Indiana Jones und das Grab der Hollywood-Helden

Bild: Lucasfilm
Bloß nicht zu ernst nehmen: James Mangold lässt den Spielberg-Helden wieder auferstehen. Ein Kino, das nie belehren und nie "alles richtig machen" will. Erfolgreich, weil es kolonialistisch ist?
Wenn sich die Fans doch wenigstens einigen könnten! Aber den einen ist der neue "Indiana Jones"-Film zu schnell geschnitten und sie schreiben über "Hollywoods ADHS-Probleme". Den anderen ist er einfach zu lahm. Die einen vermissen die B-Movie-Ästhetik der ersten Filme der Reihe, die anderen jammern darüber, dass die Computer-Effekte nicht perfekt sind.
Nostalgie wollen sie, aber wenn der Green-Screen dann aussieht wie von damals, dann wird am Aussehen herumgemeckert. Manchen Fans war der letzte, vierte "Indiana Jones"-Film zu viel Action, jetzt ist es den Fans zu wenig Action. Man kann es den Leuten nicht recht machen.
Hauptsache man hat etwas zu schimpfen und das Kino geht endgültig unter. Früher war alles besser, außer Marvel.
Moderner Kinomythos
Niemand, der die "Indiana-Jones"-Filmreihe mag, sollte sich von solchen Nachrichten irritieren lassen. Es geht in diesen Filmen um billigen Spaß, um einen Kinokirmes-Besuch, und als solcher funktioniert auch der neue, fünfte Film der Reihe gut und bietet kurzweiligen Spaß.
James Mangold interpretiert die zeitlosen Fundamente dieses modernen Kinomythos überaus zeitgemäß, und verteidigt dabei den – unzeitgemäßen – hedonistischen Kern von "Indiana Jones".
Dies ist Kino, das nie belehren und nie "alles richtig machen" will, das mutig und nie beflissen ist, das den Jahrmarktscharakter des Mediums gegen seine postmodernen Verächter verteidigt und dabei seinem Idealismus treu bleibt, nie neokonservativen oder traditionalistischen Versuchungen nachgibt.
Oder doch? Über Jahrzehnte haben Filmkritiker die Figur als eine Erzkonservative gedeutet: Unvergessen ist Jay Hobermans so legendärer wie emotionaler Totalverriss in der Village Voice von 1984: "White Guys just wanna have fun." Andere erklärten, das Schwert (die Machete) in der einen, die Peitsche in der anderen Hand seien die Symbole schlechthin für Kreuzzugs-Abenteuer und Beherrschung
Erfolgreich, weil kolonialistisch und (kultur-)imperialistisch
Bei einem Archäologen, der die ganze Welt zu seinem Spielplatz seiner Abenteuer macht und Schätze aus fremden Ländern und fernen Kulturen raubt, liegt es zugleich nahe, irgendetwas Postkoloniales zu formulieren und politisch korrekte Sätze über Kolonialismus und Imperialismus zu schreiben.
Das könnten wir, wenn es gewünscht würde, natürlich auch. Also dann: Die Hauptfigur betreibt meistens das, was man als kulturelle Ausplünderung einer anderen Kultur bezeichnen kann, ohne jetzt jemandem zu nahe zu treten.
Wir treffen den abenteuerlichen Archäologen nämlich im Dschungel von Lateinamerika, wo er irgendetwas für ein Museum zu Hause wieder einmal mitbringen möchte, und es mit verschlagenen Latinos zu tun hat, mit primitiven Ureinwohnern und ähnlichen Projektionen des weißen heteronormativen Blicks.
Genau deswegen gehen viele Menschen nämlich ins Kino: Nicht-westliche Menschen – früher Indianer, heute Nazis – bedrohen hier weiße Identifikationsfiguren beider Geschlechter. Die jüdisch-christliche Kultur und der jüdisch-christliche Monotheismus liefern die Antworten auf alle Fragen. Alle anderen Kulturen sind dagegen irgendwie aus der Geschichte herausgefallen und abgeschlossen. Tot.
