Italien: Morde mit kultureller Matrix

Demokratiebegriff im Islam und italienische Islamfreundlichkeit: Als Oriana Fallaci den Schador Khomeini vor die Füße warf. Kommentar und Hintergrund

Als die italienische Journalistin Oriana Fallaci 1979 ("die Kompromisslose") den iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini interviewte, schlug das hohe Wellen. Das Interview ist mittlerweile ein historisches Dokument, das in der italienischen Zeitung Corriere della Sera in voller Länge online zugänglich ist (englisch in der New York Times). Im Folgenden wird es noch einmal aus dem Archiv geholt.

Hina Saleem (†2006), Sanaa Dafani (†2009), Sana Cheema (†2018), und Saman Abbas (vermisst gemeldet seit April 2021) waren junge Musliminnen, die zur Verteidigung der "Ehre" von ihren eigenen Familien getötet wurden. Das sind nur einige der Frauen und Mädchen, die in Italien den Wunsch, frei nach westlichem Vorbild leben zu dürfen, mit ihrem Leben bezahlt haben. Ihre Schuld war es, die Regeln des radikalen Islams nicht eingehalten zu haben. In Auszügen ein interferierendes Interview, das einem Zusammenprall zwischen Ost und West glich.

Als erste Frau aus dem Westen durfte die Journalistin Oriana Fallaci im September 1979 den Iran-Führer und fundamentalistischen Despoten Ayatollah Chomeini interviewen. Dazu musste sie sich den ihr verhassten traditionellen Schador umhängen ("Ich glich eher einem Paket als einem menschlichen Wesen"). Wie islamfreundlich ist Italien heute?

Das sind Geschichten von jungen Frauen, die sich dem Schleierzwang, arrangierten Ehen und generell dem islamischen Patriarchat widersetzten. Sie wurden kaltblütig von ihren Eltern getötet, wurden zu Opfern von Familien, die sich als blutrünstige Clans entpuppten.

Oriana Fallaci: Imam Khomeini, das ganze Land liegt in Ihren Händen. Jede Ihrer Entscheidungen, jeder Ihrer Wünsche ist ein Befehl. Und es sind viele. Sie haben die Freiheit gebracht… wenn überhaupt, dann haben Sie sie definitiv getötet.

Khomeini: ... Der Iran liegt nicht in meinen Händen. Der Iran liegt in den Händen des Volkes. Denn es war das Volk, das das Land seinem Diener übergab, dem, der sein Wohl will... das Volk folgt den Männern Gottes. Und das ist ein Symbol der Freiheit.

Oriana Fallaci: Nein, Imam Khomeini: Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Lassen Sie mich darauf bestehen. Ich wollte sagen, dass es viele von uns gibt, im Iran und außerhalb, die Sie einen Diktator nennen. Den neuen Diktator sogar, den neuen Tyrann, den neuen Schah von Persien.

...seine Augenlider hoben sich plötzlich…ein heftiger Blitz, der mich mit der Gewalt eines Messerstichs durchbohrte… ich sah endlich seine Augen: hochintelligent, hart, furchterregend. Aber es war nur ein kurzer Moment, und danach konzentrierten sie sich wieder auf die Matte. Auf die Frage, ob ihn das schmerze oder gleichgültig lasse…blieb Khomeini unbeirrt.

Khomeini: Einerseits schmerzt mich das, ja, weil es ungerecht und unmenschlich ist, mich Diktator zu nennen. Andererseits stört mich das überhaupt nicht, weil ich weiß, dass solche Bosheit Teil des menschlichen Verhaltens ist und von Feinden kommt. Der Weg, den wir eingeschlagen haben, läuft gegen die Interessen der Supermächte …da ist es normal, dass die Schergen des Fremden mich mit ihrem Gift stechen und mit allen möglichen Verleumdungen auf mich werfen. Nein, ich mache mir nicht die Illusion, dass die Länder, die es gewohnt sind, uns zu plündern und zu verschlingen, ruhig und gelassen bleiben. Oh, die Söldner des Schahs behaupten vieles: sogar, dass Khomeini befohlen hat, den Frauen die Brüste abzuschneiden…

Oriana Fallaci: Nein, das ist mir nicht bekannt, Imam. Und ich habe sie nicht beschuldigt, Frauen die Brüste abzuschneiden. Aber auch ohne die Brüste der Frauen abzuschneiden, sind Sie beängstigend. Ihr Regime lebt von Angst. Alle haben Angst und alle machen Angst.

