Japan vor Revolution in der Chip-Herstellung

Seite 2: Ei des Kolumbus

Die Projektion des Schaltmusters auf den Siliziumwafer erfolgt laut Oist mit nur zwei reflektierenden Spiegeln, ähnlich wie bei einem astronomischen Teleskop. "Diese Konfiguration ist unglaublich einfach", sagt Shintake, "wenn man bedenkt, dass herkömmliche Projektoren mindestens sechs reflektierende Spiegel benötigen.

Diese Vereinfachung wurde durch eine neue Sicht auf die Theorie der Aberrationskorrektur in der Optik ermöglicht.

"Wie das Ei des Kolumbus mag es auf den ersten Blick unmöglich erscheinen, aber sobald es gelöst ist, wird es sehr einfach", sagte Shintake.

Technik soll ab 2026 in Japan zum Einsatz kommen

Die Leistungsfähigkeit des Systems wurde bereits durch eine optische Simulationssoftware bestätigt und dürfte für die Herstellung moderner Halbleiter ausreichen. Das Oist hat die Technologie zum Patent angemeldet und plant, das Konzept zunächst mit einem halbskaligen Modell zu demonstrieren.

Nach erfolgreicher Verifikation des Konzepts soll bis 2026 in Zusammenarbeit mit einem oder mehreren japanischen Industriepartnern ein funktionsfähiges Euv-Lithographiesystem aufgebaut werden.

Als wahrscheinlichster Partner gilt Nikon, das sich vor 15 Jahren wegen technischer Schwierigkeiten und hoher Kosten aus der Euv-Lithographie zurückgezogen hat. Auch Canon könnte als Partner in Frage kommen, obwohl das Unternehmen derzeit an der Kommerzialisierung der Nanoprägelithografie arbeitet, einer völlig anderen Technologie, bei der Schablonen anstelle von Optiken verwendet werden.

Wenn alles nach Plan läuft, könnte Japans globale Position in der geopolitisch wichtigen Halbleiterindustrie erheblich gestärkt werden.

Keine Änderung mit Blick auf China zu erwarten

Gegenwärtig hindern Sanktionen die USA daran, Euv-Lithografieausrüstung an China zu verkaufen, was es für chinesische Unternehmen fast unmöglich macht, Halbleiter auf Basis von sieben, fünf oder noch weniger Nanometern herzustellen, wie sie für moderne Prozessoren zum Einsatz kommen und derzeit vom taiwanesischen TSMC für große Segmente des Weltmarkts produziert werden.

Ob das neue Verfahren aus Japan etwas ändern wird, lässt die Zeitung offen. Angesichts der Westbindung Japans scheint es jedoch mehr als fraglich, ob China Zugang zu der Technologie erhalten wird. Zu einer Diversifizierung der weltweiten technologischen Basis dürfte die japanische Erfindung dennoch beitragen.