Indiana Jones und das Rad des Schicksals (0 Bilder) [1]
Die Charaktere sind durch die Bank als Kollektivsingulare gezeichnet, sie repräsentieren eine ganze Kultur oder ein ganzes Land. Selbstverständlich gibt es immer auch einen Vertreter des bösen feindlichen Kollektivs der Anderen, der ein Überläufercharakter ist und deswegen im Gegensatz zu anderen Kollaborateuren vom westlichen Kino geliebt wird.
Die koloniale Rahmung der Welt wird durch die Erzählung, die Inszenierung und die Sprache der Kamera privilegiert, Architektur und Production-Design spiegelt Klischees. Die Zuordnung von Rechten, Zielen, moralischen Attributen und Fähigkeiten fügt sich in jene (neo-)koloniale diskursive Rahmung ein, die den modernen Diskursen über Menschenrechte, über Entwicklung und Modernisierung zugrunde liegt. Die Hauptfigur und der Film überschreiten oder durchdringen permanent Grenzen.
Mit anderen Worten: "Indiana Jones"-Filme sind kolonialistisch und (kultur-)imperialistisch. Genau deshalb sind sie erfolgreich.
Nazis im Harem des Archimedes
Von den ersten Sekunden an ist in diesem Film also alles wie immer. Indiana Jones ist ungefähr 40 Jahre alt und jagt verlorene Schätze und Nazi-Schurken. Denn auch "Indiana Jones und das Rad des Schicksals", das fünfte Abenteuer des Action-Archäologen, steigt in jener Epoche ein, in der die meisten anderen "Indiana Jones"-Filme spielen, den 1930er und 1940er-Jahren, in diesem Fall ganz konkret: in den finalen Wochen des Zweiten Weltkriegs.
Nazideutschland verliert den Krieg, es gibt noch den letzten Versuch einer Wunderwaffe, die das Kriegsglück wenden könnte. Hierbei handelt es sich um eine antike Lanze, die mit Jesus Blut getränkt wurde, die "Longinus Lanze".
Bald stellt sich heraus, das besagte Wunder-Lanze eigentlich ein Ablenkungsmanöver ist, um über etwas Anderes, Wichtigeres hinwegzutäuschen: Nämlich die eine Hälfte einer Zeitmaschine namens "Antikythera", die einst von Archimedes erfunden und gebaut wurde.
Eine hochkomplexe mechanische Rechenmaschine mit diesem Namen gibt es tatsächlich – ist bekannter archäologischer Beweis für die technische Avanciertheit der Antike. Nur die Behauptung, es handele sich um eine Zeitmaschine, ist natürlich reine Fantasy.
Die Zeitmaschine
Eine Zeitmaschine ist gewissermaßen auch dieser Film. Er zeigt nämlich Hauptdarsteller Harrison Ford nicht nur so, wie er heute aussieht, sondern in diesen ersten zwanzig Minuten des Films auch digital verjüngt wie in seinen besten Jahren.
Diese digitale Verjüngung funktioniert erstaunlich gut und viel besser als es noch kürzlich in "The Irishman" von Martin Scorsese mit Robert de Niro und Al Pacino der Fall war. Das hat auch etwas damit zu tun, dass hier das Publikum in einer einzigen unentwegten Actionsequenz mitgerissen wird, in der das Bild nie zur Ruhe kommt oder gar stehen bleibt, und die Zuschauer deswegen auch niemals Zeit haben, sich in Ruhe darauf zu konzentrieren, wie gut das alles tatsächlich aussieht.
Es geht in diesem Beginn zunächst vor allem um die Reetablierung des Titelhelden durch um Wiedererkennbarkeit (mit charakteristischer Peitsche und Filzhut), und um Befriedigung der rückwärtsgewandten Sehnsüchte des Publikums.
Schon 1981 wagte Regisseur Steven Spielberg mit "Jäger des verlorenen Schatzes" sehr bewusst – und übrigens zurückgehend auf eine Idee, die ihm George Lucas geschenkt hatte – den Rückgriff auf jene B-Movie-Abenteuer, die ihn in seiner Kindheit begeistert hatten. Der Film mit seinem scheinbar unzeitgemäßen Helden wurde ein unerwarteter Welterfolg, auch weil er die Nostalgie-Bedürfnisse einer ganzen Generation befriedigte.