Hina Saleem wird im Haus ihres Vaters mit 20 Messerstichen getötet: Ihr wurde die Kehle durchgeschnitten und der Leichnam im Garten des Hauses begraben, mit dem Kopf gen Mekka. Vier Personen waren am Mord beteiligt: ihr Vater, ihr Onkel und zwei Schwager. In einem Interview erklärte ihr Vater: "In Pakistan wäre ich verurteilt worden, aber nicht zu 30 Jahren. 30 sind nicht fair. Ich habe meine Tochter getötet, aber sie ist 'meine' Tochter". Keine Spur von Reue oder Buße.

Oriana Fallaci: Wer könnte leugnen, dass es heute eine faschistische Bedrohung im Iran gibt? Und vielleicht hat sich ein Faschismus bereits gefestigt.

Khomeini: Nein, Faschismus hat damit nichts zu tun. Fanatismus hat damit nichts zu tun. Ich wiederhole, dass sie (das Volk) so schreien, weil sie mich lieben. Und sie lieben mich, weil sie das Gefühl haben, dass ich ihr Wohl will, dass ich zu ihrem Besten handle, um die Gebote des Islam anzuwenden. Der Islam ist Gerechtigkeit, im Islam ist Diktatur die größte Sünde, deshalb sind Faschismus und Islamismus zwei unversöhnliche Widersprüche.

Oriana Fallaci: Vielleicht verstehen wir uns nicht, was das Wort Faschismus angeht, Imam. Ich spreche vom Faschismus als einem Volksphänomen, zum Beispiel vom Faschismus, den die Italiener zur Zeit Mussolinis hatten, als die Menge Mussolini applaudierte, so wie sie jetzt Ihnen applaudiert. Und sie gehorchten ihm, so wie sie jetzt Ihnen gehorchen.

Khomeini: Nein, der Faschismus kommt bei Ihnen im Westen vor, nicht bei den Völkern der islamischen Kultur. Unsere Massen sind muslimische Massen, erzogen vom Klerus, das heißt von Männern, die Spiritualität und Güte predigen, so dass der Faschismus nur möglich wäre, wenn der Schah zurückkehrte oder der Kommunismus käme. Meinen Namen zu schreien bedeutet nicht, ein Faschist zu sein, es bedeutet, die Freiheit zu lieben.

"Vielleicht hat sie einen Fehler gemacht", so rechtfertigte die Mutter von Sanaa Dafani die Ermordung ihrer Tochter durch ihren Ehemann, und fügte hinzu, sie sei bereit, dem Vater ihrer Kinder zu vergeben. Sanaas Fehler war es, anders leben zu wollen, als ihre Familie es von ihr wollte. Sanaa war erst 18 Jahre alt, als sie im September 2009 von ihrem Vater erstochen wurde. Auch ihr Verlobter wurde mehrfach verwundet, konnte sich aber retten.

Sana Cheema, eine 25-jährige Muslimin pakistanischer Abstammung, wurde von den Männern ihrer Familie getötet, weil sie ihren italienischen Partner heiraten wollte. Die Autopsie der exhumierten Leiche des Mädchens ergab, dass Sana erwürgt und dass ihr einige Halswirbel gebrochen worden waren.

Oriana Fallaci: Mit anderen Worten, wenn Sie vom Volk sprechen, beziehen Sie sich nur auf Ihre Anhänger. Und Ihrer Meinung nach haben sich diese Menschen für den Islam umbringen lassen, nicht um etwas Freiheit zu erlangen.

Khomeini: Für den Islam. Das Volk hat für den Islam gekämpft. Und der Islam bedeutet alles, auch das, was in Ihrer Welt Freiheit und Demokratie genannt wird. Ja, der Islam enthält alles, der Islam umfasst alles, der Islam ist alles.

Oriana Fallaci: Das verstehe ich nicht. Helfen Sie mir zu verstehen. Was meinen Sie mit Freiheit?

Khomeini: Freiheit... Es ist nicht einfach, dieses Konzept zu definieren. Sagen wir, Freiheit ist, wenn man seine eigenen Ideen wählen und sie denken kann, wie man will, ohne gezwungen zu sein, andere zu übernehmen.... Und auch zu wohnen, wo man will... den Beruf auszuüben, den man will...

Oriana Fallaci: Leben, wo man will, den Beruf ausüben, den man will, und sonst nichts. Denken, soviel wie man will, aber nicht ausdrücken und verwirklichen, was man denkt. Jetzt verstehe ich besser, Imam. Und was verstehen Sie unter Demokratie? Denn wenn ich mich nicht irre, haben Sie mit der Ausrufung des Referendums für die Republik den Ausdruck Islamische Demokratische Republik verboten. Sie haben das Adjektiv "demokratisch" gestrichen, den Ausdruck auf "Islamische Republik" reduziert und gesagt: "Nicht ein Wort mehr, nicht ein Wort weniger".

