Israels Selbstzerstörungskurs ist nicht alternativlos

Seite 3: Innenministerkonferenz: Amnesty-Report zu Apartheid "antisemitisch"

Währenddessen wird in den USA und Europa Israel-Kritik zunehmend diffamiert und unterdrückt. Immer wieder werden Veranstaltungen von Palästinensern oder Kritikern der israelischen Politik abgesagt oder sabotiert. Die Konzerte von Roger Waters, dem Gründer der Band Pink Floyd, sind nur ein prominenter Fall dafür.

In Deutschland wird zudem verschärft gegen die sogenannte BDS-Bewegung vorgegangen. BDS steht für Boycott, Divestment, Sanctions, einer Bewegung, die nach dem Vorbild der Anti-Apartheid-Boykotte gegen Südafrika der israelischen Besatzungspolitik mit Sanktionen begegnen will.

In einem Bundestagsbeschluss aus dem Jahr 2019 wird die Bewegung als inhärent antisemitisch eingestuft. Organisationen, die den Boykott unterstützen, wird seitdem der Zugang zu öffentlichen Geldern und öffentlichen Räumen verwehrt. Die Resolution hat es Universitäten, Landesregierungen und öffentlichen Einrichtungen ermöglicht, Palästinensern mehr und mehr das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlung zu verweigern.

Ein neuer Bericht der deutschen Innenministerkonferenz (IMK), der sich auf die "Prävention und Intervention gegen israelbezogenen Antisemitismus" konzentriert, drängt nun auf ein weiteres Vorgehen gegen die Pro-Palästina-Solidaritätsbewegung. Darin wird sogar von einer Kriminalisierung pro-palästinensischer Reden und Aktivitäten gesprochen.

Der IMK-Bericht enthält zudem konkrete Vorschläge, Antisemitismus, der mit Anti-Zionismus gleichgesetzt wird, zu begegnen, indem etwa Schulen aufgefordert werden, ihren Schülern im Unterricht ein positiveres Bild von Israel zu vermitteln, während man zugleich den jüngsten Bericht von Amnesty International über die israelische Apartheid als "antisemitisch" einstuft. Der Bericht schlägt sogar vor, Karten zu verbieten, die "das Existenzrecht Israels infrage stellen" könnten. Ob dies auch Karten des historischen Palästina einschließt, bleibt unklar.

In den USA ereignete sich Anfang des Jahres eine Farce, die zeigt, welche Auswüchse die Antisemitismus-Hysterie in westlichen Demokratien zutage fördert und akademische Freiheit attackiert. So titelte die US-Zeitschrift The Nation am 5. Januar: "Why the Godfather of Human Rights Is Not Welcome at Harvard" ("Warum der Pate für Menschenrechte in Harvard nicht willkommen ist").

Der Hintergrund: Kenneth Roth, der Human Rights Watch (HWR) für fast 30 Jahre erfolgreich managte, wurde eine bereits zugesagtes Stipendium an der Kennedy School verwehrt. Das Motiv der Absage: Israel. Der Dekan des Instituts Douglas Elmendorf zeigte sich besorgt über eine Studie von HRW, die wie andere Menschenrechtsgruppen wie B’Tselem oder die Vereinten Nationen zu dem Schluss kam, dass Israel eine Apartheid-Politik gegenüber den Palästinensern betreibe.

Nach der Absage an Roth brach ein Sturm der Entrüstung los. Viele zivilgesellschaftliche Gruppen und über tausend Studierende und Alumni protestierten. Die Kennedy School änderte daraufhin ihre Entscheidung. Kenneth Roth fragte danach skeptisch:

Wie wird die Kennedy School aber sicherstellen, dass man sich für die akademische Freiheit weiter einsetzt, und es nicht nur eine Ausnahmebehandlung für eine bekannte Person darstellt?