"Ich möchte in den Kampf, um Gaddafi so schnell wie möglich zu Fall zu bringen"
- "Ich möchte in den Kampf, um Gaddafi so schnell wie möglich zu Fall zu bringen"
- Geisterstädte
- Fernes Ziel: Tripoli
- Teuer erkaufter Sieg
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Bei den Rebellen in den libyschen Nafusa Bergen, wo der Aufstand begonnen hat und noch immer anhält. Eine Reportage
Die Ferieninsel Djerba im Süden Tunesiens ist normalerweise ein beschauliches Fleckchen, an dem sich sonst wenig tut. Seit dem Beginn des Bürgerkriegs in Libyen hat sich das beliebte Urlaubsziel bei Deutschen, Briten und Franzosen gewandelt. Politik hat den Tourismus überholt.
Flüchtlinge aus Libyen bewohnen Hotels und Pensionen, die rotschwarzgrüne Flagge der Rebellen ist auf den Strassen überall präsent. Die Anhänger Gaddafis halten sich dagegen bedeckt. Sie sind bei den Tunesiern, die mit ihrer Revolution im Januar den autokratischen Präsidenten Ben Ali aus dem Land jagten, nicht sehr beliebt.
Rebellen wie Gaddafi-Getreue haben ihren eigenen Grenzübergang ins Heimatland. Nur etwa 150 Kilometer von Djerba entfernt liegt Ras Jedir, von dem aus es in die libysche Hauptstadt Tripoli geht, in der der Diktator nach wie vor residiert. Etwas weiter im Süden liegt der Grenzposten Warzan, den die libyschen Rebellen seit Ende April kontrollieren.
Dieser Übergang ins Nachbarland Tunesien ist für die Menschen in den Nafusa Bergen Westlibyens die einzige Verbindung, über die Lebensmittel, Obst, Gemüse, Gas und Benzin transportiert werden können.
Das Hochplateau der Nafusa-Berge
Vor drei Monaten hatte dort, in dieser hauptsächlich von Berbern bewohnten Bergregion, der Aufstand gegen das Gaddafi-Regime begonnen. Als Strafe wurde zuerst die Wasser- und Stromzufuhr gekappt. Danach folgte die libysche Armee, die einen brutalen Krieg gegen die Bevölkerung begann.
Am Grenzübergang, gleich hinter dem Schlagbaum, stellt man die Hülsen der Munition zur Schau, die hier niedergingen, als die libysche Armee versuchte, das Territorium zurückzuerobern: 14,5 mm Geschosse von Flugabwehrbatterien, Reste von RGPs und Teile der Grad-Raketen, die aus russischer Produktion stammen und eine Reichweite zwischen 20 und 40 Kilometer haben.
Mohammed hat ein mulmiges Gefühl. Mit 650 Liter Benzin auf der Ladefläche muss er 150 Kilometer durch Kriegsgebiet fahren. Ein Schuss oder auch nur ein Grantsplitter genügen, um das Ganze in die Luft zu jagen. Mehrfach überprüft der 38-Jährige die Verzurrung der drei großen blauen Plastiktanks, als würde das das Risiko schmälern.
"Wir sind von Gaddafi-Truppen eingekesselt, da bleibt einem nichts anderes übrig", meint er schulterzuckend. Mohammed fährt nach dem Grenzübergang zügig über die Passstrasse auf das Hochplateau der Nafusa-Berge. Eine scheinbar endlose Weite. Der Fahrtwind ist so heiß, dass er in die Haut beisst. Abseits der Straße immer wieder zerstörte Panzer.