Joe Bidens Michigan-Problem: Weckruf für eine wankende Kampagne gegen Trump
US-Wahlkampf: Der Krieg in Gaza könnte Bidens zweite Amtszeit kosten. Warum die Demokraten nicht überzeugen.
Die Demokratische Partei der USA hat ein Problem. Der Präsidentschaftswahlkampf von Amtsinhaber Joe Biden scheint nicht richtig in Gang zu kommen. Dagegen konnte Donald Trump mit klaren Siegen in Iowa und New Hampshire die Vorwahlen der Republikaner frühzeitig zu seinen Gunsten entscheiden.
Trump: Die Wut des Siegers
Sein historischer Sieg in Iowa und ein klares Ergebnis in New Hampshire bringen den Herausforderer früher als erwartet in ein direktes Rennen um das Weiße Haus. Die Demokraten scheinen relativ unvorbereitet auf die frühe Herausforderung durch ihren politischen Gegner.
Trump hat die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner sicher. Nikki Haley bleibt zwar ungeschlagen, hat aber kaum noch realistische Chancen, die Vorwahlen der Konservativen für sich zu entscheiden.
Sollte die Kandidatin in ihren anhaltenden Bemühungen, im Wahlkampf zu bleiben, auf ein Amt in einer möglichen Trump-Administration abzielen, hat sie den Ex-Präsidenten möglicherweise falsch eingeschätzt. Denn Trump scheint empört darüber zu sein, dass er weiter gegen eine Kandidatin aus dem eigenen politischen Lager antreten muss.
In einem wütenden Social-Media-Post kündigte der Ex-Präsident an, den wichtigsten finanziellen Unterstützern der Haley-Kampagne, nach deren unvermeidlichem Ende den Zugang zu seiner eigenen Präsidentschaftskampagne und damit die Möglichkeit der direkten politischen Einflussnahme zu verwehren.
Versteckte Dolche gegen Trump
Trump ist derzeit der unangefochtene Frontrunner der republikanischen Partei, auch wenn seine derzeit noch loyalen Parteikollegen sicherlich bereit wären, dem politischen Außenseiter in den Rücken zu fallen, sollte sich die Gelegenheit bieten.
Ein anschauliches Beispiel dafür ist Senator Lindsey Graham, der laut Medienberichten keine Bedenken hatte, vor Gericht gegen den Ex-Präsidenten auszusagen. Seine Parteifreunde unterstützen Trump also eher notgedrungen und nicht unbedingt aus Überzeugung. Damit befindet er sich in einer ähnlichen Situation wie der amtierende Präsident Joe Biden.
Joe Biden: Schon k.o.?
Biden ist nicht unbedingt der Lieblingskandidat aller demokratischen Powerbroker. Bereits im vergangenen Jahr bedurfte es der Unterstützung einiger Obama-naher Verbündeter, um die Demokratische Partei davon zu überzeugen, sich hinter den 81-Jährigen zu stellen.
Hauptkritikpunkte waren damals wie heute Bidens fortgeschrittenes Alter und seine generelle Unbeliebtheit bei den Wählern. Die aktuellen Umfragewerte des Präsidenten geben den Kritikern recht.
Eigentlich hätte der bevorstehende Wahlkampf gegen die Republikaner leicht werden sollen. Angesichts der Dobbs-Entscheidung des Supreme Court und der darauf folgenden unpopulären Verschärfung der Abtreibungsgesetze in vielen republikanisch regierten Bundesstaaten schien eine Wiederwahl Trumps bis vor Kurzem unwahrscheinlich.
Joe Biden scheint jedoch nicht in der Lage zu sein, seine Wählerschaft noch einmal zu mobilisieren.
Wahlkampf im Schatten des Krieges
Der Krieg in Gaza könnte Biden seine zweite Amtszeit kosten. Wie sehr der Konflikt Bidens Kandidatur gefährdet, wurde am vergangenen Dienstag bei einer Rede des Präsidenten in Virginia deutlich.
Ausgerechnet während einer Rede über Abtreibungsgesetze – ein Thema, das die Demokratische Partei eigentlich einen sollte – wurde Joe Biden von Dutzenden Zwischenrufen einiger "Gaza-Demonstranten" gestört.
Solche Ereignisse zeigen, wie schwer es den Demokraten, immerhin der Regierungspartei, fällt, die eigene Wählerschaft von ihrem Kurs zu überzeugen, geschweige denn zu begeistern. Es scheint, dass der außenpolitische Kurs der Biden-Regierung gegenüber Israel alle innenpolitischen Themen überschattet - ein Bereich, in dem die Demokraten eigentlich punkten könnten.
Das Michigan-Problem
Wahlkampfpolitisch könnte Bidens Haltung zu Israel seiner Kampagne vor allem in Michigan erheblich schaden. Nach einigen Umfragen liegt Biden in diesem wichtigen Swing-State weit hinter Trump. Die US-Presse spricht bereits von einem "Michigan-Problem".
Biden scheint den wichtigen Swing State zu verlieren, obwohl er sich erst kürzlich die Unterstützung der dort ansässigen und sehr mächtigen Auto Workers Union sichern konnte.
Grund dafür dürften die Sorgen der muslimischen Minderheit in Michigan über die Situation in Gaza und Bidens Unwillen oder Unfähigkeit, darauf einzugehen, sein. Möglicherweise zu spät sucht die Biden-Kampagne nun das Gespräch mit den Führern der muslimischen Gemeinden vor Ort, bisher ohne Erfolg.
Das Problem der Demokraten
Auch hier zeigt sich das Problem der Demokraten: Bidens Parteinahme für Israel und seine Unfähigkeit, diese vor den Wählern zu rechtfertigen oder zumindest zu beschönigen, überstrahlen alle innenpolitischen Erfolge seiner Regierung wie etwa das Infrastrukturprogramm.
Gleichzeitig werden ernsthafte Probleme der Republikanischen Partei, wie die unhaltbare Haltung der Konservativen zur Abtreibungsgesetzgebung, überdeckt und aus dem Rampenlicht verdrängt.
Noch ist es nicht zu spät. Die Präsidentschaftswahlen sind erst im November. Die Biden-Kampagne hat also noch genügend Zeit, sich neu zu positionieren, die Kontrolle über bestehende Narrative zu übernehmen oder ihren politischen Kurs anzupassen – aber um Biden selbst loszuwerden, ist es höchstwahrscheinlich zu spät.