IEA: Grünes Licht für strengeren Preisdeckel auf Rohöl aus Russland

Bernd Müller

Energieagentur geht nicht von schlechterer Versorgungslage aus. Schlupflöcher könnten gestopft werden. Wie die G7-Staaten auch dem russischen Erdgas den Kampf ansagen wollen.

Die Vertreter der G7-Staaten haben in Hiroshima ihr Vorgehen gegen russische Energieexporte bekräftigt. Sie beabsichtigen, den Preisdeckel auf Rohöl aus Russland zu verschärfen. Und dabei haben sie grünes Licht von der Internationalen Energieagentur (IEA) erhalten.

Im Zentrum des Bemühens der G7-Staaten stehen, die Schlupflöcher des Preisdeckels zu stopfen. Man werde sich mehr anstrengen, damit der Preisdeckel nicht einfach umgangen werden könne, erklärte die Gruppe laut Reuters am Samstag. Wie sie das konkret erreichen will, wurde nicht dargelegt.

IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol erklärte anschließend, man gehe nicht davon aus, dass dies etwas an der Versorgungslage für Rohöl und Ölprodukte ändern werde.

"Jede signifikante Veränderung auf den Märkten werden wir wie immer in unserer Analyse und in unseren Berichten berücksichtigen, aber im Moment sehe ich keinen Grund, unsere Analyse zu ändern", sagte er.

Birol bescheinigte dem Preisdeckel Erfolg, seine zwei Hauptziele seien erreicht worden: russisches Öl weiterhin fließen zu lassen, aber gleichzeitig die Einnahmen Moskaus zu beschränken.

Er machte auch deutlich, dass er hinter der Idee des Preisdeckels steht. Russland habe die Energiekarte gespielt und sei gescheitert, betonte Birol. "Aber es gibt einige Schlupflöcher, einige Herausforderungen für ein besseres Funktionieren der Ölpreisobergrenze."

Bislang blieben die Marktpreise für russisches Erdöl oftmals unter der festgelegten Grenze von 60 US-Dollar je Barrel. Die schwächelnde Wirtschaft in China, eine drohende Rezession und die befürchtete Bankenkrise in den USA drückten die Preise.

Auf lange Sicht könnte sich das aber wieder ändern. Experten gehen laut Handelsblatt davon aus, dass die Ölpreise einer veränderten wirtschaftlichen Lage wieder steigen könnte. Im kommenden Jahr könnten sie sich in der Spanne zwischen 80 und 100 US-Dollar je Barrel bewegen.

Die Frage bleibt offen, ob die Ölpreisbremse auch unter veränderten Rahmenbedingungen funktionieren würde.

Kampf dem russischen Erdgas

Auch dem russischen Erdgas haben die G7-Staaten den Kampf angesagt, durch Investitionen in neue Vorkommen. Dadurch könnte die Förderung von Erdgas in den nächsten Jahren einen Aufschwung erleben.

Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten beschlossen, künftig Investitionen in neue Gasprojekte zu ermöglichen. Klimaschützer warnen, dass dadurch die beschlossenen Klimaziele gefährdet werden könnten.

In dem Kommuniqué, das am Samstag verabschiedet wurde, werden die geplanten Investitionen mit dem Krieg in der Ukraine begründet. Es sei "notwendig, den Ausstieg aus unserer Abhängigkeit von russischer Energie zu beschleunigen", erklärten die G7-Staaten.

"Wir betonen die wichtige Rolle, die verstärkte Lieferungen von verflüssigtem Erdgas (LNG) spielen können, und erkennen an, dass Investitionen in diesem Sektor als Reaktion auf die derzeitige Krise und zur Bewältigung möglicher krisenbedingter Engpässe auf dem Gasmarkt angemessen sein können", heißt es in der Erklärung.

Bei Greenpeace löste der Beschluss Verwunderung aus. Es sei notwendig, aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen, betonte Tracy Carty, Expertin für globale Klimapolitik bei Greenpeace International. Was die G7-Staaten aber auf den Tisch gebracht hätten, stelle "eine Befürwortung von neuem fossilem Gas dar".

Deutsche Diplomaten widersprachen und betonten, es seien Investitionen nötig, um vom russischen Gas wegzukommen und einen Ersatz zu finden. Man bräuchte zudem einige neue Gaskraftwerke. Es gehe um Investitionen in eine saubere Zukunft, weil diese Gaskraftwerke so gebaut werden sollten, dass sie eines Tages auch mit grünem Wasserstoff betrieben werden könnten.

Die G7-Staaten bekennen sich offiziell weiterhin zu ihren Klimazielen. "Wir halten an unseren Zielen für 2030 und 2045 fest", erklärte ein Diplomat gegenüber Reuters. Bis 2050 will man es geschafft haben, dass nicht mehr Treibhausgase emittiert werden als der Atmosphäre wieder entzogen werden.

Klimaschützer sehen darin allerdings nur ein Lippenbekenntnis. Die G7-Staaten nutzen den Krieg in der Ukraine nur als Vorwand, um Investitionen in fossiles Gas zu ermöglichen, erklärte Max Lawson, Leiter der Abteilung für Ungleichheitspolitik bei der Organisation Oxfam.

"Sie versuchen, allen anderen die Schuld zu geben – dabei sind sie selbst weit davon entfernt, ihren gerechten Anteil an dem beizutragen, was zur Erreichung dieses Ziels nötig ist", sagte er in einer Erklärung.