Impfquote und Intensivbetten: Pandemie-Politik macht sich selbst unglaubwürdig
Gerade erst haben Bund und Länder den Druck auf Ungeimpfte erhöht, da meldet das RKI "eine gewisse Unsicherheit" bei den Daten. Das betrifft auch die Intensivbetten
Zwei Monate nach einer Debatte um die offiziellen Angaben von Intensivbetten steht mit der Impfquote nun ein weiteres zentrales Kriterium zur Bewertung der Corona-Pandemie im Fokus. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat Mitte dieser Woche erklärt, bei der Deutung der Daten zu Impfquoten gebe es eine "gewisse Unsicherheit".
Demnach gibt es je nach Erfassung teils erhebliche Datenunterschiede für die Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen, wie es in einem RKI-Bericht vom Dienstag heißt. Die jüngsten Erkenntnisse weisen darauf hin, dass erheblich mehr Menschen als bisher angenommen eine erste Impfdosis erhalten haben könnten.
Unterschätzt wurden die Zahlen den RKI-Überlegungen nach im sogenannten Digitalen Impf-Monitoring (DIM), in das Daten von Impfteams und Impfzentren sowie Krankenhäusern, Betriebsärzten und Praxen einfließen. Aus den so gewonnen Daten wird das zentrale Impfdashboard des RKI gespeist.
Dieses Portal ist eine wichtige Informationsquelle für Medien und dient als Grundlage für politische Entscheidungen.
Nun aber hat sich herausgestellt, dass die Daten einer weiteren RKI-Erhebung mit der Bezeichnung Covimo höhere Impfquoten ausweist. Das Covimo wird auf Basis von Befragungen erstellt. Bei den 18- bis 59-Jährigen gaben 79 Prozent an, geimpft zu sein. Laut DIM-Meldesystem waren es lediglich 59 Prozent
Intensivmediziner forderten daraufhin eine repräsentative Umfrage zur Impfquote in Deutschland. "Das Impfen ist der entscheidende Erfolgsfaktor der Pandemie. Wir müssen alles dafür tun, das Vertrauen in die Impfkampagne zu stärken", bekräftigte der Vorsitzende des Fachverbandes der Intensivmediziner, Gernot Marx, gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Laut Marx sind "verlässliche Zahlen die Basis für die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen". Ein nicht unwichtiger Hinweis, denn erst Anfang der Woche war bei den Bund-Länder-Beratungen zur Pandemie die niedrige Impfquote debattiert und über einen neuen Lockdown im Herbst gestritten worden.
Intensivbetten wurden künstlich verknappt
Sollte die Impfquote in der mittleren Altersgruppe tatsächlich höher liegen als gemeldet, "hätten wir gerade mit Blick auf den Herbst eine viel entspanntere Lage", sagte Marx dazu. Der Verband der Intensivmediziner sprach sich dafür aus, die bundesweiten Impfquote in einer Umfrage zu erfassen. Dies lehnte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) unter Leitung von Jens Spahn (CDU) jedoch ab.
Vor zwei Monaten erst hatte der Bundesrechnungshof beanstandet, das BMG habe Krankenhäuser über die Vergabeart von Corona-Hilfen dazu verleitet, die Zahl der freien Intensivbetten gering zu halten.
Auch Telepolis hatte damals berichtet, wie Krankenhäuser großzügig bedacht wurden - "nach dem ‚Gießkannenprinzip‘, wie der Rechnungshof kritisiert".
Die Kliniken hätten 2020 schon von den gesetzlichen Krankenkassen 1,3 Milliarden Euro mehr als im Jahr zuvor bekommen - "obwohl die Betten um knapp acht Prozent weniger ausgelastet gewesen seien als 2019", schrieb die Süddeutsche Zeitung. Hinzugekommen seien 10,2 Milliarden Euro Ausgleichszahlungen aus Steuermitteln, weil wegen der Pandemie Eingriffe verschoben oder ausgesetzt wurden.
Der Bericht kritisiert, dass dieses System der Ausgleichszahlungen "unerwünschte Mitnahmeeffekte" eröffnet habe. Die Zahlungen ermöglichten vielen Krankenhäusern 2020 eine "massive Überkompensation" aus Steuermitteln.
Laut Rechnungshof-Bericht habe das Robert-Koch-Institut über Kontaktaufnahmen der Kliniken berichtet, "mit dem Ziel, Meldungen der freien betreibbaren Intensivbetten nachträglich zu korrigieren. Dadurch könnten Kapazitätsengpässe abgebildet worden sein, 'die in diesem Maße nicht existierten'", so Telepolis-Redakteur Thomas Pany.
Während die vieldiskutierten vierte Infektionswelle auf uns zurollt, sind zwei zentrale Kriterien der Pandemie-Politik unglaubwürdig. Damit wird die gesamte Regierungslinie mit ihren massiven Einschränkungen von Grundrechten infrage gestellt.
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