Khomeini: Zunächst braucht das Wort Islam keine Adjektive. Wie ich gerade erklärt habe, ist der Islam alles: Er bedeutet alles. Für uns ist es traurig, ein anderes Wort neben das Wort Islam zu setzen, das vollständig und vollkommen ist. Wenn wir den Islam wollen, warum müssen wir dann hinzufügen, dass wir die Demokratie wollen? Das wäre so, als würden wir sagen, dass wir den Islam wollen und an Gott glauben müssen. Außerdem hat diese Demokratie, die Ihnen so am Herzen liegt und Ihrer Meinung nach so kostbar ist, keine genaue Bedeutung. Die Demokratie des Aristoteles ist eine Sache, die der Sowjets eine andere, die der Kapitalisten wieder eine andere. Wir konnten es uns daher nicht erlauben, ein derart zweideutiges Konzept in unsere Verfassung aufzunehmen.

Und weiter zur Demokratie…

Oriana Fallaci: Ja, die, die es einem erlaubt, mehr zu tun, als nur da zu wohnen, wo man will, den Beruf auszuüben, den man will, und zu denken, ohne zu sagen, was man denkt. Und das sagen auch die Iraner, die wie wir Ausländer nicht verstanden haben, wo ihre Islamische Republik hinsteuert.

Khomeini: Wenn einige Iraner das nicht verstehen, ist das ihr Pech. Es bedeutet, dass sie den Islam nicht verstanden haben. Wenn Ihr Ausländer es nicht versteht, ist das bedeutungslos. Es betrifft sie sowieso nicht. Sie haben nichts mit unseren Entscheidungen zu tun.

Saman Abbas, eine 18-jährige Pakistanerin aus Novellara, wird seit Ende April 2021 als vermisst gemeldet. Die junge Frau hatte eine Zwangsheirat abgelehnt. Nach Angaben ihres Bruders wurde sie von ihrem Onkel erwürgt. Nach Angaben ihres Freundes ist Saman noch am Leben, vielleicht wurde sie von ihrem Onkel entführt. Ihr Leichnam wurde nie gefunden.

Oriana Fallaci: Vielleicht geht es uns nichts an, Imam, aber der Despotismus, den der Klerus heute ausübt, betrifft die Iraner. Und da wir schon einmal dabei sind, über sie zu sprechen, würden Sie mir bitte das Prinzip erklären, nach dem das Staatsoberhaupt die höchste religiöse Autorität sein muss, nämlich Sie? Können Sie mir erklären, warum politische Entscheidungen nur von denen getroffen werden dürfen, die den Koran gut kennen, also von euch Priestern?

Khomeini: Das fünfte Prinzip, das von der Expertenversammlung bei der Ausarbeitung der Verfassung bestätigt wurde, legt fest, was Sie gesagt haben, und steht nicht im Widerspruch mit dem Konzept der Demokratie. Da das Volk den Klerus liebt, dem Klerus vertraut, vom Klerus geführt werden will, ist es richtig, dass die höchste religiöse Autorität die Arbeit des Premierministers und des zukünftigen Präsidenten der Republik überwacht. Wenn ich diese Aufsicht nicht ausüben würde, könnten sie Fehler machen oder gegen das Gesetz, d.h. gegen den Koran, verstoßen. Ich oder eine repräsentative Gruppe von Geistlichen, zum Beispiel fünf weise Männer, die fähig sind, die Justiz nach dem Islam zu verwalten.

Es leben ca. 1.400.000 Muslime in Italien. In absteigender Reihenfolge kommen sie hauptsächlich aus folgenden Ländern: Marokko, Albanien, Bangladesch und Pakistan, wobei mehr als die Hälfte der Muslime aus den ersten drei Nationen stammen. Praktisch sind acht von zehn Einwanderern Muslime, und es wird geschätzt, dass die Fertilitätsrate muslimischer Frauen doppelt so hoch ist wie die der Italienerinnen. Vielleicht lehnt deshalb die Mehrheit der Italiener das Ius soli immer noch stark ab?

