Hunderte tote Gaza-Patienten: Wann wacht Europa endlich auf?

Sanitäter transportieren ein verletztes palästinensisches Kind nach einem israelischen Luftangriff in das Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt. Bild: Palestinian News & Information Agency / CC BY-SA 3.0 Deed

Vor den Augen der Weltöffentlichkeit begeht das israelische Militär Kriegsverbrechen. Doch die EU zieht weiter den Kopf ein, während UN Waffenstillstand fordert. Ein Kommentar.

Europa, insbesondere die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten, zeigen sich weiter unfähig und nicht willens, ihre Möglichkeiten zu nutzen, um ablaufende Kriegsverbrechen, die im Gazastreifen vom israelischen Militär seit nunmehr elf Tagen begangen werden, zu stoppen.

Ohne Unterlass bombardiert Israel die total abgeriegelte Enklave. Bereits in den ersten Tagen rühmte man sich, bereits 6.000 Bomben auf eines der am stärksten besiedelten Gebiete der Welt gefeuert zu haben. Wie in den fünf Gaza-Kriegen Israels zuvor wurden dabei Wohnhäuser und Gesundheitseinrichtungen in Schutt und Asche gelegt.

Über 1.000 Kinder sind bisher getötet worden. Insgesamt sind seit dem 7. Oktober mehr als 3.500 Zivilisten in der Enklave durch den Beschuss umgekommen, 1.000 Menschen werden zudem noch unter den Trümmern vermisst. Und jetzt könnte die Zahl weiter steigen.

Wie die Behörden in Gaza gestern Abend mitteilten, wurden bei einem Luftangriff der israelischen Streitkräfte auf ein Krankenhaus mindestens 500 Patienten und medizinisches Personal getötet. Das israelische Militär macht einen fehlgeleiteten Raketenangriff des Islamischen Dschihad dafür verantwortlich.

Fotos und Videos aus dem al-Ahli-Krankenhaus in Gaza-Stadt, die in den sozialen Medien gepostet wurden, zeigen Leichen und Körperteile, die infolge der Explosion verstreut liegen. Ein Video, das der Al-Jazeera-Journalist Ali Hashem auf seinem Account veröffentlichte, zeigt den Moment, in dem eine Rakete bzw. Flugkörper das von der anglikanischen Kirche betriebene Krankenhaus trifft und eine gewaltige, erschütternde Explosion verursacht.

"Die Zahl der Todesopfer liegt im Moment bei über 500, aber wir glauben, dass es mehr als 1.000 sein werden", sagte Ziad Shehadah, ein Arzt in Gaza, gegenüber dem Fernsehsender Al Jazeera. "Es ist ein Massaker."

Die Nachricht von dem Desaster kam, als sich die Staats- und Regierungschefs der EU in einer Videokonferenz über die Nahost-Krise absprechen wollten. Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, erklärte danach, dass Angriffe auf zivile Infrastrukturen gegen das Völkerrecht verstoßen (während die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Nachfrage weiter dazu schweigt).

Ja, es ist richtig, dass es ein Verstoß ist. Aber was folgt daraus? Sicherlich, der Krankenhaus-Bombeneinschlag ist bisher, unmittelbar danach, nicht unabhängig aufzuklären, was nichts Ungewöhnliches in Kriegsverläufen ist, vor allem, wenn man die prekäre Informationslage im von der Außenwelt abgekoppelten Gazastreifen bedenkt.