So folgten drei weitere Kino-Abenteuer, eine Fernsehserie und diverse "nicht autorisierte" Ableger. Auch Hauptdarsteller Harrison Ford verschmolz zunehmend mit der Rolle des schlagkräftigen Archäologen, die ihn erst wirklich zum Actionstar machte. 42 Jahre nach dem Auftakt kehren Jones und sein Darsteller nun noch einmal, ein letztes Mal (?), auf die Leinwand zurück. Regie führte James Mangold, denn erstmals in einem "Indiana Jones"-Film war Steven Spielberg nicht an der Produktion beteiligt.
Die CIA und Abu Graib: Das unterbewusste Bild-Arsenal des 21. Jahrhunderts
Wenn der Held Indiana Jones in den ersten Minuten gefangen genommen wird und man ihm einen Sack über den Kopf zieht, ruft Mangold damit im Publikum auch fast automatisch das unterbewusste Bild-Arsenal des 21. Jahrhunderts ab.
Wir alle sollen zuerst an die CIA und Abu Graib denken, bevor wir begreifen, dass dies alles im Zweiten Weltkrieg spielt und es sich um die Nazis und die SS handelt. Aber auch wenn hier mit aktuellen Motiven gespielt wird, kann es hier aber klarerweise nicht darum gehen, irgendetwas historisch ernst zu nehmen.
Kurz vor seiner geplanten Hinrichtung kann Jones sich dann – nicht gerade unerwartet – befreien. Nach einer rasenden Verfolgungsjagd springt er aus einem fahrenden Motorrad auf einen fahrenden Zug, und bringt zwischendurch noch mehrere Dutzend Nazis zur Strecke.

Alles erinnert an Zugszenarien in Klassikern des Westernfilms wie "The great train robbery" oder The General" oder auch an "Snowpiercer" von Bong Joon-hoo, den letzten Film, der das Zugmotiv in ein großes Spektakel verwandelt hat.
(In diesem Zug sieht man dann übrigens auch den deutschen Darsteller Matthias Schweighöfer. In der einzigen, sehr sehr kurzen Szene, in der Schweighöfer auftritt, hat er genau zwei Worte zu sagen, nämlich "Sieg Heil!". Historisch nicht sehr authentisch, außer für Hollywoods Nazi-Vorstellungen.)
Hitler korrigieren ...
Nach diesem furiosen Start folgt dann ein Zeitsprung in die Wochen der Mondlandung, den Juli 1969. Indiana Jones sieht jetzt so aus, wie Harrison Ford eben heute aussieht: Ein älterer Herr, dessen Filmfigur gerade als Professor in Ruhestand getreten ist, und von seiner Patentochter Helena, der Nichte eines Freundes aufgesucht wird.
Sie wird von Phoebe Waller-Bridge gespielt, dem "Fleabag"-Star, der vielleicht trotzdem einfach ein bisschen überschätzt ist und nicht jene Allzweckwaffe des Erfolgs sein kann, als die man sie jetzt allerorten einsetzt: bei James Bond, als Droide in "Solo: A Star Wars Story".
Helena erinnert Jones an die vermisste zweite Hälfte der "Antikythera" und bittet um seine Hilfe bei der Suche. Um diese Suche dreht sich nun der Rest der Handlung.
Denn es gibt eine weitere Überraschung: Auch in den Sechzigerjahren gibt es noch Nazis. Sie arbeiteten sogar für die Nasa, die US-Weltraumbehörde. Nein, wir meinen jetzt nicht Wernher von Braun, sondern Jürgen Voller. Auch die Nazis sind dem wertvollen Objekt ein Vierteljahrhundert nach Kriegsende wieder auf den Fersen.
Der gefährlichste Antagonist ist ein Zivilist, dem Indiana Jones schon in der Exposition begegnete: Der Wissenschaftler, der als solcher Wissenschaftler bereits dadurch noch für den allerletzten Zuschauer markiert ist, dass er bei jeder Gelegenheit eine Brille auf der Nase hat. Er wird vom Dänen Mats Mikkelsen ("Hannibal") gespielt.
Den ganzen Film über wendet Voller selber recht wenig Gewalt an – dafür aber hat er einen ganzen Schlägertrupp bei sich, der für ihn die "Drecksarbeit" erledigt. Diese Gruppe sieht aus wie ein Kuriositätenkabinett der Nazi-Schergen des Kinos: Es gibt den Groben, der für einen normalen Menschen viel zu groß und viel zu breit ist, eine Art "Beißer" in blond, es gibt einen perversen Sadisten, es gibt den Mitläufer.
