In Litauen muss die Linkskoalition abdanken

Litauisches Parlemant. Bild: Public Relations Department of Parliament of Latvia/Ernests Dinka, Saeimas Kanceleja/CC BY-SA 2.0

Gestolpert über eine neoliberale Politik, die aber von einer konservativen Regierung beibehalten werden wird

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Nach der Parlamentswahl am Sonntag zeichnet sich ein Regierungswechsel ab. Jüngsten Hochrechnungen zufolge liegen die Oppositionsparteien "Vaterlandsbund - Christdemokraten Litauens" (TS-LKD) sowie der "Litauische Bund der Bauern und Grünen" (LVZS) bei jeweils mehr als 21 Prozent. Der sozialdemokratischen Partei von Premier Algirdas Butkevicius, der führenden Partei der Linkskoalition, sprachen nur rund 14 Prozent der Wähler ihr Vertrauen aus.

Sowohl der Parteichef der Konservativen, Gabrielus Landsbergis, als auch der Vorsitzende des Bauernbundes, Ramunas Kabauskis, signalisierten sich gegenseitige Koalitionsbereitschaft, mit den Sozialdemokraten wolle man jedoch nicht zusammen arbeiten.

Das größte Problem des baltischen Landes mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern ist, dass jene immer weniger werden. Durch die Folgen der Finanzkrise verließen im Jahr 2010 über 80.000 zumeist junge Menschen das Land, für das Jahr 2015 wurden 4.000 gezählt. Tendenz wieder steigend. Bezeichnenderweise ist Litauen das EU-Land mit der drittniedrigsten Vergütung, die Arbeitslosigkeit liegt bei 7,5 Prozent.

Darum hat sich ausgerechnet die linke Regierungskoalition, welche 2012 die Konservativen abgelöst hatten, kurz vor den Wahlen für den neoliberalen Weg entschieden - für eine Lockerung des litauischen Arbeitsrechts. Das neue Arbeitsrecht stellt den Unternehmern eine Auswahl an Zeitverträgen zur Verfügung, sie sind zu geringen Abfindungen verpflichtet, das Streikrecht der Gewerkschaften wird eingeschränkt.

Es sollte, sagt der Wirtschaftsexperte Eimantas Kiudalas, damit ein Gegenmodell zu Polen geschaffen werden, das gegenüber Litauen dank der Größe des Marktes und der Geografie für Investoren attraktiver wirkt, jedoch einflussreichere Gewerkschaften hat.

Ausgerechnet die "Maggie Thatcher" des Baltikums, die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite, wandte sich gegen das Gesetz, das im Juni im Parlament beschlossen wurde. Es würde die Arbeiternehmerrechte zu sehr beschneiden. Erst Mitte September konnte im litauischen Parlament das Veto des Staatsoberhaupts überstimmt werden; es soll im Januar in Kraft treten.

"Wir haben durch die Änderungen einen Teil der Wähler abgeschreckt", meinte der 58-jährige Premier und beklagte sich über Kampagnen der Konservativen. So gab es einen Finanzskandal um einen Parteikollegen und Bürgermeister des bekannten Kurorts Druskaininki.

Sollte Gabrielus Landsbergis, der 34-jährige Vorsitzenden des konservativen Parteienbündnisses TS-LKD, Premier werden, wird sich an der wirtschaftsliberalen Linie jedoch nicht viel ändern. Der ehemalige EU-Parlamentarier und Enkel von Vytautas Landsbergis, des ersten litauischen Staatspräsidenten nach der Wende, fordert die Litauer zu mehr Selbstständigkeit auf. Sie sollen die Ärmel hochkrempeln und sich nicht zu sehr auf mögliche Hilfe aus Brüssel verlassen, denn dort werde das Geld knapper.

Ramunas Karbauskis gilt mit seinem Agrarunternehmen "Agrokoncernas" als "litauischer Oligarch". Problematisch erscheinen seine damit verbundenen Russland-Kontakte, auf die er im Wahlkampf angesprochen wurde und eine Zusammenarbeit mit den streng westlichen orientierten Konservativen erschweren.

Litauen sprach sich innerhalb der EU am deutlichsten für die Aufrechterhaltung der Sanktionen gegenüber Russland aus. Und die Russenfurcht steigt angesichts der aktuellen Aufregung um die Iskander-Raketen in Kaliningrad, die auch Litauen erreichen können.