Ist Bush doch ferngesteuert und benutzt einen Funkempfänger?

Bei der dritten und letzten TV-Debatte zementierten die Präsidentschaftskandidaten das Umfragepatt, der Wahlkampf verlagert sich in die "swing states"

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Nach eineinhalb Stunden Schlagabtausch zwischen George Bush und John Kerry am Mittwochabend an der Universität von Tempe im Bundsstaat Arizona war die letzte der insgesamt vier (die Kandidaten fürs Vizepräsidentenamt eingerechnet) TV-Übertragungen, die den Endspurt zum Wahltag am 2. November einläuteten, endlich ausgestanden. Das Ergebnis: Bush, als schwacher Redner und trübe Lampe auf dem Feld Innenpolitik bekannt, schlug sich besser als erwartet.

Nachdem schon nach der ersten Debatte die Diskussionen im Internet heiß liefen, ob die eckige Ausbuchtung am Rücken des bekanntlich redeschwachen US-Präsidenten ein Funkempfänger sein könnte, über den Bush seine Redebeiträge - die meisten tippten auf Karl Rove - übermittelt erhält (Flottierendes Misstrauen), war man bei dieser Debatte natürlich besonders aufmerksam. Das Weiße Haus hatte die Vermutung natürlich dementiert und sie als "Verschwörungstheorie" denunziert, aber wer - zumindest von den Bush-Gegnern - glaubt heutzutage noch das, was dort verkündet wird, nach all dem, was bisher an strategischer Kommunikation inszeniert wurde. Technisch, so ein www.salon.com/news/feature/2004/10/13/transmitter/index_np.html wäre dies durchaus denkbar.

Die kritisch-misstrauischen Beobachter der Debatte haben denn auch in der dritten Debatte wieder die verräterische Ausbuchtung am Rücken des Präsidenten erblickt. Sollte er doch einen Einflüsterer haben? Nach der großen Aufregung über die erste Entdeckung, die zwar erst nach einigen Tagen, aber dann doch in den Mainstreammedien verhandelt wurde, wäre es allerdings wohl seltsam, wenn der Präsident sich noch einmal an derselben Stelle einen sichtbaren Funkempfänger anbringen lassen würde, zumal dies auch gar nicht notwendig wäre, schließlich könnte er einen Mini-Funkempfänger auch direkt und damit sehr viel unauffälliger im Ohr anbringen. Die Debatte nach der Debatte wird trotzdem wieder von neuem starten.

Florian Rötzer

Während sich Kerry von der ersten bis zur letzten Debatte erfolgreich in Kontinuität übte, steigerte sich Bush. Ironischerweise hatte der USA-Präsident in der ersten Diskussion (Kerry bleibt im Rennen), in der es um Außenpolitik, seine angebliche Stärke, gegangen war, gegenüber Kerry deutlich zurücktreten müssen. Runde zwei entschied wiederum Kerry für sich, allerdings mit weniger Abstand (Wahlkampf im Stellungskrieg). Und wenn es nach der Blitzumfrage des TV-Networks ABC wenige Minuten nach Debattenende ging, dann standen beide (fast) gleichauf: 42 Prozent hielten Kerry für den Sieger, 41 Bush, und 14 sahen sie ebenbürtig. CBS News gab Kerry 39 Prozent und Bush nur 25. Der CNN-Gallup-Umfrage zufolge sahen 53 Prozent Kerry und 39 Prozent Bush als Sieger.

Wie beim ersten direkten Aufeinandertreffen der Kandidaten am 30. September standen sie an Rednerpulten und antworteten unter einer extremen Zeitbeschränkung auf Fragen des Moderators. Übertragen wurde das Duell live auf nahezu allen großen Fernsehsendern.

Der Abend eröffnet wurde erneut mit Erklärungen zu Irakkrieg und Terrorismus. Kerry kritisierte die Überstürztheit und die unzureichende Bündnispolitik vor der Kriegsentscheidung und sagte, als Präsident werde er "bessere Arbeit beim Heimatschutz leisten". Bush hielt Kerry ein Zitat im "New York Times Magazine" vom Sonntag vor, in dem er gesagt hatte, er hoffe, den Terrorismus auf ein "Ärgernis" zurückzustufen. Weitere Argumente der Kandidaten waren teilweise wortgleich in der Außenpolitikdebatte geführt worden.

Bush bemühte sich, Kerry als Linksaußen darzustellen, der in das Leben der amerikanischen Buerger eingreifen wolle. Kerry wiederum konterte mit dem Rekorddefizit im Staatshaushalt, den Kürzungen im Sozialbereich und den massiven Preiserhöhungen im Bereich der Krankenversicherungen. "Dieser Präsident hat dem Wohlergehen der amerikanischen Buerger den Rücken zugewandt", sagte Kerry, worauf Bush erwiderte: "Wir werden überall beneidet für unser Gesundheitssystem."

Weitere Themen waren Steuer- und Arbeitsmarktpolitik, Homosexualität, Abtreibung und Religion in der Politik - jeweils wie gehabt in Versatzstücken und kurzen, eingängigen "sound bites". Der trockene Kerry brachte zahlreiche Zahlen vor, Bush versuchte es mit Jovialität. Bewusste Auslassung oder schlichte Ignoranz - drei der brennendsten innenpolitischen Fragen zum "Patriot Act", zur Umweltverschmutzung und zur Richterernennung am Obersten Gericht ließ der Moderator ganz außen vor. Stattdessen durften Bush und Kerry gegen Ende der "Debatte" Nettigkeiten über ihre Frauen und Töchter sagen.

Waren die Präsidenschaftsanwärter mit annähernd gleichen Umfrageergebnissen in die letzte Fernsehdebatte gegangen, so schlug der Pegel danach ebenso wenig nach der einen oder anderen Seite aus. Je näher der Wahltermin rückt, desto mehr konzentrierten sich die Wahlkampfteams auf die 10 "swing states", die in den kommenden Tagen mit ganzen Armadas von Briefsendungen, Hausbesuchen, Wahlplakaten, Anrufen und Fernsehwerbung umworben werden.