegen Israel.
Nach den Recherchen von UANI hat der Präsident der Universität der Religionen und Konfessionen auch Verbindungen zur Quds-Truppe der Revolutionsgarden, die für die Verwaltung eines länderübergreifenden Netzwerks verantwortlich ist, das in verschiedenen Nachbarländern des Iran den Kampf gegen Israel auch mit Terrorattacken vorantreibt.
Zu diesem Netzwerk gehören auch die palästinensische Hamas und die libanesische Hisbollah. Auch die mörderischen Attacken der Hamas vom 7. Oktober sollen in diesem Netzwerk vorbereitet worden sein.
Aus Beweismittel ausgewertet hat UANI die Korrespondenz zwischen Navab, der in seiner offiziellen Funktion als Universitätspräsident handelt, Esmail Qaani und Mohammad Hejazi, dem Kommandeur und dem verstorbenen stellvertretenden Kommandeur der Quds-Truppe der Revolutionsgarden, aus dem Jahr 2020.
Laut UANI war auch der Befehlshaber der Quds-Truppen der Revolutionsgarden, Mohammad Reza Naghdi, in offizieller Funktion des IRGC persönlich auf dem Campus der Universität der Religionen und Konfessionen in Qom zu Gast.
UANI legte das Material auf der Pressekonferenz vor und forderte einen sofortigen Abbruch sämtlicher Kontakte mit der iranischen Universität.
Ideologischer Staatsapparat für Islamismus und Antisemitismus
Eine berechtigte Forderung – denn wie passt es zusammen, dass deutsche Universitäten Kontakte zu einer iranischen Hochschule haben, die zumindest ideologische Unterstützung für den mörderischen Kampf gegen Israel liefert und Kommandeure von antisemitischen Terrorbrigaden willkommen heißt?
Es ist sicher richtig, dass in der URD keine Bauteile für die iranische Atombombe gebaut werden. Doch die URD ist als ideologischer Staatsapparat des iranischen Regimes ist für Antisemitismus und Islamismus zuständig, wie die Recherchen von UANI zeigen.
Zudem ist es Teil des staatlichen Unterdrückungsapparats gegen die iranische Opposition. Da hätte man eigentlich erwarten können, dass die Rechercheergebnisse von UANI auch bei den betroffenen fünf deutschen Hochschulen zu eigenen Ermittelungen führen.
Kein Dementi von den Hochschulen
Doch sie üben sich vor allen in Schadensbegrenzung und fürchten, ihren guten Ruf zu verlieren. So erklärte Silke Engel von der Pressestelle der Universität Potsdam: "Die Kooperation der Universität Potsdam mit der URD wurde vor fünf Jahren beendet". Sie bestätigte, dass der Austausch mit der URD vom DAAD finanziert wurde. "Die Kooperation endete, da die Finanzierung auslief und wir uns einem neuen Projektland ‚Kurdistan‘ zuwandten. Vereinzelt gibt es noch Kontakte, wenn Forscher aus Qom in Deutschland sind", so Engel.
Eine Distanzierung von der Kooperation fehlt ebenso wie eine Beurteilung der weiter bestehenden Kontakte einzelner Wissenschaftler zur URD. Interessant ist auch, dass die Beendigung der Kooperation mit der URD nicht mit deren Rolle als Ideologieproduzent von Islamismus und Antisemitismus, sondern mit der Umorientierung auf eine andere Weltregion erklärt wird.
Auch die Pressestelle der Freien Universität (FU) Berlin stellt gegenüber Telepolis klar: "Zwischen der Freien Universität Berlin und der Universität der Religionen und Konfessionen (URD) in Qom gibt und gab es keine formale Kooperation, es besteht auch kein finanzierter Austausch. Es bestehen allerdings individuelle Kontakte eines unserer Professoren zu Fachkollegen an der URD".
Hier fällt auf, dass die Pressestelle der FU bestritt, was nie behauptet wurde. Denn UANI hatte herausgestellt, dass die Kontakte nicht von den Hochschulen, sondern von der DAAD finanziert wurden. Auch die weiter bestehenden individuellen Kontakte werden von der FU nicht verurteilt.
Vielmehr enthält man sich dort jeder Bewertung. Die durch UANI offengelegten Verbindungen im akademischen Bereich stehen im Kontext großer Teile der deutschen Staatsapparate, die die Beziehungen zum Iran auch in der gegenwärtigen
Beschaffenheit gerne schnell wieder ausbauen wollen. Das betrifft vor allem den wirtschaftlichen Bereich. Als unter Obama erste Signale der Annäherung erfolgten, waren es deutsche Wirtschaftskreise, die möglichst schnell wieder in den Iran investieren wollten. Als unter Trump diese Vereinbarungen suspendiert wurden, suchten auch und vor allem deutsche Staatsapparate fieberhaft nach Möglichkeiten, die Beziehungen aufrecht zu erhalten.
Zu den Parteien, die sich für gute Kontakte zum Iran einsetzen, gehört auch die AfD, was nur vordergründig ein Widerspruch zu ihrer antiislamischen Rhetorik ist. Für die AfD gehört der Islam nicht zu Deutschland, aber ein autoritäres islamistisches Regime, das gute Bedingungen für deutsche Kapitalinteressen gewährleistet, ist durchaus auch im Sinne der Rechtspartei.