Infektionsschutzgesetz: Viel Kritik an Regeln zur Maskenpflicht

Zwang zum Atemschutz soll in Flugzeugen wegfallen. In Bussen und Bahnen soll er weiter gelten. Wie aber steht es um Schulen und Pflegeheime?

Wenige Tage vor der Abstimmung über das neue Infektionsschutzgesetz im Bundestag nimmt die Debatte über die Maskenpflicht wieder an Fahrt auf. Die Ampelkoalition hat auf die Kritik reagiert und die Pflicht zum Tragen einer Atemschutzmaske in Flugzeugen ausgesetzt. In Bussen und Bahnen soll sie aber weitergelten. Auch in Arztpraxen sollen Patienten fortan bundesweit zum Tragen einer Maske verpflichtet werden.

Schon diese unterschiedlichen Regelungen sorgten für Diskussionen. Zugleich sprachen sich Amtsärzte gegen eine mögliche Wiedereinführung der Maskenpflicht in Schulen aus. "Bei den aktuellen Varianten ist eine Maskenpflicht im Unterricht nicht nötig", so der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Nach Nießens Einschätzung sollten Masken in Schulen erst wieder zum Einsatz kommen, wenn ein aggressiverer Virus auftritt.

Kritik an der fortgesetzten Maskenpflicht im Nah- und Fernverkehr kommt wiederum von der Allianz pro Schiene. Nach dem vorläufigen Ende der Maskenpflicht in Flugzeugen sagt Geschäftsführer Dirk Flege, es sei unlogisch, die Maskenpflicht in Flugzeugen aufzuheben, sie aber in Bus und Bahn beizubehalten.

Aus dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen hieß es wiederum am Dienstag, dass die Regelungen nicht mehr nachvollziehbar seien. Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff forderte nachvollziehbare und einheitliche Regelungen für alle Verkehrsmittel.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte die unterschiedlichen Regelungen in Verkehrsmitteln mit Abstufungen in der Effizienz der Luftfilterung begründet: Sie sei in Bussen und Bahnen schlechter als in Flugzeugen.

Widerspruch von Amtsärzten und aus der Pflege

Mehrere Experten kritisieren die geplante Maskenpflicht im neuen Infektionsschutzgesetz (IfSG). Aus der interdisziplinäre Autorengruppe der "7 Argumente" heißt es beispielsweise: "Wer in einem Rechtsstaat elementare Bürgerrechte einschränken will, muss zunächst die Notwendigkeit dafür nachweisen." In der Neuauflage des IfSG komme der Maskenpflicht zentrale Bedeutung zu.

Dabei hätten Experten wie Jonas Schmidt-Chanasit darauf hingewiesen, dass es keine wissenschaftliche Evidenz gebe und diese auch den Empfehlungen von Fachgesellschaften widerspreche. Die Autorengruppe der "7 Argumente" kritisiert in ihren Publikationen durchweg die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung,

Kritik an den Plänen der Regierung kommt auch vom ehemaligen Vorsitzenden des deutschen Ethikrates, Peter Dabrock. Der Theologe kritisiert in einem Spiegel-Beitrag gemeinsam mit dem Gerontologen Andreas Kruse die geplante Maskenpflicht in Pflegeheimen, die dort mit Ausnahme der Wohnräume gelten soll.

"Wir sind der Auffassung, dass die undifferenzierte Maskenpflicht in Akuteinrichtungen (wie Krankenhäusern) und Langzeitpflegeeinrichtungen (wie Pflegeheimen) zu schweren, ethisch und rechtlich inakzeptablen Grundrechtseinschränkungen für Bewohnerinnen und Bewohner von Langzeitpflegeeinrichtungen führen wird, die so nicht Gesetz werden dürfen", schreiben Dabrock und Kruse.

Die Gesetzesvorlage sei gegenüber den Pflegeheimbewohnern "paternalistisch, unfair, unverhältnismäßig scharf und missachtet elementare menschliche Bedürfnisse". Den Menschen dürfe nicht dauerhaft die Möglichkeit genommen werden, sich von Angesicht zu Angesicht wechselseitig zeigen zu können, so der Ethiker und der Alterswissenschaftler.

"Wenn sich in den öffentlichen Räumen der Einrichtung Menschen nur noch mit Maske bewegen dürfen, dann wird die Vulnerabilität der Bewohnerinnen und Bewohner erkennbar erhöht: Denn sie verlieren mehr und mehr das Gefühl, Heimat zu erleben, das Gefühl, dass das Heim nicht nur ihr Wohn-, sondern auch ihr Lebensort ist."

Diese Meldung erscheint in Kooperation mit dem Magazin hintergrund.de