Industrie-Schock: Produktion in Deutschland bricht dramatisch ein
Dramatischer Einbruch der Industrieproduktion im Juli. Vor allem die Automobilbranche trifft es hart. Ökonomen warnen: Rutscht Deutschland in die Rezession?
Die deutsche Industrieproduktion ist im Juli 2024 überraschend stark eingebrochen. Wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte, sank die Produktion im Vergleich zum Vormonat um 2,4 Prozent. Von Reuters befragte Analysten hatten lediglich mit einem Minus von 0,3 Prozent gerechnet.
Deutscher Industriesektor verzeichnet überraschenden Einbruch
Besonders deutlich fiel der Rückgang in der Automobilindustrie aus. Hier sank die Produktion um 8,1 Prozent, nachdem sie im Juni noch um 7,9 Prozent gestiegen war. Auch andere Branchen wie die Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (-7,0 Prozent) und die Herstellung von Metallerzeugnissen (-3,8 Prozent) verzeichneten starke Rückgänge.
Die Daten nähren Befürchtungen, dass Europas größte Volkswirtschaft im dritten Quartal erneut schrumpfen könnte. "Das Risiko steigt, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal weiter leicht schrumpft", sagte Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen der Nachrichtenagentur Reuters. Eine technische Rezession, definiert als zwei aufeinander folgende Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum, wird damit wahrscheinlicher.
ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski bezeichnete die Daten gegenüber Reuters als "kalte Dusche für alle, die auf eine schnelle Erholung gehofft haben". Er sieht keine schnelle Wende zum Besseren: "Sie deuten eher darauf hin, dass die Talsohle in der Industrie noch lange nicht erreicht ist."
Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich sank die Produktion von Mai bis Juli um 2,7 Prozent gegenüber Februar bis April. Gegenüber dem Vorjahresmonat Juli 2023 lag die Produktion kalenderbereinigt sogar um 5,3 Prozent niedriger.
Außenhandel gibt wenig Anlass zur Hoffnung
Auch die Entwicklung des Außenhandels gibt wenig Anlass zur Hoffnung. Zwar stiegen die Exporte im Juli um 1,7 Prozent, die Importe legten aber mit 5,4 Prozent deutlich stärker zu. Der Außenhandelsüberschuss sank daher von 20,4 Milliarden Euro im Juni auf 16,8 Milliarden Euro im Juli.
Melanie Debono, Ökonomin bei Pantheon Macroeconomics, sieht in dieser Entwicklung laut Reuters ein weiteres Warnsignal: "Die Trends im verarbeitenden Gewerbe, bei den Importen und Exporten sehen immer noch rezessiv aus, was das Risiko unterstreicht, dass die Wirtschaft in eine technische Rezession abrutscht."
Einen kleinen Lichtblick gab es im Baugewerbe, wo die Produktion im Juli um 0,3 Prozent stieg. Die Energieerzeugung ging dagegen um 1,9 Prozent zurück.
In den besonders energieintensiven Industriezweigen, auf die rund 77 Prozent des gesamten industriellen Energieverbrauchs entfallen, sank die Produktion im Juli um 1,8 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im Vergleich zum Vorjahr lag sie jedoch um 3,0 Prozent höher.
Die schwachen Produktionsdaten unterstreichen die Herausforderungen, vor denen die deutsche Wirtschaft steht. Angesichts der anhaltenden Schwäche in der Industrie und der unsicheren weltwirtschaftlichen Lage bleibt abzuwarten, ob sich die Konjunktur in den kommenden Monaten stabilisieren kann.