Israelischer Luftangriff tötet iranischen Top-Militär

Ayatollah Khamenei leitet das Trauergebet für den General. Bild: Khamenei.ir / CC BY 4.0 Deed

Zündelt Israel am großen Krieg? US-Medien sehen das nahöstliche Pulverfass kurz vor der Explosion.

Obwohl deutsche und kontinentaleuropäische Medien über die gezielte Tötung des Mannes nicht oder nur spärlich berichteten, könnte sich genau dieses Geschehen als der Funken erweisen, der das nahöstliche Pulverfass zur Explosion bringt, und aus der Counter-Insurgence-Operation Israels im Gazastreifen einen großen Krieg entfacht.

Durch einen israelischen Luftschlag wurde am ersten Weihnachtstag der oberste Befehlshaber der iranischen Truppen in Syrien, der Brigadegeneral der iranischen Revolutionsgarden, Seyyed Razi Mousavi, auf einer Farm außerhalb von Damaskus getötet.

Diese Fakten bestätigen inzwischen sowohl die offizielle iranische Nachrichtenagentur Irna wie auch Iran International, unabhängige und syrisch oppositionelle, israelische und US-amerikanische Medien.

Dies ist bereits der zweite Anschlag dieser Art in diesem Monat, nachdem am 2. Dezember 2023 zwei iranische Militärberater, Mohammad Ali Ataee Shoorche und Panah Taqizadeh, durch eine israelische Attacke getötet wurden.

Israel in einem "Mehrfrontenkrieg"

Immerhin die Frankfurter Allgemeine Zeitung meldete am Mittwoch, den 27. Dezember, in einem eigenen Kurzbericht ihrer Printausgabe unter "ferner liefen":

Auch an anderen Fronten war es über Weihnachten unruhig. (...) Iran kündigte Vergeltung für einen mutmaßlich israelischen Luftschlag in Syrien an, bei dem am Montag ein ranghoher Offizier der Revolutionsgarde getötet wurde.

Brigadegeneral Razi Mousavi war iranischen Angaben zufolge als diplomatisch akkreditierter "militärischer Berater" in Syrien gewesen. Medienberichten zufolge wurde er in einer Einrichtung der libanesischen Hizbullah-Miliz getötet. Irans Präsident Ebrahim Raisi drohte Israel in einer Mitteilung, es werde 'definitiv für dieses Verbrechen bezahlen.

FAZ, Printausgabe, 27.12.2023

Der österreichische Standard ist noch zurückhaltender und spricht – ebenfalls im Rahmen eines eigenen Berichts – von einem "Angriff auf General", bei dem dieser "ums Leben gekommen sei" - wie bei einem Unfall.

Als ob man die Meldung, die an die Tötung des überaus populären General Quassim Soleimani vor fast genau vier Jahren erinnert, entweder tatsächlich nicht wahrnimmt, oder sie lieber totschweigt, um nicht zusätzliche Panik unter dem europäischen Publikum zu verursachen.

Soleimani und Mussavi waren enge Vertraute. In der Meldung zu Mussavis Tod veröffentlichten iranische und arabische Medien eine Fotografie, die ihn gemeinsam mit Soleimani zeigt.

Anderenorts nimmt man den Tod Mussavis auch darum wichtiger als in den europäischen Medien: Die New York Times berichtete bereits am 25. Dezember und zitierte Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant, wonach sich Israel bereits "in einem Mehrfrontenkrieg" befinde und "von sieben Schauplätzen aus angegriffen" werde.

Das bezog sich außer auf den Gazastreifen auf das Westjordanland, den Libanon, Syrien, den Irak, den Jemen und den Iran. "Wir haben in sechs dieser Schauplätze bereits reagiert und Maßnahmen ergriffen", sagte Gallant.

Vorwand für eine Ausweitung des Krieges?

Laut der US-Denkfabrik Responsible Statecraft, die der "realistischen Schule" verpflichtet ist, töteten die Israelis Mousavi "entweder als Warnung an den Iran – angesichts der Unterstützung Teherans für die Angriffe der Houthis auf Schiffe im Roten Meer – oder als Provokation, um eine iranische Reaktion hervorzurufen, die Israel den Vorwand für eine Ausweitung des Krieges liefern würde, oder als vorbereitende Maßnahme zur Ausweitung des Krieges unabhängig von der iranischen Reaktion".

Aus israelischer Sicht zahle der Iran bislang keinen Preis für seine Rolle bei den Angriffen am Roten Meer.

Die Geschehnisse steigern die Befürchtungen der USA, dass Israel an einer Ausweitung und Verlängerung des augenblicklichen Krieges interessiert sein könnte – was die Biden-Administration schon aus innenpolitischen Gründen im Blick auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen strikt ablehnt.

Auch wenn die Biden-Regierung Israel grünes Licht für die Antiterror-Maßnahmen im Gazastreifen gegeben hat, spricht sich der US-Präsident zugleich für Mäßigung und Begrenzung des Krieges aus und fordert die mittelfristige Perspektive auf einen Waffenstillstand.

Das Letzte, was die USA wünschen ist, dass sie direkt in den Krieg hineingezogen werden könnten. Hingegen drängen Teile der israelischen Regierung zu einer Ausweitung.

Ist alles Präsident Bidens Schuld?

Aber was folgt nun aus alldem? Der Autor von Responsible Statecraft beendet seinen Kommentar mit recht mutigen und in manchen tendenziös einseitigen Vermutungen:

All diese Szenarien weisen auf eine unbestreitbare Realität hin: Solange Biden sich weigert, Druck auf Israel auszuüben, um einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu akzeptieren, werden die Spannungen in der Region weiter zunehmen und der Nahe Osten wird sich auf einen regionalen Krieg zubewegen, der sehr wahrscheinlich auch die USA mit einbeziehen wird.

Biden mag denken, dass er diese Ereignisse kontrollieren und Israel erlauben kann, die Menschen in Gaza abzuschlachten, während er das Eskalationsrisiko unter Kontrolle hält.

Wahrscheinlich irrt er sich - und das amerikanische Volk könnte sich bald in einem weiteren unnötigen Krieg im Nahen Osten wiederfinden, weil Biden strategisch inkompetent ist.

Trita Parsi, Responsible Statecraft

Biden taktiert, hat aber keine Strategie. Weil Biden sich weigere, Druck auf Israel auszuüben, so Parsi, um einen Waffenstillstand im Gazastreifen herbeizuführen, würden die Spannungen in der Region weiter zunehmen. Der Nahe Osten bewege sich auf einen regionalen Krieg zu. Aufgrund von Bidens strategischer Inkompetenz könnte man sich bald in einem weiteren unnötigen Krieg im Nahen Osten wiederfinden.