Immunität für Trump: US Präsidenten konnten schon immer tun, was sie wollten
- Immunität für Trump: US Präsidenten konnten schon immer tun, was sie wollten
- Entführen, Foltern und Kriegen ohne Kontrolle
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Supreme Court stellt Präsident mit Trump-Urteil über Gesetz. Immunität selbst bei Morden von Gegnern. Warum die Empörung dennoch scheinheilig ist.
Als am 1. Juli der Oberste Gerichtshof, der Supreme Court in den USA, sein wegweisendes Urteil fällte, löste das in den USA und Europa Alarmstimmung aus.
In dem Urteil geht es um die Rolle des früheren US-Präsidenten Donald Trump beim versuchten Staatscoup, dem sogenannten Kapitolsturm vom 6. Januar 2021, nachdem Trump die Wahl gegen seinen Herausforderer Joe Biden von den Demokraten verloren hatte.
"King Trump"
Trump zog aufgrund einer gegen ihn anhängigen Klage vor den Supreme Court, der in einer Mehrheitsentscheidung mit sechs zu drei Stimmen feststellte, dass US-Präsidenten bei offiziellen Akten strafrechtliche Immunität besitzen. Die Verfassungsrichterin Sonia Sotomayor erklärte in ihrer abweichenden Meinung:
Der Gerichtshof schafft tatsächlich eine gesetzesfreie Zone um den Präsidenten. Bei jeder Ausübung seiner Amtsgewalt ist der Präsident nun ein König, der über dem Gesetz steht.
Diese Sorge wurde von vielen Kommentatoren in den Vereinigten Staaten artikuliert. "Wenn Trump als Oberbefehlshaber seinen Truppen befehlen würde, jemanden zu ermorden oder einen Staatsstreich zu inszenieren, dann würde das wohl unter die absolute Immunitätsbestimmung des Gerichtsbeschlusses fallen", erklärte die Rechtswissenschaftlerin Cheryl Bader.
In Deutschland zeigte man sich ebenfalls schockiert über das Urteil. Die Süddeutsche Zeitung titelte: "Freie Fahrt zur Allmacht" und "Die Angst vor King Trump" (Überschriften nach Printversion). Weiter heißt es, dass der Supreme Court dem Ex-Präsidenten mit dem Urteil zur Immunität eine "geladene Waffe" bereitgelegt habe.
Das Neue: Immun in den USA selbst
Andere Zeitungen sind ebenso besorgt, dass ein möglicher neuer Präsident Trump ohne rechtliche Einschränkungen durchregieren könnte. Zeit Online kommentiert: "Auf dem Weg nach Trumpistan", und fährt fort: "Der Supreme Court macht US-Präsidenten zu unangreifbaren Herrschern."
Sotomayor verweist in ihrer Kritik an dem Urteil auf eine Reihe von Beispielen dafür, was der Präsident nun anordnen und befehlen könnte, ohne dafür strafrechtlich belangt zu werden.
Befiehlt er dem Seal Team 6 der Navy, einen politischen Rivalen zu ermorden? Immun. Organisiert er einen Militärputsch, um sich an der Macht zu halten? Er ist immun. Nimmt er eine Bestechung im Austausch für eine Begnadigung an? Immun. Immun, immun, immun.
Die Sorge ist daher sehr berechtigt.
Was aber diejenigen, die in den USA und Europa das Urteil kritisieren, übergehen, ist, dass die königliche Allmacht nichts wirklich Neues ist. US-Präsidenten stehen seit Jahrzehnten über dem Gesetz, wenn sie illegale Kriege, außergerichtliche Tötungen, Staatsstürze oder Folterungen befehlen. Das eigentlich Neue ist, dass sie nun auch bei Taten in den USA immun sind vor Strafverfolgung.
Die illegalen Kriege
Peter Kuznick, Professor für Geschichte und Direktor des Nuclear Studies Institute an der American University, hat darauf verwiesen, dass die Vereinigten Staaten in ihren 247 Jahren nur 16 Jahre Frieden vorweisen können. Die USA seien das Land mit den meisten Kriegen in der Welt. Und es sind überwiegend illegitime, kriminelle Akte gewesen.
Vor allem seit den Terrorangriffen vom 11. September 2001 weiteten US-Präsidenten ihre militärische Allmacht ohne Rechenschaftspflicht über den Globus aus, wobei die militärischen Operationen gegen internationales und nationales Recht verstoßen haben.
Der Irak-Krieg ab 2003 ist das klarste Beispiel für einen illegalen Angriffskrieg. Er erfüllt nicht einmal das formale Kriterium, um als legal gelten zu können, nämlich ein Mandat vom UN-Sicherheitsrat. US-Kritiker Noam Chomsky nennt die Irak-Invasion und -Militärbesatzung das "schwerste Verbrechen des 21. Jahrhunderts", ohne dass die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft gezogen worden seien.
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Selbst UN-Generalsekretär Kofi Annan bezeichnete den Irak-Krieg als "illegal". Der damalige britische Außenminister Robin Cook trat wegen der Entscheidung der Blair-Regierung, mit den USA in den Krieg zu ziehen, zurück und erklärte, dass er einen Krieg ohne internationale Zustimmung nicht verantworten könne.
Die Privatarmeen des US-Präsidenten
Beim Afghanistan-Krieg versuchte die US-Regierung ihr Recht auf Selbstverteidigung gegen al-Qaida und die Taliban gemäß Artikel 51 der UN-Charta zwar geltend zu machen. Doch nur sehr wenige Staaten akzeptieren das als Rechtfertigung von Kriegen gegen nichtstaatliche Akteure. Auch Verfassungsrechtler stellen die Legalität des Kriegs infrage.
Die Folgen der beiden illegitimen und illegalen Kriege der USA waren Zerstörung, Tod und Chaos. Der Überfall auf den Irak und Afghanistan erzeugte nicht nur laut Brown University insgesamt 4,5 Millionen Tote, sondern auch die größte Flüchtlingskrise der Region in ihrer Geschichte. Zugleich wurde ein verheerender Bürgerkrieg im Irak in Gang gesetzt, der letztlich in die von geschassten sunnitischen Generälen unterstützte Terrororganisation ISIS mündete, die Terror in der ganzen Levante bis nach Syrien verbreitete.
Der US-Journalist Jeremy Scahill zeigt in seinem Bestseller-Buch "Dirty Wars: The World Is a Battlefield", wie der "Krieg gegen den Terror" schnell expandierte und US-Spezialkommandos überall auf der Welt "schmutzige Kriege" führten. Die Truppen seien dabei dem Weißen Haus direkt unterstellt und operierten ohne Kontrolle durch den US-Kongress.
Es sei de facto eine Privatarmee, mit der der US-Präsident jährlich Zehntausende Nachtrazzien, gezielte Tötungen, Sabotageakte oder Drohnenattacken weltweit durchführen lasse. Nach 9/11 und insbesondere unter Präsident Barack Obama wurden die schmutzigen Kriege zu einem globalen Tötungsprogramm in über 70 Ländern ausgeweitet.