IAA Mobility: Lang lebe das Auto?

Abgesehen von Protestaktionen wie dieser am Samstag am Mercedes-Showroom scheint es auf der IAA kein Problem in Sachen Klima zu geben. Foto: Sand im Getriebe / Quelle: X

Dank Elektromobilität soll das eigene KfZ auch für Jüngere wieder attraktiver werden. Ist das schon eine echte Verkehrswende? Wie viel Lebenszeit kosten Staus?

Die Faszination Auto scheint im Autoland Deutschland ungebrochen. Zumindest auf der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung (IAA) in München wirkt es – abgesehen von Stör- und Protestaktionen, die die Polizei zu unterbinden versucht – so, als gäbe es die Klimakrise gar nicht.

Für manche überraschend: Bei 16- bis 24-Jährigen gewinnt das Auto dank alternativer Antriebe am stärksten an Attraktivität – zumindest laut der diesjährigen Mobilitätsstudie des Top-KfZ-Versicherers HUK-Coburg.

Wird Deutschland Fahrradland und E-Autoland?

2023 besitzen 83 Millionen Deutsche 48.8 Millionen Autos – mehr als je zuvor. Aber sie besitzen auch 79 Millionen Fahrräder, davon sieben Millionen E-Bikes.

Im August 2023 fuhr hierzulande bereits jedes dritte neu gekaufte Auto elektrisch. Das ist eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahreswert. Die deutschen Autobauer sind mit ihren E-Autos zwar spät dran gegenüber der chinesischen Konkurrenz oder gegenüber Tesla. Doch sie holen auf. In der EU sind im Juni 2023 erstmals mehr E-Autos verkauft worden als Diesel-Fahrzeuge. Die Zukunft fährt elektrisch. Immerhin sind E-Autos keine Spritfresser.

In Großstädten wie München oder Hamburg fahren heute nach Berechnungen des Spiegel rund 15 Prozent weniger Autos auf den Straßen als vor der Corona-Zeit – auf Autobahnen und Bundesstraßen sind es 8,5 Prozent weniger – Homeoffice entlastet den Verkehr. Zudem zeigt das 49-Euro-Ticket eine positive Wirkung. Wir brauchen allerdings Busse und Bahnen, die pünktlicher und besser sind als heute und die – im Zeitalter der Digitalisierung – auch häufiger fahren.

Ohne Auto wird es freilich auch in Zukunft nicht gehen – vor allem auf dem Land. Verkehrswende in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland heißt nicht nur Umstieg aufs E-Auto, sondern mehr öffentlicher Verkehr und mehr Fahrradverkehr. In Deutschland werden erst elf Prozent der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt, in Holland 27 Prozent. Die Schweiz gibt pro Kopf viermal mehr Geld für öffentlichen Verkehr aus als Deutschland.

Keine Energiewende ohne Verkehrswende

Auch die IAA – neuerdings IAA Mobility – zeigt wieder einmal, dass die deutschen Autobauer viel zu lange am Verbrenner-Motor festhielten. Doch der Umstieg auf E-Autos allein ist noch keine Verkehrswende. An den Staus ändert sich gar nichts, wenn künftig in Deutschland 48 Millionen E-Autos anstelle von 48 Millionen Verbrennern fahren. Und der Strom aus erneuerbaren Quellen muss auch erst einmal produziert werden.

Wir brauchen einen Rückbau von Auto-Parkplätzen in Rad- und Fußgängerwege und einen Preisvorteil für die Bahn. Die Verkehrswende muss auch sozial gerecht gestaltet werden. Eine gerechte Verkehrswende ist Fair-Kehrswende. Sonst ist Mobilität künftig nur noch etwas für Reiche.

Auch sozial haben die Chinesen die Nase vorn: Ihre E-Autos kosten rund ein Drittel weniger als die deutschen. Ein neues Autoprinzip könnte heißen: Leasen statt besitzen oder nutzen statt besitzen. Statistisch sitzen zur Zeit in Deutschland 1,5 Menschen in einem fahrenden Auto – doch dieses hat vier Sitze. Wenn es gelingt, die Auslastung eines PKW auf zwei Personen zu erhöhen, wären dies schon zehn Millionen Autos weniger. Und wir könnten uns jedes Jahr etwa 160 Stunden wertvolle Lebenszeit im Stau sparen.

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