Impfstoff Covac-1: die Hoffnung aus Tübingen
Phase-2-Studie zur Erprobung eines speziellen Coronavirus-Impfstoffs für Patienten mit Krebserkrankungen oder Immunschwäche sucht noch Probanden
Zu den wichtigsten Maßnahmen, um die Bevölkerung vor einer potenziell lebensbedrohlichen Sars-CoV-2-Infektion zu schützen und eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, gehört die Entwicklung von effektiven Covid-19-Impfstoffen auch für besondere Krankheitsgruppen wie Krebspatienten und Immungeschwächte.
Kürzlich wurde bekannt, dass an der Universität Tübingen in enger Zusammenarbeit der Abteilung für Immunologie mit der KKE Translationale Immunologie1 ein hoffnungsvoller neuer Coronavirus-Impfstoff mit dem Namen Covac-1 entwickelt wurde2. Jetzt werden für die laufende klinische Prüfung weitere Probanden gesucht.
Bei Covac-1 handelt es sich um eine Impfstoffentwicklung speziell für Krebspatienten und immungeschwächte Personen. Es ist ein proteinbasierter Impfstoff, der sich nicht auf eine mRNA-, sondern eine herkömmliche Technologie stützt.
In einem Podcast Forschung aktuell des Deutschlandfunks wurde dieser vielversprechende Impfstoffkandidat vor einigen Tagen kurz vorgestellt.
Covid-19-Peptidimpfstoff zur Induktion der T-Zell-Immunität
Eine Darstellung des spannenden Forschungsvorhabens der Gruppe um die Wissenschaftlerin Juliane S. Walz findet sich ebenfalls in einem aktuellen Artikel in der Wochenzeitschrift Nature, auf den ich mich im Folgenden beziehe.3
Die T-Zell-Immunität ist von zentraler Bedeutung für die Kontrolle von Virusinfektionen. Covac-1 ist ein peptidbasierter Impfstoffkandidat, der aus Sars-CoV-2-T-Zell-Epitopen besteht.
Diese werden aus verschiedenen viralen Proteinen gewonnen und sind kombiniert mit einem in Montanide, einem Adjuvans, emulgierten Toll-like-Rezeptor-1/2-Agonisten, der darauf abzielt, eine tiefgreifende Sars-CoV-2-T-Zellimmunität zur Bekämpfung von Covid-19 zu induzieren. Toll-like-Rezeptoren, kurz TLRs genannt, erkennen Pathogene, also krankmachende Faktoren, und spielen damit bei der angeborenen Immunität eine zentrale Rolle.
In einer offenen Phase-I-Studie wurden 36 Teilnehmer im Alter von 18 bis 80 Jahren rekrutiert, die eine einzige subkutane Covac-1-Impfung in das Bauchfettgewebe erhielten, um damit einen Depoteffekt zu erzielen, und nicht, wie sonst bei den Covid-19-Impfungen üblich, intramuskulär in den Deltamuskel des Oberarms. Primärer Endpunkt war die Sicherheitsanalyse bis Tag 56.
Die Immunogenität in Bezug auf die Covac-1-induzierte T-Zell-Antwort wurde als wichtigster sekundärer Endpunkt bis Tag 28 und im Follow-up bis Monat 3 analysiert.
Keine schwerwiegenden Nebenwirkungen und gute Immunantwort
Es wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse (Grad 3) und keine unerwünschten Ereignisse des Grades 4 beobachtet.
Erwartete lokale Granulombildung an der Injektionsstelle wurde bei allen Studienteilnehmern beobachtet, während systemische Reaktogenität (Impfnebenwirkungen) fehlte oder mild war.
Sars-CoV-2-spezifische T-Zell-Antworten, die auf mehrere Impfstoffpeptide abzielen, wurden bei allen Studienteilnehmern induziert, vermittelt durch multifunktionale CD4- und CD8-T-Zellen.
Covac-1-induzierte Interferon-γ-T-Zell-Antworten blieben in den Follow-up-Analysen bestehen und übertrafen diejenigen, die nach einer Sars-CoV-2-Infektion sowie nach der Impfung mit zugelassenen Impfstoffen festgestellt wurden.
Weiterhin wurden die impfstoffinduzierte T-Zell-Antworten von aktuellen Sars-CoV-2-Varianten (VOC, variants of concern) nicht beeinflusst.
Zusammenfassend zeigte Covac-1 ein günstiges Sicherheitsprofil und induzierte breite, potente und VOC-unabhängige T-Zell-Antworten, was die derzeit laufende Evaluierung in einer Phase-II-Studie für Patienten mit B-Zell-/Antikörpermangel unterstützt.
Interesse an Studienteilnahme?
Wer Interesse an einer Studienteilnahme hat, kann sich unter der folgenden E-Mail-Adresse in der Universität Tübingen melden: covid.kke@med.uni-tuebingen.de
Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.