Jemen am Ende
Archivbild vom Oktober 2015. Foto: Almigdad Mojalli/VOA/gemeinfrei
Die saudisch-arabische Invasion jÀhrte sich gerade zum sechsten Mal. Die MilitÀroperation "entschlossener Sturm" hat das zuvor schon geteilte Land noch weiter zersplittert und Hoffnungen zerstört
Vor wenigen Tagen jĂ€hrte sich die Beteiligung der von Saudi-Arabien gefĂŒhrten MilitĂ€rallianz im Jemen zum sechsten Mal. Am 26. MĂ€rz 2015 begann die vom Königreich der Sauds gefĂŒhrte militĂ€rische Intervention, die auch unter dem zynischen Titel "Operation Decisive Storm" (also Operation "entschlossener Sturm") bekannt wurde.
Die Entschlossenheit, diesen Krieg so einfach zu gewinnen, dĂŒrfte der saudische Prinz Mohammad bin Salman (MBS), der federfĂŒhrend fĂŒr die MilitĂ€roperation war und immer noch ist, mittlerweile verloren haben. Zumindest wirkt dies so, was auch mit der VerkĂŒndigung von US-PrĂ€sident Joe Biden einhergehen dĂŒrfte, an Saudi-Arabien keine Waffen mehr verkaufen zu wollen.
Gefechte in der ölreichen Provinz Marib
Das Ziel, den ins Exil geflohenen international anerkannten PrĂ€sidenten Abdu Rabbu Mansour Hadi wieder zur Macht zu verhelfen, scheiterte. Den einstigen jemenitischen Staat gibt es nicht mehr, womit der Wunsch zur Wiederherstellung des Landes ebenfalls in die Ferne rĂŒckt.
Der Krieg von saudischer Seite lĂ€sst sich nicht gewinnen. Aber es scheitern auch FriedensgesprĂ€che mit den Huthi-Rebellen - auch nachdem die USA die von Iran unterstĂŒtzte Gruppe von ihrer Terrorliste entfernt haben. Die Huthis sehen sich am lĂ€ngeren Hebel und starteten eine Offensive zur Eroberung des öl- und gasreichen Gouvernements Marib.
Geopolitisch ist die Provinz höchst relevant. 90 Prozent des Propangases, welches in knapp allen jemenitischen Haushalten zum Kochen und Heizen gebraucht wird, wird hier produziert. In einem Land, das maĂgeblich vom Import von Lebensmittel aus dem Ausland abhĂ€ngig ist, wĂŒrde die Eroberung Maribs die MachtverhĂ€ltnisse erheblich zugunsten der Huthis verĂ€ndern. Durch die de facto Beinahe-Monopolstellung, wenn es um Ăl- und Gasressourcen im Land geht, wĂŒrden sie sich entscheidende Exporteinnahmen sichern und ihre Machtposition erweitern.
Diese Bilanz zieht der Journalist Gregory D. Johnsen, der ein sehr pessimistisches Bild von der Zukunft des Landes [1] zeichnet. Die Huthis haben kein Interesse an FriedengesprÀchen und verstÀrkten AnschlÀge in den letzten Wochen.
Das von Saudi-Arabien gefĂŒhrte MilitĂ€rbĂŒndnis hat Schwierigkeiten mit dem Abfangen der Drohnenangriffe. Auch die saudi-arabische Hauptstadt Riad soll getroffen worden sein, wie ein Sprecher der Rebellengruppe verkĂŒndete [2]. Die von Saudi-Arabien gefĂŒhrte MilitĂ€rkoalition verurteilte die Angriffe, bei denen angeblich auch Zivilisten verletzt wurden.
Diese AnschlĂ€ge sind zu verurteilen, jedoch macht die Verurteilung vonseiten der Koalition einen zynischen Eindruck, wenn man bedenkt, dass sie selbst fĂŒr die Tötung zahlreicher jemenitischer Zivilisten verantwortlich ist, ganz zu schweigen von der Zerstörung der Infrastruktur des Landes, von KrankenhĂ€usern und Schulen.
Seit Beginn der Eskalation des Krieges im MĂ€rz 2015 wurde von Mwatana for Human Rights [3] die Rekrutierung und militĂ€rische Ausnutzung von Kindern sowohl von Seiten der Huthi-Rebellen (1324 dokumentierte VorfĂ€lle) wie auch von Gruppierungen, die von der Anti-Huthi Koalition unterstĂŒtzt werden (359 dokumentierte VorfĂ€lle), festgestellt.
Johnson fĂŒhrt weiters aus, dass die Fragmentierung des jemenitischen Staates darauf hindeute, dass es in absehbarer Zukunft zu keiner Einheit kommen könne. "Den Jemen" gebe es also demnach praktisch nicht mehr. Zu unĂŒberschaubar sei der Krieg durch die Beteiligung zahlreicher Gruppierungen von Huthis, Islah-AnhĂ€ngern, der Anti-Huthi-Allianz bis zu anderen Gruppierungen mit unterschiedlichen Interessen, die weder den Krieg fĂŒr sich entscheiden können noch auf Frieden aus sind.
Covid-19 Impfdosen: Ein kleiner Hoffnungsschimmer
Vor kurzem sollen laut UN-Angaben 360 000 Covid-19 Impfdosen [4] den Jemen erreicht haben. Angesichts von knapp 30 Millionen Einwohnern ist das bei weitem zu wenig. ZunÀchst sollen Arbeiter des Gesundheitswesens mit den Astrazeneca-Impfdosen behandelt werden.
In der Vergangenheit haben jedoch die Huthi-Rebellen Lebensmittelrationen, die fĂŒr die Bevölkerung bestimmt waren, unterschlagen und unter den eigenen Leuten aufgeteilt. Dass Ă€hnliches auch bei den Impfdosen geschieht, ist wahrscheinlich, jedenfalls ist es nicht auszuschlieĂen.
Bei all den Problemen, die die jemenitischen Bevölkerung mit groĂer Wucht treffen, Hungersnot, Krieg und der schweren Gesundheitskrise [5] schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie, könnte selbst dieser kleine Hoffnungsschimmer im Keim ersticken, wenn die Impfdosen an die falschen HĂ€nde geraten.
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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2021/03/25/the-end-of-yemen/
[2] https://www.aljazeera.com/news/2021/4/1/yemens-houthis-say-attacked-saudi-capital-riyadh-with-four-drone
[3] https://mwatana.org/en/civilians-in-yemen-remain-stuck/
[4] https://news.un.org/en/story/2021/03/1088782
[5] https://www.icrc.org/de/gesundeitskrise-im-jemen
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