Hohes Ross

Professor aus Oxford beleidigt und diskriminiert israelischen Studenten

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Andrew Wilkie, Nuffield-Professor für Pathologie am Oxforder Pembroke College, hat das Bewerbungsschreiben des jungen Molekularbiologen Amit Duvschani abgelehnt. Der Grund: Duvschani ist Israeli.

In einer E-Mail, die mittlerweile um die Welt ging, wie Mails - zum Unglück für ihre Urheber - das manchmal so an sich haben, formulierte Wilkie, er habe "sehr große Schwierigkeiten mit der Art, in der Israelis sich wegen des Holocaust aufs hohe moralische Ross setzen und dann den Palästinensern grobe Menschenrechtsverletzungen zufügen, weil diese in ihrem eigenen Land leben wollen". Weiter im Text:

Ich bin sicher, dass Sie auf persönlicher Ebene ein vollkommen netter Mensch sind, aber ich würde niemals jemanden annehmen, der in der israelischen Armee gedient hat. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich nicht der einzige britische Wissenschaftler, der so denkt, aber ich bin sicher, Sie werden schon ein passendes Labor finden, wenn Sie sich weiter umsehen.

Wo sollte dieses "passende Labor" sein, in einem Ghetto vielleicht? Die E-Mail hat unter Wissenschaftlern weltweit Bestürzung ausgelöst. Auf der Webseite der Universität findet sich nun eine etwas lahm klingende Entschuldigung von Wilkie sowie eine Stellungnahme von Oxford: Unter keinen Umständen könnte man ein diskriminierendes Auswahlverfahren hinnehmen. Die Angelegenheit wird jetzt weiter untersucht, dass Wilkies Oxford-Karriere bald beendet sein wird, ist nicht ausgeschlossen.

Wilkies Anspielung, dass er unter den britischen Wissenschaftlern um viele Gleichgesinnte wüsste, steht im Kontext einer Entwicklung, die mit einem offenen Brief begann, den die - übrigens jüdischen - Wissenschaftler Hilary und Steven Rose letztes Jahr im Guardian veröffentlichten. Der Brief, ein selbstgerecht-naiver Aufruf zum Abbruch von Beziehungen mit dem israelischen Wissenschaftsbetrieb fand viele Unterzeichner, darunter die Oxford-Professoren Richard Dawkins und Colin Blakemore sowie Patrick Bateson, Leiter des King's College, Cambridge.

So merkwürdig es vielleicht scheint, wird Israel doch von vielen nationalen und europäischen Kultur- und Forschungseinrichtungen, einschließlich derer, die von der EU und der Europäischen Wissenschaftsstiftung finanziert werden, in ihren Statuten zur Vergabe von Stipendien und Verträgen als europäischer Staat behandelt. (Keinem anderen Staat des Nahen Ostens wird dieser Status ansonsten zuerkannt.) Wäre es deshalb nicht an der Zeit, wenn auf beiden Ebenen, der nationalen und europäischen, ein Moratorium für die zukünftige Vergabe solcher Unterstützungen gesucht würde bis dahin und für den Fall, dass sich Israel an die UN-Resolutionen hielte und offene, ernsthafte Friedensverhandlungen mit den Palästinensern aufnähme, und zwar nach den Rahmenrichtlinien, wie sie in vielen Friedensplänen vorgeschlagen wurden, einschließlich des von den Saudis und der Arabischen Liga kürzlich eingebrachten

Auszug aus dem Boykottaufruf

Seitdem kommt das Thema Israelboykott im englischen Wissenschaftsbetrieb immer wieder auf den Tisch. Vor zwei Monaten diskutierte die britische Association of University Teachers eine Initiative, sämtliche akademischen Beziehungen zu offiziellen israelischen Einrichtungen abzubrechen; unter Protest wurde die Idee wieder fallen gelassen. Dennoch ereignen sich immer öfter kleine Skandale wie dieser: Ein Paper des als regierungskritisch bekannten israelischen Wissenschaftlers Oren Yiftachel, wurde von der Zeitschrift "Political Geography" ungelesen abgelehnt: Artikel aus Israel würden nicht mehr angenommen. Ironischerweise war der Beitrag in Zusammenarbeit mit einem palästinensischen Wissenschaftler entstanden. Ein Professor für Physiologie in Oxford soll gesagt haben, er kenne keinen britischen Akademiker, der in den letzten sechs Monaten an einer wissenschaftlichen Tagung in Israel teilgenommen habe. Vor etwa einem Jahr veröffentlichte die Londoner Times einen vernünftigen Kommentar:

Wir Universitätsmandarine sind angeblich nachdenkliche und logische Menschen, grübeln vor allen Dingen, sollte man meinen, vorher lange nach, bevor wir handeln. Und wir legen größten Wert auf ungehindertes Streben nach Wissen und die Verbreitung von wissenschaftlichem Denken. Ich missbillige die kürzlich erfolgte Aufforderung durch britische Akademiker für einen Boykott aller Kontakte mit israelischen Kultur- und Forschungsinstitutionen. Sie steht konträr zu allem, wer und was Akademiker und insbesondere Wissenschaftler sind und sein sollten.

Übrigens: Bis zur Universitätsreform von 1854 durfte kein bekennender Jude in Oxford studieren. Der "Act of Uniformity" befahl, dass jeder Student schon bei der Immatrikulation die anglikanischen Glaubenssätze unter Eid als die seinen erklärte. Erst 1882 wurde erstmals ein Jude Fellow, also Professor an einem der Colleges. Und Sir Isaiah Berlin (1909-1997) war überhaupt erst der dritte Jude, welcher jemals zum Fellow eines Oxforder Colleges gewählt wurde.1