Israel-Krieg: USA und Deutschland gegen Waffenruhe, Lage eskaliert an vielen Fronten

Israelische Soldaten bei Aktion gegen Hamas in Gaza, 2023. Bild: IDF Spokesperson's Unit, CC BY-SA 3.0

US-Präsident Biden gegen Waffenruhe. Außenministerin Baerbock mit gleicher Position. Die Folgen sind offensichtlich.

Kurz vor einer wahrscheinlichen Bodenoffensive der israelischen Armee im Gazastreifen haben sich die US-Regierung und führende Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gegen eine Waffenruhe im Nahen Osten ausgesprochen. Damit positionieren sich führende Kräfte des Westens gegen eine ausdrückliche Forderung der Vereinten Nationen.

Auf einer Friedenskonferenz in Kairo hatte UN-Generalsekretär António Guterres nachdrücklich eine Waffenruhe gefordert. Nur so könne "die schwerste Krise, die diese Region seit Jahrzehnten erleidet" beendet werden.

Die "anhaltende gewaltsame Vertreibung und die Androhung weiterer Angriffe auf den belagerten Gazastreifen" stelle ein großes Risiko für die öffentliche Gesundheit und einen Notfall dar, warnte zudem eine hochrangige UN-Vertreterin. Auch sie reagierte damit auf die Eskalation der Gewalt in der Region.

"Alle Konfliktparteien und ihre internationalen Partner müssen den raschen und ungehinderten Zugang zu lebenswichtigen humanitären Gütern wie Nahrung, Wasser, Medikamenten, Treibstoff und Strom sicherstellen", sagte Tlaleng Mofokeng, die UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Gesundheit.

Die jüngste Eskalation in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten dürfe nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden, so die südafrikanische UN-Vertreterin. Sie werfe ein Schlaglicht auf die anhaltende, strukturelle, systematische und anhaltende Gewalt, der die Palästinenser seit der Besatzung täglich ausgesetzt seien: "Ich fordere einen sofortigen Waffenstillstand und bitte die Mitgliedsstaaten, die Lage nicht weiter anzuheizen", sagte Mofokeng.

US-Präsident Joe Biden distanzierte sich jedoch am Montag von der Forderung nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen. Bei einem Pressetermin im Weißen Haus forderte er die Hamas dementgegen auf, ihre Geiseln und Kriegsgefangenen freizulassen. "Dann werden wir reden", so Biden.

Fast zeitgleich wandte sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einem EU-Außenministertreffen in Luxemburg gegen Forderungen anderer EU-Staaten nach einer humanitären Waffenruhe für den Gazastreifen.

Entscheidend sei der Kampf gegen den Terrorismus, sagte Baerbock am Montag bei einem Treffen mit ihren Amtskollegen in Luxemburg. Nach wie vor gebe es massiven Raketenbeschuss auf Israel.

Biden muss Pressetermin verlassen

In der US-Presse wird dieser Kurs Washingtons und von Teilen der EU durchaus in Frage gestellt. Dazu trug auch Präsident Biden bei, der gegen Ende einer Pressekonferenz zu seinem Wirtschaftsprogramm zur Lage im Nahen Osten Stellung nahm.

Dabei unterstützte er ausdrücklich die harte Reaktion der israelischen Regierung und Armee. Israel fordert die Freilassung aller rund 200 Geiseln, die bei dem Überfall von Hamas-Kämpfern entführt wurden. Israel mobilisierte seine Reserven und verstärkte seine Truppen an der Grenze, während es Ziele im Gazastreifen unter Beschuss nimmt.

Welche Folgen die Eskalation auch für die USA hat, zeigte sich am Ende der Pressekonferenz: Biden verließ die Veranstaltung mit Verweis auf eine nationale Krisenlage.

"Ich muss mich entschuldigen, ich muss in den 'Situation Room', um mich um ein anderes Thema zu kümmern", sagte er. Der "Situation Room" ist ein Komplex im Weißen Haus mit abgeschirmten Konferenzsälen, in denen Krisensituationen besprochen werden können.

Mutmaßlich stand die Krisensitzung im Weißen Haus mit Zwischenfällen im arabischen Raum zu tun: Irakische schiitische Milizen behaupteten am Montag, mindestens drei US-Militärstützpunkte im Osten Syriens nahe der Grenze zum Irak angegriffen zu haben.

Die Gruppen beriefen sich dabei ausdrücklich auf den Konflikt im Gazastreifen. Vor diesem Hintergrund habe man sich entschlossen, die Drohnen- und Raketenangriffe gegen die US-Streitkräfte in der Region zu intensivieren.

Der "Islamische Widerstand im Irak", ein Zusammenschluss proiranischer Milizen, erklärte, er habe mindestens drei "US-Besatzungsstützpunkte" mit Kampfdrohnen angegriffen, die ihre Ziele "direkt" getroffen hätten, so der englischsprachige Dienst der Nachrichtenagentur Prensa Latina.

Die mit Sprengstoff beladenen Drohnen hätten die Stützpunkte Al-Tanf, Al-Rukban und Al-Malikiya im Osten und Nordosten Syriens nahe der Grenze zum Irak attackiert.

Die US-geführten Koalitionstruppen haben bisher keine Informationen über diese Angriffe veröffentlicht.

Eskalation an mehreren Orten

Wie die unabhängige "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" mitteilte, ist es den US-Streitkräften gelungen, mindestens drei Drohnen der vom Iran unterstützten Milizen abzufangen und zu zerstören, bevor sie ihre geplanten Ziele nahe der irakischen Grenze erreichen konnten.

Die Angriffe in Syrien erfolgten kurz nachdem die irakische Regierung eine Reihe von Raketen- und Drohnenangriffen auf Militärstützpunkte der US-geführten Koalitionstruppen im Irak verurteilt hatte.

Infolge des Konflikts zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen haben vom Iran unterstützte Milizen in den vergangenen zwei Wochen ihre Angriffe auf US-Stützpunkte im Irak und im Osten Syriens deutlich verstärkt.

Der Konflikt zwischen Israel und islamistischen Kräften im Gazastreifen sorgt auch andernorts für Spannungen. So kündigten die israelischen Behörden am Sonntag die Evakuierung von 14 weiteren Dörfern nahe der Nordgrenze zum Libanon an. Hintergrund sind offenbar befürchtete Zusammenstöße zwischen israelischen Streitkräften und der libanesischen Hisbollah-Miliz.

Insgesamt haben nach Angaben der israelischen Behörden in den vergangenen zwei Wochen mehr als 152.000 israelische Bewohner von Städten, Gemeinden und Dörfern nahe der Grenze zum Gazastreifen und zum Libanon ihre Häuser verlassen.

Nach dem Iran und der Hisbollah-Miliz im Libanon hat nun auch der Jemen offiziell militärische Drohungen gegen Israel ausgesprochen, meldet das israelische Online-Nachrichtenportal Ynetnews.

Der jemenitische Ministerpräsident Maeen Abdul Malek habe damit gedroht, israelische Schiffe im Roten Meer anzugreifen, sollten die Luftangriffe auf den Gazastreifen fortgesetzt werden.

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