Und dann gibt es noch – Überraschung – die schwarze Frau: Ausgerechnet eine linke "Black Panther"-Aktivistin mit cooler Sonnenbrille und Afro-Look hat sich auch den Faschisten angedient – was die politische Agenda des Films als neokonservativ entlarvt.
Mit Hilfe der Maschine will Voller die Zeit zurückdrehen: "Ihr Amerikaner habt den Krieg nicht gewonnen" schnaubt er Jones an, "Hitler hat ihn verloren. Er hat Fehler gemacht. Mit dem Ding werde ich sie alle korrigieren..."
"Its called capitalism": Stehlen und zurückstehlen
Es folgt nun ein recht übliches Action-Stationendrama: Schätze werden gestohlen und zurückgestohlen, immer ergeben sich Gelegenheiten, um den Helden in gefährliche Situationen zu verwickeln.
Die Suche nach der verlorenen Zeitmaschine führt zunächst nach Marokko, von dort ins Mittelmeer. Dazwischen gibt es so spektakuläre wie verrückte Verfolgungsjagden: zuerst in New York, dann durch die Kasbah von Tanger, dann unter Wasser, dann geht es in Syrakus ähnlich munter weiter. Insofern erinnert alles tatsächlich an einen James Bond-Film, in dem es ja auch letztlich darum geht, in möglichst pittoresken, möglichst exotischen Schauplätzen den immergleichen Helden das Immergleiche tun zu lassen.
Zugleich gibt es wesentliche Unterschiede zu Bond: Der hat es mit zwischenstaatlichen Gegnern zu tun, die sich an bürgerliche, wenn nicht gar ritterliche Spielregeln halten. Das Böse ist nie einfach brutal, es ist technisch und oft intellektuell avanciert. Die Feinde von Indiana Jones kommen aus dem Dschungel, sie sind ideologische, religiöse Fanatiker. Man muss sie unterdrücken, wenn man nicht verlieren will.
Der einzige etwas schwache Moment des Films ist der, wo dieser sich offenbar zu einer anderen, ungewohnten Form von Ernsthaftigkeit verpflichtet fühlt.
Als Indiana Jones gefragt wird, wohin er mit einer Zeitmaschine am liebsten reisen möchte, antwortet er nicht etwa mit irgendeiner großartigen historischen Epoche, über die er mehr erfahren möchte, sondern damit, dass er in den Moment zurückreisen würde, in dem sein Sohn sich freiwillig für den Vietnam-Krieg gemeldet hat, und kurz darauf im Krieg getötet wurde. Was dann auch seine private Ehe zerstört hat ...
All dies wirkt ein wenig wie eine moralische Pflichtübung, als müsste man diese Figur doch noch mit Ernst und Psychologie grundieren. Es ist der schwächste Moment in diesem Film; man hat den Eindruck, als müsste hier dieser Figur eine Dimension des Ernstes und der Glaubwürdigkeit, ein Element der psychologischen Triftigkeit angeschminkt werden.
Dies ist aber völlig überflüssig, denn man geht ja nicht wegen der psychologischen Glaubwürdigkeit oder aufgrund irgendwelcher Sentimentalitäten in "Indiana-Jones"-Filme.
Digitale "Disneyfizierung" der Geschichte: ein deutscher Heinkel-Bomber über römischem Kriegsgerät
Eine weitere Schraube in der Spirale der Verrücktheit, ist dann die letzte große Actionsequenz: die versammelte Nazi-Schar und auch Indiana Jones und seine Begleitung reisen in der Zeitmaschine, die schließlich funktioniert, ins Jahr 1939.
Sie haben allerdings einen Rechenfehler begangen: Weil man in der Antike noch nichts von der Erdplattenverschiebung wusste, gerät der ganze Mechanismus komplett aus den Fugen, und die Schar landet im Jahr 214 vor Christus, zur Zeit, als die Römer gerade das damals noch griechische Syrakus auf Sizilien eroberten.
Dies hat trotzdem eine tiefere Notwendigkeit, denn es handelt sich gerade um den Moment, an dem Archimedes auf Syrakus weilte, und an dieser Zeitmaschine gearbeitet hat.
