"In Washington herrscht ein Klima der Angst"
Seite 2: Folgen der Bürokratisierung der US-Geheimdienste
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Inwieweit sehen Sie als ehemaliger CIA-Agent die aktuelle politische Krise auch als ein Versagen der Geheimdienste und Sicherheitskräfte in den USA, also von CIA und FBI?
Robert Baer:In beiden Organisationen fand in den letzten Jahren eine Entwicklung hin zu einer Bürokratisierung statt, in der die Agenten am Schreibtisch saßen, vor dem Computer, statt operativ vor Ort zu sein. Das rächt sich jetzt.
Sie gehen also nicht davon aus, dass mit dem Amtsantritt von Joe Biden die innenpolitischen Spannungen nachlassen werden?
Robert Baer:Nein, im Gegenteil, Biden wird im besten Fall ein Präsident des Übergangs sein, aber niemand, der die entstandenen Probleme lösen wird.
In russischen und chinesischen Medien waren angesichts der Ereignisse in Washington zynische Kommentare zu lesen. Aber auch ein US-amerikanischer Kommentator klagte, dass die USA jetzt nicht mehr als Vorbild für Demokratie weltweit dienen könnten.
Robert Baer:Das ist insofern richtig, als dass der Sturm auf das Kapitol das Ansehen der USA weltweit weiter beschädigen wird. Der Aufstieg der Volksrepublik China, lassen wir Russland einmal außen vor, wird sich weiter beschleunigen. In absehbarer Zeit wird aber kein totaler globaler Rückzug der USA stattfinden, wohl aber eine Reduzierung beziehungsweise eine Konzentrierung auf die Kernpunkte.
Ihnen als Europäer kann ich nur raten: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Regierungen eigene außen-und verteidigungspolitische Ansätze entwerfen. Denn Ihr seid es, die mit den Krisenherden im Nahen Osten und Nordafrika, die natürlich durch die falsche Politik des Westens unter Führung der USA entfacht worden sind, lange konfrontiert bleiben werden.
Und was halten Sie von der Wahl von William J. Burns zum neuen CIA Direktor (Ruhig schlafen mit dem neuen CIA-Chef?)?
Robert Baer:Ich halte Burns nicht für die beste Wahl, da er nicht für einen Neuanfang steht. Ich habe schon betont: Die Bürokratie muss abgebaut werden. Wir brauchen wieder mehr Augen und Ohren vor Ort, nicht nur Mitarbeiter, die sich in Washington den Hintern breit sitzen. ("Die Saudis bewegen sich auf dünnem Eis") Ob wir als Amerikaner durch diese Wahl also so gut schlafen können, wie es Joe Biden verspricht, bezweifle ich.
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