"Irgendjemand muss ja seriöse Opposition betreiben"
Sommerinterview mit dem PARTEI-Vorsitzenden Martin Sonneborn.
Herr Sonneborn, mit welchem Dienstgrad dürfen wir Sie anreden und welche Verwendung können Sie als Reservist für Ihr Vaterland gegen Mütterchen Russland einbringen?
Martin Sonneborn: Wenn ich mich recht erinnere, verließ ich die Bundeswehr als Oberstgefreiter, das kommt gleich hinter General. Für kriegerische Auseinandersetzungen tauge ich aber wenig. Im Wehrdienst habe ich bei Schießübungen immer auf die Zielscheibe meines Nachbarn gehalten, was bei dem stets zu überraschenden Ergebnissen führte.
Könnten Sie sich einen Trupp mit Ihrem Kollegen, dem Leutnant der Reserve und Einzelkämpfer Georg Schramm vorstellen?
Martin Sonneborn: Jederzeit. Wahrscheinlich würden wir uns bei Schießübungen wieder ausgleichen.
Hätten wir Russland damals über die Flanke angreifen sollen?
Martin Sonneborn: Wichtig ist, dass wir überhaupt angegriffen haben. Ich gehe davon aus, dass in der aktuellen Situation auch Hitler ganz neu bewertet wird, schließlich hat er gegen die Russen gekämpft. Sieht so aus, als wären Teile der Öffentlichkeit gerade dabei, Willy Brandt auf den Platz von Adolf Hitler zu schubsen und umgekehrt.
Welche sind Ihre Lieblings-Tierpanzer?
Martin Sonneborn: Schildkröte, Gürteltier, Kakerlak.
2019 forderten Verteidigungsministerin und Kanzlerin die Anschaffung eines Flugzeugträgers. Bekommt Lambrecht den schneller fertig als den BER und gibt es schon eine Tierbezeichnung?
Martin Sonneborn: Natürlich nicht. Außerdem sind die Deutschen einfach schlechte Europäer. Wenn wir schon wahnwitzige 100 Milliarden in Militärtechnik investieren, statt in Sozialsysteme und Infrastruktur, dann doch bitte nicht in deutsch-französische Projekte. Die Ampel kauft lieber in Amerika: Atomwaffenfähige Flugzeuge, Frackinggas, genmanipuliertes Soja.
Welche Seite empfehlen Sie geläuterten deutschen Ex-Pazifisten im Jemen-Krieg zur Solidarisierung und Waffenbrüder- und Schwesternschaft?
Martin Sonneborn: Wenn man die derzeitigen weltweiten Umschichtungen von Steuergeldern in die Rüstungsindustrie konsequent weiterverfolgt, engagiert man sich auf beiden Seiten. So wie Rheinmetall im Falle Russland/Ukraine.
Bundeskanzler Scholz war neulich einer unbequemen Frage arrogant ausgewichen. Könnten Sie ihn mit Ihrer rhetorischen Kompetenz für elegante Kniffe schulen?
Martin Sonneborn: Ja, könnte ich. Das war’s. (Pause) Übrigens hätte ich früher gern noch ein "Halten Sie die Fresse!" angehängt. Aber die Zeiten werden ruppiger, das ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr.
Auch der neuen Antidiskriminierungsbeauftragten wird ungeschickte Kommunikation nachgesagt. Ist die Bevölkerung möglicherweise noch nicht reif für Ironie und Sarkasmus in Staatsämtern?
Martin Sonneborn: Yep, das wäre fast denkbar. Wäre es nicht? Wenn wir Twitter, Facebook & die Bild-Zeitung abschalteten, würden Dinge zumindest nicht noch wissentlich falsch interpretiert. Aber möglicherweise ist die Bevölkerung noch gar nicht reif für Antidiskriminierung...
Sie wollen die Bundestagswahl in Berlin wiederholen lassen, was Ihnen maximal 12 Direktmandate verschaffen könnte. Rechnerisch wäre dann für die PARTEI eine Koalition mit FDP, AfD und jeweils entweder der SPD oder der CDU greif- bzw. duldbar. Werden die Sozen wieder alles mitmachen?
