Jagd auf illegale Einwanderer

In den USA wird an einer Amerikanischen Hightech-Mauer gebaut, bei der auch Drohnen zum Einsatz kommen sollen, wie Politiker und private Grenzwächter fordern

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In Amerika haben sich nicht nur die gated communities ausgebreitet, sondern auch die neighbourhood watch, wenn Mauern und Sicherheitsdienste fehlen. Man sichert also gemeinsam sein Wohngebiet gegen verdächtige Fremde und nennt diese staatlich geförderte Kriminalitäts- und jetzt auch Terrorismusvorsorge USA on watch. Mit seinem Projekt TIPS (Terrorist Information and Prevention System), das ein landesweites Spitzelsystem etablieren sollte, ist Justizminister Ashcroft trotz Terroristen- und Ausländerangst vorerst gescheitert. Schon lange vor dem 11.9. ist es aber für manche Amerikaner zu einem patriotisch begründeten Freizeitsport geworden, im Selbstauftrag auch die amerikanischen Landesgrenzen zu überwachen und illegale Einwanderer aufzuspüren. Und weil man mit der Zeit geht, will man nun Drohnen zur besseren Überwachung einsetzen.

Bild von einer Drohne bei einem Testflug der American Border Patrol

Nach dem 11.9. wurde das Land der unbegrenzten Möglichkeiten eher zum Land der unbegrenzten Sicherheit. Dazu gehört der Ausbau der Überwachung im Inland und die Sicherung der nationalen Grenzen - was auch vor kurzem als Operation Liberty Shield getauft wurde. Das ist ein von der US-Regierung propagierter "umfassender nationaler Plan, um die Schutzmaßnahmen für die amerikanischen Bürger und die Infrastruktur zu erhöhen, während er gleichzeitig den freien Fluss der Güter und Menschen über unsere Grenze mit minimalen Störungen für unsere Wirtschaft und unsere Lebensweise sicher stellt".

Zu Beginn des letzten Jahres hatte der US-Präsident in diesem Sinn bereits das Konzept der "smart border" vorgestellt, mit der man eine Art neuer Hightech-Mauer um das Land bauen will, um alles, was in das Land und aus dem Land geht und verdächtig oder gefährlich zu sein scheint, erkennen und kontrollieren zu können (Der Bau der amerikanischen Mauer). Die neuen Grenzkontrollen des nationalen Abwehrschildes oder Immunsystems für den Luft-, Land- und Meerverkehr sollen die amerikanischen Menschen vor "allen äußeren Gefahren" schützen, vornehmlich internationale Terroristen abwehren, aber auch "Drogen, ausländische Krankheiten und andere gefährliche Dinge". Zur neuen Mauer um die Vereinigten Staaten gehören neben dem Aufbau von umfassenden Datenbanken, der Behandlung von Menschen aus bestimmten Ländern als Risikofaktoren, biometrischen Ausweisen, Überwachungskameras mit Gesichtserkennung an Flughäfen und anderen genaueren Kontrollen am Land und am Meer auch das nationale Raketenabwehrschild (Überwachungsmonster USA). Bush scheint gar von Überwachungssystemen an Grenzen zu träumen, die durch eine Art von Gehirnscan erkennen können, ob Menschen gefährliche Absichten haben (Systeme zum Erkennen der bösen Absichten von Terroristen).

Im Land der Einwanderer haben sich schon lange Gruppen gebildet, die bei der Bewachung der Grenzen dem Staat unter die Schulter greifen und die "Invasion" der illegalen Einwanderer stoppen wollen. Manche fordern, dass das Militär die Landgrenzen bewachen soll, oder fordern eine bewaffnete "Bürgermiliz". Für sie sind die Grenzen viel zu durchlässig. Sie fürchten eine Überfremdung, der Staat macht ihnen zu wenig. Sie kritisieren die außenpolitischen Eskapaden der Regierung, durch die der nationale Schutz zu kurz käme, zu dem auch die Abwehr der Zuwanderer gehört.

