"Hitze-Apokalypse": Wir sind dabei, die Belastungsgrenze zu überschreiten
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Eine Hitzewelle wütet auf allen Kontinenten. Wälder brennen, Asphalt löst sich auf, Menschen sterben. Wir sind längst in einem neuen Zeitalter angekommen und versuchen zu retten, was geht. Ruft die US-Regierung den Klima-Notstand aus?
Die Hitzewelle ist von Nordafrika, Spanien und Frankreich nun auch weiter Richtung Norden und Osten vorgedrungen. In Großbritannien wurden gestern Rekordtemperaturen von fast 40 Grad Celsius gemessen. Mit 39,1 Grad in Charlwood südlich von London wurde die alte Höchstmarke von 2019, die bei 38,7 Grad lag, schon am Mittag geknackt. Dazu 33 Grad in Dublin, Irland, weit im Norden Europas. Ein weiterer trauriger Klimakrisen-Jahrhundertrekord.
In Deutschland hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) schon früh vor der Hitze gewarnt. Der Dienstag werde der heißeste Tag des Jahres, hieß es, mit Temperaturanstiegen auf verbreitet 34 bis 38 Grad Celsius, im Südwesten und Westen des Landes sogar bis zu 40 Grad.
Heute soll die Hitze dann Richtung Osten und in den Rest Deutschlands vordringen. Laut Vorhersage wird es in der Osthälfte 34 bis 40 Grad heiß. Danach soll sich die Lage wieder etwas normalisieren. Regionale Gewitter und Unwetter werden erwartet.
Klimawissenschaftler betonen erneut, worauf sie schon seit Jahrzehnten auf Grundlage von Studien hinweisen: Mit der voranschreitenden Erderhitzung werden die Hitzewellen zunehmen und sich verstärken. Der Trend ist eindeutig. In den letzten 70 Jahren hat sich die Zahl der Tage pro Jahr mit über 30 Grad zum Beispiel in Deutschland von vier auf acht verdoppelt. In den Jahren 2018 und 2019 waren es sogar knapp 20 Tage.
Der Forscher Steven Pawson von der Nasa in den USA stellt fest, dass die rekordverdächtigen Temperaturen in Europa, Asien und Afrika "ein weiterer klarer Indikator dafür sind, dass die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen zu Wetterextremen führen, die unsere Lebensbedingungen beeinträchtigen".
Solche extremen Temperaturen haben direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, aber auch andere Folgen, wie Waldbrände, die jetzt in Europa und Afrika zu sehen sind und in den letzten Jahren in Nordamerika immer mehr zugenommen haben.
In einer vor kurzem veröffentlichten Studie wird ein zentraler Grund dafür angegeben, warum die Häufigkeit und Intensität von Hitzeperioden in Europa in den letzten vier Jahrzehnten zugenommen hat. Die Forscher stellen fest, dass viele Hitzewellen dann auftreten, wenn sich der Jetstream vorübergehend in zwei Teile aufgespaltet, so dass zwischen den beiden Ästen ein Gebiet mit schwachen Winden und Hochdruckluft zurückbleibt, das die Entstehung extremer Hitze begünstigt. Jetstreams sind globale Ausgleichsströmungen, deren Verlauf sich im Zuge der Erderwärmung bereits signifikant verändert hat und weiter verändern wird.
Wir haben uns also bereits in ein neues Klima-Zeitalter katapultiert. Wir sind längst in einer Phase der Anpassung, mit all seinen Unwägbarkeiten und chaotischen Abläufen. Deutschland zeigt sich dabei im Vergleich schlechter gewappnet als zum Frankreich, wenn es um Extremtemperaturen geht. Aber das Problem ist grundsätzlicher. Wenn wir im Norden überfordert sind, wie geht es dann dem Rest der Welt, der deutlich stärker unter der Erdüberhitzung leidet. Was ist mit den Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika, wie sollen sie sich schützen?
Die Wahrheit ist: Wir sind an vielen Orten und Regionen längst jenseits der Belastungsgrenze. Wir akzeptierten bereits und nehmen billigend in Kauf, dass viele Menschen jedes Jahr aufgrund der Wetterextreme und an den Klimafolgen leiden und sterben. Fast 7.000 hitzebedingte Todesfälle, betroffen vor allem Ältere und Kranke, gab es hierzulande 2018.
Allein in Spanien und Portugal wurden seit Anfang Juli mehr als 1.100 Hitzetote gemeldet. Frankreich, nun konfrontiert mit etwas, was Experten als "Hitze-Apokalypse" bezeichnen, wird voraussichtlich noch in diesem Monat Zahlen zu den Todesfällen veröffentlichen. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan hat in einer Untersuchung 2009 bereits festgestellt, dass mindestens 300.000 Menschen jährlich aufgrund der Klimakrise sterben, Tendenz steigend. Zudem leiden weltweit über 300 Millionen Menschen unter der Erderwärmung
Vor allem Städte, aber auch ganze Regionen wie in den Golfstaaten, könnten aufgrund der Hitze für viele nicht mehr bewohnbar sein, wie Vanesa Castán Broto, Professorin für urbanes Klima an der University of Sheffield in Großbritannien feststellt. Vor allem die Patienten und Bewohner:innen von Krankenhäusern und Seniorenheimen kämpfen mit den extremen Temperaturen.