Oriana Fallaci: Ach, ja? Dann lassen Sie uns über die Justiz reden, die von Ihnen, den Klerusangehörigen, verwaltet wird, Imam. Beginnen wir mit den fünfhundert Erschießungen, die in diesen wenigen Monaten im Iran durchgeführt wurden. Sagen Sie mir, ob Sie die Art und Weise gutheißen, in der diese Prozesse ohne Anwalt und ohne Berufung summarisch abgehalten werden… Ich bezog mich auf die Opfer, die nichts mit dem Verschulden des vergangenen Regimes zu tun hatten. Mit anderen Worten: auf die Menschen, die heute noch wegen Ehebruchs, Prostitution oder Homosexualität hingerichtet werden. Ist es Ihrer Meinung nach gerecht, eine arme Prostituierte oder eine Frau, die ihren Mann betrügt, oder einen Mann, der einen anderen Mann liebt, zu erschießen?"

Khomeini: Was ist zu tun, wenn ein Finger an Wundbrand leidet? Lassen Sie die ganze Hand und dann den ganzen Körper mit Wundbrand bedecken oder schneiden Sie den Finger ab? Dinge, die ein Volk verderben, müssen ausgerottet werden wie Unkraut, das ein Weizenfeld befällt. Ich weiß, dass es Gesellschaften gibt, die es Frauen erlauben, sich mit Männern zu vergnügen, die nicht ihre Ehemänner sind, und Männern, sich mit anderen Männern zu vergnügen. Aber die Gesellschaft, die wir aufbauen wollen, lässt das nicht zu. Im Islam wollen wir eine bereinigende Politik betreiben. Und damit dies geschieht, müssen wir diejenigen bestrafen, die Böses bringen, indem sie unsere Jugend verderben. Ob es euch aus dem Westen gefällt oder nicht, wir können nicht zulassen, dass die Bösen ihr Unheil verbreiten. Macht ihr das im Westen nicht genauso? Wenn ein Dieb stiehlt, steckt ihr ihn nicht ins Gefängnis? Werden in vielen Ländern Mörder nicht hingerichtet? Macht ihr das nicht, um zu vermeiden, dass andere angesteckt und der Makel des Bösen sich verbreitet, wenn diese frei und am Leben bleiben? Ja, die Bösen müssen beseitigt werden: Sie müssen wie Unkraut ausgerissen werden.

Im April 2021 wurde in Rom die islamische Partei ins Leben gerufen, mit der sich die italienischen Muslime strukturieren und organisieren wollen. Sie heißt MIID, Movimento Islamico Italiano Democratico, Italienische Demokratische Islamische Bewegung.

Seit geraumer Zeit wurde über die Notwendigkeit der Gründung einer islamischen Partei in Italien gesprochen, um den in Italien lebenden Muslimen, die sich nicht in den Werten der traditionellen Parteien wiederfinden, einen Bezugspunkt zu geben und vor allem um den lokalen muslimischen Gemeinschaften eine politische und institutionelle Vertretung in den staatlichen Institutionen zu gewährleisten.

Oriana Fallaci: Nehmen Sie den Fall der schwangeren 18-Jährigen, die vor einigen Wochen wegen Ehebruchs erschossen wurde.

Khomeini: Lügen, Lügen. Lügen wie die, dass Frauen die Brüste abgeschnitten werden. Im Islam passieren diese Dinge nicht, Schwangere werden nicht erschossen.

Oriana Fallaci: Das sind keine Lügen, Imam. In allen iranischen Zeitungen war zu lesen, dass das Mädchen schwanger war und wegen Ehebruchs erschossen wurde. Im Fernsehen gab es auch eine Debatte darüber, dass ihr Liebhaber nur zu hundert Peitschenhieben auf den Rücken verurteilt wurde.

Khomeini: Wenn sie ihm nur hundert Peitschenhiebe gegeben haben, dann hat er nur die Peitschenhiebe verdient. Wenn ihr die Todesstrafe verhängt wurde, bedeutet dies, dass sie die Todesstrafe verdient hat. Woher soll ich das wissen? Fragen Sie das Gericht, das sie verurteilt hat. Und dann hören Sie auf, über diese Dinge zu reden: sexuelle Freiheit und so weiter. Das sind keine wichtigen Dinge…Sexuelle Freiheit. Was bedeutet sexuelle Freiheit...

Im Jahr 2016 wurden anlässlich des Besuchs des damaligen iranischen Staatspräsidenten Hassan Rohani, als eine Form des Respekts für die iranische Kultur und Sensibilität, einige Aktstatuen aus den Kapitolinischen Museen mit weißen Paneelen bedeckt. Auch der Ausstellungsraum "Pietro da Cortona" wurde mit einem Paneel verschlossen. Der Fall wurde zu einer internationalen politischen Affäre. Le Figaro kommentierte "Wenn du in Rom bist, verhalte dich wie die Römer".