Die illegale Zuwanderung ist nämlich nach den Statistiken der US-Regierung in den letzten Jahren weiter angestiegen. Etwa 1,2 Millionen illegale Einwanderer seien nach neuen Zahlen der US-Einwanderungsbehörde zwischen 1996 und 2000 in die Staaten gelangt. 70 Prozent davon aus Mexiko. Und das, obgleich die Grenze zwischen den USA und Mexiko immer stärker gesichert wird: Patrouillen, Zäune, Überwachungskameras, auch mit Infrarotsensoren für die Nacht ausgestattet, Bewegungsmelder, Magnetsensoren zum Aufspüren von Fahrzeugen, Laser-Visa-Systeme oder Scanner, mit denen sich Menschen oder Schmuggelware in Fahrzeugen aufspüren lassen. Der Grenzschutz ist mittlerweile zu der Abteilung "Bureau of Customs and Border Protection" des neuen Heimatschutzministeriums geworden.

In den 90er Jahren hatte man zwar schon einmal mit Drohnen zur Überwachung der Grenze experimentiert, sie aber dann nicht eingesetzt. Jetzt scheint die Forderung, die Grenzen vom Himmel aus effektiver zu überwachen, wieder lauter zu werden. John Shadegg, der republikanische Abgeordnete von Arizona und Mitglied des neuen Ausschusses für das Heimatlandministerium, ist der Überzeugung, dass auch Drohnen verwendet werden müssen, weil es praktisch keine wirkliche Kontrolle der US-mexikanischen Grenze gebe. Allerdings gibt es Probleme. Nicht nur mit der Privacy, wenn an der Grenze die Drohnen auch den Bewohnern in die Gärten schauen und deren Bewegungen verfolgen. Noch stürzen Drohnen wie der Predator auch relativ häufig ab. Zudem müsste für sie ein sicherer Luftkorridor eingerichtet werden, um Karambolagen mit anderen Flugzeugen zu verhindern.

Die private American Border Patrol hat das schon einmal in eigenen Hände genommen und bereits eine Drohne gestestet. Die Organisation will damit zeigen, wie sich Hightech zur Überwachung der Grenze und zum Aufspüren von illegalen Einwanderern - Suspected Border Intruders oder SBIs - einsetzen ließe. Die Drohne - "border hawk" - liefert Live-Bilder von einer Videokamera, die über den Mobile Internet Satellite Transmitter (MIST) gesendet werden und so über das Internet eingesehen werden können. Da kann dann jeder zum Beobachter werden, auch wenn er Zuhause bleibt. Die Organisation ist auch jetzt schon mit Kameras und Nachtsichtgeräten unterwegs und liefert den Interessierten Live-Berichte, wenn SBIs gesichtet oder festgenommen werden.

Über das Internet verbreitetes Infrarotbild der ABP von einer Gruppe von Ausländern, die über die Grenze aus Mexiko in die USA gelangt sind

Auch wenn einmal die erfolgreich getestete Drohne im Einsatz sein wird, sollen deren Bilder dann auf der Website zu sehen sein. Die Drohne sei allerdings nur ein Teil eines "Systemkonzepts", sagt Glenn Spencer, Vorstand von ABP. Genauer will er sich noch nicht äußern. Für ihn sind die Drohnen jedenfalls Wegbereiter einer umfassenden und billigen Überwachung der amerikanischen Grenzen. Auch der rechts-patriotisch gestimmte Joseph Farah stimmt in das Loblied der Drohnen ein: "Why not use swarms of these drones to man our borders - flying continuously to alert a beefed-up Border Patrol to invaders? Drones could do the work that would otherwise require thousands of Border Patrol Agents or, as some have suggested, military troops." Die amerikanische Hightech-Mauer nimmt ihre Konturen an. Man muss dann nur die ferngesteuerten Drohnen noch mit Waffen ausstatten, um so die primitiven Selbstschussanlagen früherer Zeiten mit Präzisionstechnik zu ersetzen.