Ist die Elektromobilität wirklich eine Mogelpackung?
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Bei der Bewertung von E-Autos sollten neue Studien herangezogen und ein sachlicher Blick gewahrt werden. Eine Replik auf einen Telepolis-Beitrag
Unlängst hat Kollege Tomasz Konicz in seinem Artikel "Mogelpackung Elektromobilität" bei Telepolis dargelegt, warum er E-Autos für eine schlechte Idee hält. Aus Sicht eines Verkehrswendeaktivisten kann ich manchen seiner Punkte zustimmen, aus Sicht eines Klimaaktivisten muss ich dem Tenor des Artikels und vor allem der Schlussfolgerungen aber deutlich widersprechen.
Gegen Ende seines Beitrags könnte man fast denken, das E-Auto sei entwickelt worden, um zu beweisen, wie großartig der Kapitalismus ist. Batterieelektrische Autos sind aber erst mal nur eine Technologie, dessen Umweltverträglichkeit vom jeweiligen Wirtschaftssystem recht unabhängig sein dürfte.
Die Punkte, die Konicz als "schmutzige Geheimnisse im Elektrowunderland" zusammengefasst wurden, sind entweder nicht schmutzig oder kein Geheimnis. Dass durch die aufwändige Produktion der Batteriezellen eines E-Autos mehr CO2-Emissionen entstehen als bei der Herstellung eines ähnlich großen Verbrenner-Autos ist ja schon lange kein Rätsel mehr. Was wiederum eins zu sein scheint, ist, wie viel Emissionen hier genau entstehen.
Zu dieser Frage wurden schon dutzende Studien angefertigt, manche sind seriös, manche weniger. Manche sind aktuell, andere längst überholt. So geistert schon seit fast vier Jahren die irreführende Zahl von 17 Tonnen CO2 als Indikator für den Klimaschaden pro E-Auto-Batterie durch die Medienlandschaft, ausgehend von einer Studie des Swedish Environmental Research Institute. Diese Studie war zwar methodisch in Ordnung, benutzte aber selbst für damalige Verhältnisse recht alte Daten. Das Autorenteam hat der eigenen Studie daher zwei Jahre später ein Update spendiert, wodurch die Emissionen um die Hälfte auf 8,5 Tonnen CO2 korrigiert wurden. Und auch das ist heute schon wieder zwei Jahre her.
Aufgrund immer effizienterer Herstellungsprozesse kann man für 2021 von einer noch einmal geringeren Menge des Treibhausgases ausgehen. Die im Artikel von Konicz angenommenen fünf Tonnen CO2 für einen 35-kWh-Akku dürften daher deutlich zu hoch liegen, wenn selbst besagte aktualisierte Studie von 2019 für eine Batterie dieser Größe Emissionen von drei Tonnen CO2 ansetzen würde. Andere Autorenteams, die auch in den Quellen von Konicz‘ Artikel erwähnt werden, schätzen den Impact für eine solche Batterie im Jahr 2020 bereits auf nur noch 2,6 Tonnen CO2.
Ohne sich hier jetzt zu sehr in einzelnen Zahlen verlieren zu wollen, zeigt das Beispiel, dass die Entwicklung in der Batterieherstellung alles andere als abgeschlossen ist. Die Verfahren werden aktuell laufend verbessert, weswegen vier Jahre alte Daten für einen seriösen Vergleich schlecht geeignet sind. In aktuellen Studien müssen die ausgewählten E-Modelle nur noch 11.000 Kilometer bis 30.000 Kilometer fahren, um den Klimaschaden der Produktion zu kompensieren, Tendenz sinkend.
Alte Studien, fragwürdige Vergleiche
In "Mogelpackung Elektromobilität" werden hingegen durchgehend sehr alte Studien herangezogen, die E-Autos schlechter aussehen lassen, als sie heute sind. Konicz schreibt: "Selbst das Umweltbundesamt geht davon aus, dass moderne, ab 2025 zugelassene Elektroautos im gesamten Lebenszyklus nur 32 Prozent weniger CO2-Emissionen produzieren als Verbrenner".
Er verweist dazu beispielsweise auf einen Utopia-Artikel, der witzigerweise selbst darüber aufklärt, dass neuere Studien zu deutlich besseren Prognosen führen als den 32 Prozent. Diese stammen aus einer Studie von 2017, die zudem vom Bundesumweltministerium stammt, nicht vom Umweltbundesamt, und dort nicht mal mehr aufrufbar ist. Es gibt bessere Quellen für zentrale Claims eines Artikels.
Der nächste Kritikpunkt war, dass ein E-Auto "endliche und aufwändig zu fördernde Rohstoffe benötigt". Ja, auch das ist kein Geheimnis, beziehungsweise es ist sogar zu so etwas wie einem Anti-Geheimnis geworden, seit die Medienlandschaft gefühlt mit Berichten über Kobalt- und Lithiumabbau geflutet wurde und eine Menge Menschen komplett vergessen zu haben scheinen, mit was für einer desaströsen Umweltzerstörung die globale Erdölförderung einhergeht.
Dadurch wird Lithiumabbau natürlich nicht besser, weswegen sich in der Verkehrswendebubble ein geflügeltes Wort etabliert hat: "Das umweltfreundlichste Auto ist das, das gar nicht gebaut wird". Ja, auch ein E-Auto ist eine tonnenschwere Konstruktion aus Metallen und Verbundstoffen, umweltfreundlich ist daran nur, dass damit eine fossile, noch viel ressourcenhungrige Technik verdrängt wird.
Auf 225.000 Kilometer Lebensspanne verfährt ein Benzinauto 17.000 Liter Benzin, verglichen damit sind die Batterien in modernen E-Autos kleine Ressourcenwunder mit einem weiteren entscheidenden Vorteil: Lithium und Kobalt kann man recyceln, wenn das E-Auto seinen letzten Kilometer gefahren ist. Benzin und Diesel werden verbrannt und sind dann nicht nur endgültig verloren, sondern heizen in ihrem neuen Aggregatszustand unseren Planeten auf.
In diesem Zusammenhang vielleicht beruhigend: Die Tesla-Fabrik in Brandenburg wird glücklicherweise nicht mit einem fossilen Gaskraftwerk betrieben, wie behauptet wurde. Die Fabrik wird in der Tat Erdgas beziehen, um damit Wärme für Schmelzöfen und Gießereien zu erzeugen. Die benötigten 74 Megawatt Strom werden aber aus dem öffentlichen Stromnetz entnommen, und damit auch zum Teil aus regenerativen Energien.
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