Historischer Sieg: Als erstes Land sagt Ecuador Nein zum Erdöl

Der Konzern Texaco und seine Hinterlassenschaften: Ölverschmutzung im Kanton Lago Agrio im ecuadorianischen Amazonas. Bild: Julien Gomba / CC BY 2.0

116 Milliarden Liter Erdöl lagern im artenreichsten Teil des Amazons. In einem beispiellosen Referendum wurde die Förderung nun gestoppt. Ist es der Anfang vom Ende des schwarzen Golds?

Es gibt in diesen Zeiten wenig Grund, optimistisch zu sein, wenn es um die eskalierende Klimakrise geht. Obwohl nur noch wenig Zeit bleibt, höchstens ein Jahrzehnt, die Treibhausgase global um die Hälfte zu reduzieren, um noch eine Chance zu haben, die 1,5 bis zwei Grad Celsius Obergrenze nicht zu überschreiten, ändern die Regierungen ihren Kurs nicht, mit wenigen Ausnahmen, während weiter Gas, Öl und Kohle in großen Mengen aus dem Boden gefördert werden und die Treibhausgase ansteigen. Viele Staaten genehmigen sogar neue fossile Explorationsprojekte.

Doch eine Nachricht steht quer zu diesen negativen Trends. Am letzten Sonntag stimmten die Ecuadorianer:innen mit überwältigender Mehrheit gegen Ölbohrungen in einem Teil des Yasuní-Nationalparks, dem artenreichsten Gebiet des bedrohten Amazonas-Regenwaldes, der immer schneller irreversiblen Kipppunkten entgegensteuert.

Fast 60 Prozent der Wähler:innen sprachen sich in einem verbindlichen Referendum gegen Ölbohrungen im sogenannten Block 43 des Nationalparks aus, in dem indigene Stämme leben – wie die Tagaeri und Taromenane, zwei der letzten Gemeinschaften der Welt, die sich freiwillig in Isolation befinden – sowie Hunderte von Vogelarten und mehr als tausend Baumarten ihre Heimat haben. Die Associated Press berichtete:

Das Ergebnis ist ein schwerer Schlag für den ecuadorianischen Präsidenten Guillermo Lasso.

Mit mehr als 5,4 Millionen Stimmen für den Förderstopp und 3,7 Millionen Stimmen dagegen ist es der größte, durch eine demokratische Abstimmung herbeigeführte Sieg gegen die fossile Energiewirtschaft nicht nur in Lateinamerika, sondern wohl auch in der Welt.

Der überwiegende Teil des ecuadorianischen Erdöls befindet sich unter dem Amazonas-Regenwald, dessen Rolle als wichtige Kohlenstoffsenke in den letzten Jahren durch Abholzung und unerbittliche Ausbeutung durch Unternehmen stark geschwächt worden ist. Mit dem Votum bleiben rund 726 Millionen Barrel Öl (rund 116 Milliarden Liter) im Yasuní-Nationalpark unter der Erde.

Die staatliche Ölgesellschaft Petroecuador fördert täglich mehr als 55.000 Barrel Öl, was etwa zwölf Prozent der ecuadorianischen Ölproduktion entspricht. Die ecuadorianische Regierung ist nun verpflichtet, den Betrieb einzustellen und die Infrastruktur innerhalb eines Jahres abzubauen sowie Sanierungs- und Wiederaufforstungsmaßnahmen durchzuführen.

Der Sieg ist das Ergebnis jahrelanger hartnäckiger Kampagnenarbeit des Yasunídos-Kollektivs und anderer zivilgesellschaftlicher Gruppen und wird sicherlich Klimaaktivist:innen in anderen Teilen der Welt inspirieren. Doch die wohl wichtigste Lehre aus dem Referendum ist für andere Regierungen, wie aus fossilen Investitionen im Handumdrehen gestrandete Vermögenswerte werden, wenn sich Gesellschaften gegen fossile Brennstoffe stellen.

Die Regierung in Quito versuchte mit allen ihr verfügbaren Mitteln ein Votum, das schon vor zehn Jahren eigentlich stattfinden sollte, zu verhindern, so zum Beispiel, indem es eine erfolgreiche Petition für eine Abstimmung nicht annahm. Nach einem Gerichtsurteil, das die Regierung schließlich dazu zwang, fuhren sowohl der ecuadorianische Präsident wie die Spitze von Petroecuador Kampagnen gegen einen Stopp und warnten vor Verlusten in Höhe von 13,8 Milliarden Dollar über einen Zeitraum von 20 Jahren.

Doch Befürworter konnten überzeugend darlegen, dass im Gegenteil die Umweltschäden Ecuador mehr kosten als die Einnahmen aus dem Ölgeschäft einbringen.