So passiert es dann tatsächlich, dass Harrison Ford Indiana Jones einem seiner antiken Helden, Archimedes leibhaftig für ein paar Minuten gegenübersteht - und ihm im Übrigen nichts von der Erdplattenverschiebung erzählt ...
In diesem faszinierend-verrückten, gerade dadurch so magisch wie ungesehenen Bildern – ein deutscher Heinkel-Bomber über römischem Kriegsgerät, der mit Katapulten und Pfeil und Bogen bekämpft wird; ein Archäologe aus dem Jahr 1969 im Gespräch mit Archimedes – wird das Erfolgsgeheimnis der "Indiana Jones"-Reihe so deutlich, wie selten.
Diese Filme sind Vexierbilder, die den Zuschauern einerseits filmische Themenparks und Traumwelten präsentieren, wie sie sonst nur in Computerspielen und vielleicht geschichtstouristischen Erlebnisreisen konsumierbar sind. Sie entsprechen damit genau der digitalen "Disneyfizierung" von Historie in den modernen Massenmedien und der weltweiten Popularität von archäologischen Themen in konsumierbarer Form.
Sehnsucht nach analoger "Authentizität"
Zugleich versetzen sie das Publikum in eine Ära, die idealerweise durch authentische Orte und authentische Menschen gekennzeichnet ist. Sie verteidigen die Textur der physischen, vordigitalen, "analogen" Welt, indem sie durch beschwerliche Weltreisen, Kommunikation von Angesicht zu Angesicht und "unbezahlbare" Relikte den Wunsch nach den "authentischeren" Welten befriedigen.
Eine nostalgische Vorliebe für eine hedonistischere, zugleich idealistischere, weniger materialistisch ausgerichtete Welt steht im Mittelpunkt der Indiana-Jones-Filmreihe und treibt die Handlungen der Filme an.
Die geschichtliche Vergangenheit ist der Fluchtpunkt aus der globalisierten, digitalisierten Zukunft – und so ist es keineswegs Zufall, dass die Filmhandlung just in jenem Monat angesiedelt ist, in dem der (geschichts-)optimistische Zukunftsglaube mit der Mondlandung seinen Höhepunkt erreichte und von den "Grenzen des Wachstums" noch nicht die Rede war.
Indem sie demgegenüber klassische Vorstellungen von Authentizität und Unmittelbarkeit verteidigt, steht die "Indiana Jones"-Reihe repräsentativ für eines der über alle historischen Brüche beständigsten Elemente erfolgreicher Kinofilme der letzten 50 bis 60 Jahre: Das Thema der Authentizität – ob nun in Form einer Feier authentischer Menschen oder Dinge oder einer direkten Kritik an den entfremdeten Verhältnissen der Moderne. Authentizität ist eine der wichtigsten Perspektiven, unter denen wir die heutige Mediengesellschaft betrachten.
Die "Indiana Jones"-Filme haben eine spezifische Haltung zu diesem Thema: Die Vorstellung, dass authentisches Leben und Sterben nicht in der Zukunft zu finden sind, sondern in der Vergangenheit.
Zugleich steht die Figur unter ihrer heute kolonialistisch anmutenden Oberflächen gerade nicht für Suche nach "Beutekunst" und materialistische Ausbeutung fremder Kulturen, sondern für die Vorstellung, dass es erstrebenswerter ist, sich der "achtsamen" Rekonstruktion der Vergangenheit, und dem Verständnis nicht-westlicher Hochkulturen zu widmen.
Moderner Mythos für den Jahrmarktscharakter des Mediums
James Mangolds Film interpretiert die zeitlosen Fundamente, auf die Spielberg und Lucas ihre Heldenfigur gestellt und zum modernen Mythos geformt haben, überaus zeitgemäß, und verteidigt dabei den – unzeitgemäßen – hedonistischen Kern von "Indiana Jones".
Neben der Action ist dies auch Klamauk und Slapstick, und eine Vorstellung von Kino, in der man keine unangemessene Mühe darauf verlegt, die Handlung möglichst glaubwürdig erscheinen zu lassen. Stattdessen ein nostalgiesatter großer Kinokindergeburtstag für alle.
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