Ist die Kraftstoffversorgung der Verbrenner langfristig gesichert?
Verbrenner-Zukunft ungewiss. CO2-Preis steigt. Tankstellenketten ziehen sich zurück. Doch was bedeutet das für Millionen Autofahrer?
Immer mehr Verbraucher orientieren sich derzeit nicht an den Wünschen der Politik und der Ausrichtung der Industrie. Das hat unangenehme Nebenwirkungen und mögliche Konsequenzen, die heute gerne ausgeblendet werden, weil zu viele Bürger hierzulande glauben, wenn man sich den Realitäten verweigert, könne man ein "weiter so" gefahrlos absichern.
Steigende CO2-Bepreisung macht Kraftstoffe teurer
Aktuell wählen die meisten Neuwagenkäufer ein Fahrzeug, das auf Sicht mit fossilem Treibstoff betankt wird. Wie sich der Spritpreis entwickelt, ist dabei gänzlich unsicher.
Die seit 2021 erhobene Abgabe verteuert fossile Treibstoffe wie Benzin und Diesel. Sie hat das Ziel, fossile Energieträger wie Kohle, Benzin oder Erdgas preislich weniger attraktiv zu machen, damit weniger verbrannt wird.
Dahinter steht die Absicht, die Klimaerwärmung erst zu verringern und schließlich zu stoppen. Darum verteuert der CO2-Preis ausschließlich fossile Brennstoffe. Der Umfang wird in Deutschland geregelt durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz. Derzeit liegt die Abgabe bei 45 Euro pro Tonne. 2025 steigt sie auf 55 Euro pro Tonne, danach auf geschätzte 55 bis 65 Euro pro Tonne.
Ab 2027 soll die Bildung des CO2-Preises nicht mehr von der Politik festgelegt werden, sondern dem Markt unterliegen, weil der ja als zuverlässiger gilt ist als die Politik. Ab dann soll sich die jeweilige Höhe der Abgabe aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten an der Börse ergeben.
Wie sehr der Preis steigen wird, ist heute noch vollkommen offen, und welche Wette ein Autokäufer mit dem Erwerb eines Verbrenners eingeht, lässt sich derzeit nicht seriös beantworten. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, als die Klimaziele der EU immer weiter verschärft werden und mit weiteren Maßnahmen zur Energiewende zu rechnen ist.
Schon bis 2040, also in 16 Jahren, soll der Ausstoß von Treibhausgasen in Europa um 88 Prozent sinken. Mit den heute absehbaren Maßnahmen wird dies kaum gelingen.
Wandel in der deutschen Mineralölversorgung
Die Aussichten, dass die EU-Vorgaben, die landläufig als Verbrennerverbot bezeichnet werden, auch in Deutschland ab 2035 den Verkauf entsprechender Neufahrzeuge untersagt wird, treibt die internationalen Marken im Bereich der Tankstellen aus dem deutschen Markt. Die Standorte übernehmen in wachsendem Umfang Firmen, die auf Convenience Stores fokussiert sind und Kraftstoffe nur nebenbei verkaufen.
Derzeit versorgen Raffinerien den Bereich Verkehr noch nahezu vollständig mit Kraftstoffen sowie einen bedeutenden Teil des Wärmemarktes mit Heizöl.
Die Mineralölprodukte zur energetischen Verwendung machen rund 80 Prozent der heutigen Raffinerieprodukte aus. Die übrigen 20 Prozent entfallen auf Mineralölerzeugnisse für die chemisch-pharmazeutische Industrie sowie wichtige Einsatzstoffe zur Herstellung von Konsumgütern und Produkten des täglichen Lebens.
Die Mineralölindustrie hat inzwischen jedoch begonnen, ihre Geschäftsmodelle umzubauen. Denn die bei der Verwendung und Verarbeitung von Mineralölprodukten entstehenden Treibhausgasemissionen müssen zum Erreichen der Klimaschutzziele schnell und drastisch reduziert werden. Für Raffinerien bedeutet dies einen kompletten Wandel ihrer Rohstoffbasis sowie der Produktionsprozesse.
Dieser Umstieg erfordert europaweit Investitionen im dreistelligen Milliardenbereich, die der Markt wieder einspielen muss. Letztlich wird der Kunde für die Umstellung bezahlen, weil die Kosten weitergegeben werden. Je kürzer die Zeit sein wird, die zur Amortisation dieser Kosten verbleibt, desto höher die absehbare Kundenbelastung.
Das Hauptgewicht bei den deutschen Raffinerien liegt aktuell auf den vernetzten Strukturen wie den Chemiedreiecken in Bayern (Raffineriestandort Burghausen), in Mitteldeutschland (Raffineriestandort Leuna) oder im Rhein-Ruhrgebiet (Raffineriestandorte Gelsenkirchen/Marl und Köln/Wesseling).
Mit dem Raffineriestandort Leuna ist die Raffinerie Schwedt verbunden, bei welcher der größte Anteilseigner Rosneft derzeit unter Treuhandverwaltung steht und die 90 Prozent der Versorgung mit Benzin, Kerosin, Diesel und Heizöl in Berlin & Brandenburg bedient.
Bislang zögert die Bundesregierung Rosneft Deutschland zu verkaufen, spricht jedoch inzwischen mit der Qatar Investment Authority über eine Übernahme der Rosneft-Anteile, was insofern spannend ist, als dieser Investor mit knapp 20 Prozent an Rosneft in Russland beteiligt ist.
Woher kommen die Kraftstoffe für den deutschen Markt?
Die Quellen der deutschen Mineralölversorgung haben sich ebenso wie bei der Erdgasversorgung in den vergangenen Jahren verschoben.
Im Jahr 2016, als die Rohölimporte Deutschlands bei rund 91 Millionen Tonnen lagen, war Russland wichtigstes Lieferland mit einem Anteil von knapp 40 Prozent. Aus Norwegen und Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurden 2016 zusammen rund 22,4 Millionen Tonnen bezogen, was einem knappen Viertel der deutschen Rohöleinfuhren entsprach.
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Wer sich jetzt anlässlich des ziemlich offenen Kriegs in Nahost an die Ölkrise im Jahre 1973 mit den autofreien Sonntagen erinnert, darf zur Kenntnis nehmen, dass die OPEC-Staaten als unmittelbare Lieferländer für die deutsche Rohölversorgung längst nicht mehr so bedeutend sind wie zu Beginn der Siebzigerjahre.
Insgesamt hat sich die Rohölbeschaffung in den vergangenen Monaten von festen Lieferkontrakten hin zur Beschaffung auf dem Weltmarkt entwickelt. Über die Beschaffung und damit die Herkunft der Rohölimporte entscheiden die einzelnen Unternehmen. Dies wird lediglich begrenzt durch Sanktionen gegenüber bestimmten Staaten, was in der Praxis dann jedoch eher zu Umgehungslieferungen führt.
Die Aussichten für die Kraftstoffversorgung der deutschen Freunde des klassischen Motorengeräuschs hängen somit hauptsächlich von der Entwicklung des Weltmarkts und den Plänen der EU ab.