Oriana Fallaci: Haben Sie als Mensch, oder besser gesagt als Priester, jemals jemandem vergeben? Haben Sie jemals Mitleid oder Verständnis für einen Feind empfunden?

Khomeini: Was, was?

Oriana Fallaci: Ich habe gefragt, ob Sie verzeihen, Mitleid empfinden, Verständnis haben können. Und wenn wir schon dabei sind, frage ich Sie: Haben Sie jemals geweint?

Khomeini: Ich weine, ich lache, ich leide. Ich bin ein menschliches Wesen. Oder glauben Sie, ich bin es nicht? Was die Vergebung betrifft, so habe ich den meisten von denen, die uns geschadet haben, verziehen. Und was die Barmherzigkeit betrifft, so habe ich den Polizisten, die nicht gefoltert haben, den Gendarmen, die sich nicht allzu vieler Übergriffe schuldig gemacht haben, und den Kurden, die versprochen haben, uns nicht mehr anzugreifen, Amnestie gewährt.

Hamza Roberto Piccardo, ehemaliger Sekretär der UCOII, der Vereinigung italienischer Muslime, verteidigte vor einigen Tagen die Übernahme Kabuls durch die Taliban. Seiner Meinung nach repräsentieren die Taliban das afghanische Volk, und mit ihnen gebe es "ein starkes gemeinsames Gefüge: den islamischen Glauben, der uns verbindet".

Interessant ist auch die Einstellung des ehemaligen Premiers, Giuseppe Conte. Er spricht von "dem Entspannungsregime der Taliban", mit dem ein Dialog angebracht sei.

Oriana Fallaci: Bitte, Imam. Ich habe noch viele Fragen an Sie. Zum Beispiel über diesen Schador, den Sie den Frauen aufzwingen und der mir auferlegt wurde, um nach Qom zu kommen. Warum zwingen Sie sie, sich unter einem so unbequemen und absurden Kleidungsstück zu verstecken, unter einem Laken, in dem man sich nicht bewegen und nicht einmal die Nase putzen kann? Ich habe gehört, dass die armen Frauen sogar zum Baden einen Schador tragen müssen. Aber wie kann man mit einem Schador schwimmen?

Und dann richteten sich die schrecklichen Augen auf mich, die mich bis zu diesem Moment wie ein Objekt ignoriert hatten, das keine Aufmerksamkeit verdient. Und sie warfen mir einen viel böseren Blick zu als den, der mich am Anfang durchbohrt hatte. Und die Stimme, die die ganze Zeit schwach geblieben war, fast das Echo eines Flüsterns, wurde hörbar und laut.

Khomeini: Das alles betrifft Sie nicht. Unsere Bräuche gehen euch aus dem Westen nichts an. Wenn Sie die islamische Kleidung nicht mögen, müssen Sie sie nicht tragen. Der Schador ist für junge und anständige Frauen.

Oriana Fallaci: Wie bitte?

Ich dachte, ich hätte das falsch verstanden. Doch ich hatte es sehr gut verstanden.

Khomeini: Ich habe gesagt: Wenn Sie die islamische Kleidung nicht mögen, müssen Sie sie nicht tragen. Der Schador ist für junge, ehrbare Frauen.

Dann lachte er. Es war ein altes gackerndes Lachen eines alten Mannes. Und es lachten Ahmed und Bani Sadr. Einer nach dem anderen lachten die bärtigen Rohlinge und bebten fröhlich und derb… Und ein Knoten erstickte mich in dumpfer Wut voller Empörung.

Diesen Affront beantwortete Oriana Fallaci mit einer eindeutigen Geste, die in die Geschichte des italienischen Journalismus einging.

Oriana Fallaci: Vielen Dank, Herr Khomeini. Sie sind sehr höflich, ein wahrer Gentleman. Ich werde Ihnen auf der Stelle den Gefallen tun. Ich werde diesen dummen mittelalterlichen Lappen sofort ausziehen.

Und mit einem Schulterstoß ließ ich den Schador fallen, der zu einem obszönen schwarzen Fleck zu Boden sackte. Was dann geschah, ist mir in Erinnerung geblieben wie der Schatten einer Katze, die gedöst hatte und dann plötzlich nach vorne springt, um eine Maus zu verschlingen. Er erhob sich mit einem so schnellen, plötzlichen Sprung, dass ich für einen Moment dachte, ich wäre von einem Windstoß getroffen worden. Dann sprang er ebenso katzenhaft über den Schador und verschwand.