Israels Selbstzerstörungskurs ist nicht alternativlos
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Hundertausende protestieren gegen die rechtsextreme Regierung in Israel. Während sich die Gesellschaft zunehmend spaltet, droht die Besatzungspolitik noch gewaltsamer zu werden. Wer hat Angst vor Israel-Kritik?
Anfang dieser Woche ist es in Israel erneut zu massiven Protesten gekommen. Auf der Demonstration am Montag wurde immer wieder "Demokratie!" und "Nein zur Diktatur!" skandiert, während in der israelischen Knesset Chaos ausbrach.
Der Grund: Die rechtsgerichtete Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu versucht, eine Justizreform voranzutreiben, die die Kontrolle des Parlaments durch Gerichte zurückdrängen und der Legislative mehr Kontrolle über die Ernennung von Richtern am Obersten Gerichtshof geben soll. Die vorgeschlagenen Änderungen bezeichnete Oppositionsführer Yair Lapid als Versuch, eine "düstere Diktatur" zu errichten.
Rund 100.000 Menschen nahmen an dem Protest gegen die Justizreform teil, die die rechtsextreme Regierung trotz des öffentlichen Widerstands und der Bitten hochrangiger Offizieller, diese Reform aufzuschieben – darunter der israelische Staatspräsident Isaac Herzog – durchsetzen will.
In einer Rede warnte Herzog, dass "wir uns nicht mehr in einer politischen Debatte befinden, sondern am Rande des verfassungsrechtlichen und sozialen Zusammenbruchs".
Schon am Wochenende waren etwa 200.000 Israelis auf die Straße gegangen, um gegen die Politik der rechtsextremen israelischen Netanjahu-Regierung zu protestieren. Zu gleicher Zeit "legalisierte" Netanjahu rückwirkend neun Siedlungen im besetzten Westjordanland und in Ostjerusalem.
Die New York Times stellte daraufhin fest, dass "viele Araber zustimmen, dass der Oberste Gerichtshof im Allgemeinen als Bollwerk gegen Angriffe auf Minderheiten fungiert und Teile des israelischen Siedlungsbaus eindämmt. Aber sie glauben auch, dass Israels Demokratie seit Jahren durch die israelische Besatzung des Westjordanlandes bedroht ist, wo Millionen von Palästinensern unter verschiedenen Formen israelischer Kontrolle leben, ohne das Recht zu wählen oder sich in Israel aufzuhalten."
Aida Touma-Sliman, eine arabische Abgeordnete im israelischen Parlament, sagte der Times, dass "Demokratie nicht existieren kann, wenn man andere Menschen besetzt hält". Die Palästinensische Autonomiebehörde bezeichnete die Legalisierung der Siedlungen als einen "offenen Krieg". In den USA und der EU wird die jüngste Siedlungsoffensive zwar kritisiert. Aber es ist von dort, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt, kaum mit Gegenmaßnahmen zu rechnen.
In der Netanjahu-Regierung sitzen verurteilte Straftäter und offene Rassisten. Um nur ein Beispiel zu nehmen: Itama Ben-Gvir, Minister für Nationale Sicherheit, wurde von einem israelischen Gericht wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation und Anstiftung zum Rassismus verurteilt.
Kurz nach der Wahl im November teilten hochrangige US-Beamte mit, dass es unwahrscheinlich sei, dass sich die Biden-Regierung "mit dem Politiker Itamar Ben-Gvir einlassen werde, der die Überlegenheit der jüdischen Rasse propagiert". Dann gratulierte man jedoch Netanjahu zu seinem Sieg. Man freue sich, so der US-Botschafter Tom Nides in Israel, "mit der Regierung zusammenzuarbeiten, um das unauflösbare Band" zwischen den Ländern aufrecht zu halten.