Interferierende Materiewellen

Interferenz zwischen zwei getrennten Bose-Einstein-Kondensaten beobachtet

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Interferenz zwischen zwei Natriumdampflampen wird in absehbarer Zeit niemand beobachten, da sie die Lichtwellen nicht kohärent, also mit zeitlich konstanter Phasendifferenz, abstrahlen. Bei Materiewellen ist eine solche Interferenz hingegen möglich, und zwar bei Bose-Einstein-Kondensaten. Als technische Anwendung käme die Interferometrie in Frage – mit dem Laser-Gyroskop, welches Winkelgeschwindigkeiten misst, als Analogon, wobei Atome weitaus größere Empfindlichkeit bieten als Photonen.

Wissenschaftler des MIT haben ein Interferenzmuster zwischen zwei getrennten Bose-Einstein-Kondensaten beobachtet, sie berichten ihre Ergebnisse in der Ausgabe vom 25. März 2005 der Zeitschrift Science auf Seite 1945 in Band 307.

Dazu war es nötig, die Phase der Materiewellen abzugleichen. Aus beiden Kondensaten zweigten sie einen kleinen Teil ab und streuten Licht daran, die abgezweigten Teile trägen die Phaseninformation der ursprünglichen Kondensate.

Zwei Bose-Einstein-Kondensate aus Natrium-Atomen sind in einer Doppelfalle gefangen (oben), zwei Laser dienen dem Messen der Phasen. Drei Aufnahmen (unten) entstanden bei unterschiedlich starken magnetischen Feldgradienten der Steuerspulen (Mitte). Die Schwebungsfrequenz der beiden Kondensate variiert mit der Differenz des Feldes an den beiden Teil-Fallen. Die Interferenzmuster (unten) lassen sich mittels Lichtabsorptionsmessung aufnehmen. (Bild: Michele Saba, MIT)

Die Phasendifferenz beider Kondensate lässt sich zerstörungsfrei messen, indem man die Lichtintensität registriert, ohne die Atome selbst nachzuweisen. Zwar hatten schon andere Forscher ähnliche Versuche mit zwei getrennten Kondensaten aufgebaut, jedoch haben sie die beiden Kondensate dabei verbraucht. Die Interferenz eines Kondensates mit sich selbst war schon vorher bekannt.

Bleibt die Frage nach etwaigen technischen Anwendungen der Bose-Einstein-Kondensate. Naheliegend für Materiewellen sind Interferometer, hier geht es vor allem um das Messen von Beschleunigungen. Eine potentielle Anwendung wäre eine Weiterentwicklung von Laser-Gyroskopen; ein Großteil der Flugzeuge ist damit bereits ausgestattet, diese Geräte zeigen an, ob sich ein Flugzeug dreht oder nicht und messen die Winkelgeschwindigkeit einer Drehung. Der Vorteil der Atome gegenüber den Photonen wäre eine Empfindlichkeitssteigerung um bis zu zehn Größenordnungen. Denkbar wäre zudem, ein empfindliches Gravimeter bei der Suche nach Erz- oder Erdöl-Lagerstätten zu nutzen, wenn auch zur Zeit kein Bedarf nach empfindlicheren Messgeräten zu erkennen ist.