Martin Sonneborn: Sicher, aber wir nicht. Eine Koalition mit den unmoralischen AFDP-Tüpen kann ich ausschließen. Mit der CDU sowieso. Und mit der SPD erst recht. Nein, wir bleiben eine fundamentaloppositionelle Zwei-Prozent-Partei mit großer Klappe. Irgendjemand muss ja seriöse Opposition betreiben.
Bei der SPD wurden Frauen mit KO-Tropfen betäubt. Haben Sie einen Verdacht?
Martin Sonneborn: Hm. Ich könnte mir denken, dass die SPD bei solchen Anlässen flächendeckend Beruhigungsmittel in die Getränke mischt. Wie sollte man Reden von Scholz oder Lauterbach sonst ertragen?
Armut in der EU: "Ohne Champagner ist das nicht zu ertragen"
Was läuft so in Brüssel?
Martin Sonneborn: Extreme Sommerpause. Außer in meinem Büro, da knallen gerade die Korken, weil wir den neuesten "Bericht aus Brüssel" abgedreht haben. Es geht um Armut in der EU, ohne Champagner ist das nicht zu ertragen.
Nachdem Sie im EU-Parlament Strohhalme verboten haben, klammert man sich da inzwischen nun an Gas und Nuklearenergie. Hätten Sie geahnt, dass fossile und nukleare Energieträger nachhaltig sind?
Martin Sonneborn: Im Nuklearbereich ist eine gewisse Nachhaltigkeit ja offensichtlich. Lustig, dass jetzt auch Rüstungskonzerne kräftig dafür lobbyieren, ihre Produkte als nachhaltig einzustufen.
Diesen Winter wird voraussichtlich kaum geheizt. Was machen wir mit der eingesparten Heizkostenpauschale?
Martin Sonneborn: Brauche ich für das warme Wasser… Ich dusche dann stundenlang warm.
Am 4. August wird die Partei volljährig. Ist deren Pubertät nun vorbei?
Martin Sonneborn: Nein, die geht jetzt erst richtig los. Und jetzt kann uns keiner mehr etwas verbieten.
Im Gründungsjahr hieß der Bundeskanzler Gerhard Schröder. Hätten Sie sich träumen lassen, dass Sie heute vom Establishment als der seriösere Politiker wahrgenommen werden?
Martin Sonneborn: Ehrlich gesagt: ja. Allerdings zu Unrecht. Ich kenne Schröder ja, weil ich 1997 mal mit ihm telefoniert habe, da lag er völlig betrunken in einem Hotelbett in Seattle und hielt mich für Tony Blair.
Mit welchen Thema werden Sie in den Niedersachsen-Wahlkampf ziehen?
Martin Sonneborn: Wir agieren natürlich gewohnt populistisch. Und Porsche-Freund Lindner wird sich wundern, die PARTEI Niedersachsen hat gerade neue FDP-Plakate bestellt. Smiley!
Derzeit werden wieder 5-Prozent-Hürden hochgezogen. Ziehen Sie als alter Profi einen Wechsel in eine etablierte Partei in Erwägung?
Martin Sonneborn: Sie spielen auf die 3,5-Prozent-Hürde in der EU an, mit der SPD & CDU uns aus dem EU-Parlament vertreiben wollen? Ich wechsle nicht. Höchstens in meine eigene Bewegung. Nach Macrons erfolgreicher Parteigründung "La République en Marche" hab ich mir "Deutschland am Arsch" schützen lassen. Das passt ja bestens, bei dem wirtschaftlichen Selbstmord, den die Groko Haram gerade betreibt.
Nachdem man in den letzten Jahren häufiger Clowns zu Staatschefs machte, setzt man solche inzwischen als Botschafter ein. Wäre das eine interessante Perspektive für Ihre Zeit nach der aktiven Politik und in welchem Land sähen sie sich als Diplomat?
Martin Sonneborn: Klar. Am liebsten in Brüssel. Belgische Brauereien spendieren bei Hitze einen 25-prozentigen Freibierzuschlag. In Dosen, Flaschen und an der Theke.
Beim letzten Bundesparteitag sind Sie mit nur 80 Prozent bestätigt worden. Ist diese Wahlschlappe der Anfang vom Untergang?
Martin Sonneborn: Halten Sie die Fresse!