Israel-Gaza-Krieg: Abgeordnete aus 28 Ländern fordern Waffenstillstand
Vereinte Nationen gehen von 15.000 zivilen Todesopfern in Gaza aus. Kliniken am Limit. Friedensappell von deutscher Abgeordneter und US-Congresswoman initiiert.
Seit fast 100 Tagen dauert der aktuelle Israel-Gaza-Krieg an. In den wenigen noch geöffneten Krankenhäusern des Gazastreifens fehlt es an allem: "Es gibt kein Morphium mehr", sagte die Ärztin Seema Jilani in einer Audio-Botschaft, die von der Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) am Donnerstag verbreitet wurde.
Rund 400 Parlamentsabgeordnete aus 28 Ländern verlangen in einem gemeinsamen Appell einen sofortigen multilateralen Waffenstillstand in Israel und Palästina, die Freilassung aller verbliebenen israelischen und internationalen Geiseln und die Erleichterung der Einfuhr von humanitärer Hilfe nach Gaza.
Mitglied neuer Wagenknecht-Partei als Initiatorin
Initiiert wurde der internationale Aufruf "Parliamentarians for Ceasefire" ("Parlamentarier für Waffenstillstand") von der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit) und der US-Kongressabgeordneten Ilhan Omar (Demokraten).
Lesen Sie auch:
Humanitäre Hilfe für Gaza: Israels unfreiwillige Geständnisse
Dimona: Vom Prestigeprojekt zum Sicherheitsrisiko
Israel-Palästina: Der fatale Irrglaube an militärische Lösungen
Damaskus unter Beschuss: Israel rückt nach Syrien vor
Westliche Diplomatie-Verachtung: Kriege in der Ukraine, Nahost könnten beendet werden
Die Unterzeichner rufen dazu auf, "das Völkerrecht einzuhalten und schwere Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen".
Opferzahlen: Warum so viele Kinder betroffen sind
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden dort bis Anfang dieser Woche mehr als 23.000 Menschen durch Kriegshandlungen des israelischen Militärs getötet, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Aufgrund der hohen Geburtenrate ist etwa die Hälfte der Bevölkerung Gazas minderjährig.
Die Vereinten Nationen bewerten die Zahlen des von der Hamas kontrollierten Ministeriums als glaubwürdig. Die israelische Armee hat laut Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seit den Massakern der Hamas vom 7. Oktober "mehr als 8.000 Terroristen eliminiert".
Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass rund 15.000 Zivilpersonen getötet wurden. Die Angaben beider Seiten dürften erst nach Kriegsende unabhängig überprüfbar sein.
"Starkes Signal für Frieden"
"Es ist ein starkes Signal für Frieden und eine Beendigung der Gewalt, dass sich so viele Volksvertreter zusammengeschlossen haben, um unseren Aufruf für einen sofortigen, multilateralen Waffenstillstand in Israel und Palästina zu unterstützen", erklärte am Donnerstag die deutsche BSW-Abgeordnete Sevim Dagdelen, ehemals Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss.
"Angesichts des unermesslichen menschlichen Leids im Nahen Osten halten wir es für dringend notwendig, dass sich unsere jeweiligen Regierungen und die internationale Gemeinschaft für einen Waffenstillstand aller Konfliktparteien und eine Beendigung der humanitären Katastrophe einsetzen. Nur so kann ein Ausweg aus der Gewaltspirale und eine politische Lösung des Konflikts gefunden werden."
Der Wortlaut des Aufrufs und die Gefahr eines Flächenbrands
Wir schließen uns als Abgeordnete aus der ganzen Welt zusammen, um einen sofortigen, multilateralen Waffenstillstand in Israel und Palästina, die Freilassung aller verbleibenden israelischen und internationalen Geiseln und die Erleichterung der Einfuhr von humanitärer Hilfe nach Gaza zu fordern. Darüber hinaus rufen wir unsere jeweiligen Regierungen und die internationale Gemeinschaft dazu auf, das Völkerrecht einzuhalten und schwere Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.
Appell und Liste der Unterzeichner: parliamentariansforceasefire.org
Dagdelen befürchtet angesichts der Angriffe der USA und Großbritanniens auf Ziele im Jemen zudem einen "Flächenbrand" im Nahen und Mittleren Osten. Es sei "hochproblematisch, dass die Bundesregierung diese neuerliche Eskalation in der Region unterstützt und sogar beabsichtigt, sich im Rahmen einer Militärintervention der Europäischen Union direkt zu beteiligen", kritisierte sie am Freitag,
"Statt einen neuen Flächenbrand im Nahen und Mittleren Osten zu riskieren, sollte sich die Bundesregierung endlich für einen Waffenstillstand in Gaza und ein Ende der massiven Tötungen von palästinensischen Zivilisten durch die israelische Armee einsetzen."