Jupiter strahlt
Die Bilder von der Raumsonde Cassini haben Laufen gelernt und begeistern nicht nur die Astronomen
27 Wissenschaftler setzen in dem Science-Artikel "Cassini Imaging of Jupiter's Atmosphere, Satellites, and Rings" ein halbes Jahr Jupiter in Szene. Die 7 Meter lange Raumsonde Cassini, am 15.Oktober 1997 auf den Weg geschickt, kam Jupiter im Dezember 2000 am nächsten (Cassini passiert Jupiter). In zwei Jahren wird sie den Saturn umkreisen. Ursprünglich sollten sich Cassini und die NASA Raumsonde Galileo am Jupiter treffen und verstärkt durch die irdischen Beobachter Hubble Space Telescope und Chandra X-ray Observartory ein möglichst vollständiges Spektrum an Informationen zusammentragen (Historische Begegnung beim Jupiter).
Galileo entfaltete allerdings nicht die zur Übertragung meteorologischer Daten vorgesehene Antenne. Dadurch starteten die Wissenschaftler und Techniker von Cassini mit Untersuchungen, die ursprünglich erst für die Saturn-Phase vorgesehen waren. 26.000 Bilder kamen vom Oktober 2000 bis zum März 2001 zusammen. Obwohl die Auflösung mit 58 km geringer ist als beim Voyager (1979) oder bei Galileo, sind sie dennoch einmalig: Sie erzählen, zu Videos zusammengezogen, was auf dem Planeten über sechs Monate hinweg geschehen ist. Die Ergebnisse der Strahlungsmessungen wurden Ende vergangenen Jahres in Nature vorgestellt.
Bleibt der "Große Rote Fleck", der Hurrikan, der die Menschen seit Jahrhunderten in Bann zieht, weiterhin ein Rätsel? Die Langzeitbeobachtungen von Cassini bahnen den Weg zur Entstehung. Sie zeigen nämlich auch außerhalb des Flecks kräftige konvektive Stürme, die sich in wenigen Tagen über mehr als 2000 km ausdehnen und dann in sich zusammenfallen. Ob solche Vorgänge dem Hurrikan neue Nahrung geben, oder das Brodeln überhaupt möglich machen, bleibt zwar als Frage bestehen. Eine wichtige Erkenntnis ist wohl die quirlige Aktivität, die auf dem Planeten beständig herrscht.
Dazu kommt ein weiteres bisher unbekanntes Phänomen der Bewegung: ein dunkles Oval, 28.000 auf 18.000 km und damit nahezu gleich groß zum Roten Fleck polwärts gelegen. Das Oval formt sich Mitte Oktober, als hätte es nur auf die Ankunft der Sonde gewartet. Über die folgenden Monate nimmt es an Durchmesser zu, wandert ostwärts, entwickelt einen hellen inneren Kern, beginnt zu rotieren und dünnt schließlich aus, bevor die Sonde weiterzieht. Auch zur Erklärung dieses Phänomens bleiben den Wissenschaftlern gegenwärtig mehr Spekulationen als sichere Hinweise. Sie vermuten einen Zusammenhang im Wechselspiel zwischen den Vorgängen in der Stratosphäre und der Magnetosphäre, möglicherweise getriggert durch die Aurora hinter dem Jupiter.
Auch das ist eine beachtliche Erkenntnis: Die Aurora auf der erdabgewandten Seite des Planeten ist erheblich größer als das, was uns Jupiter von vorne zeigt. Dank der gleichzeitigen Beobachtung durchs Hubble Teleskop kann die bisherige Vermutung, die aus der Betrachtung und Bewertung der Solarwinde geschlossen wurde, endgültig bestätigt werden.
Die feurige Io mit ihren aktiven Vulkanen und die eisige Europa haben nicht nur gemeinsam, dass sie Jupitermonde sind, sondern lassen auf die Nähe ein Glühen erkennen. Möglicherweise sind es Elektronen, die durch die dünne Atmosphäre hindurchziehen, vermuten die Wissenschaftler. Bei den kleinen Monden Metris und Andrastea sind die Wissenschaftler hingegen handfest geworden: Erstmals konnten sie die Inklination ermitteln. Ferner entpuppen sich beide Monde als Ursache für die feinen und dünnen Ringe, die den Jupiter umziehen. Staubpartikel sind es, herausgeschlagen aus den Meteoriten, die sich regelmäßig lösen. Noch mehr Monde? Cassini war auch dazu auf die Suche gegangen, ist allerdings nicht fündig geworden.
Cassini ist das Ergebnis einer Kooperation von NASA, ESA und ASI. Im Juli 2004 nimmt die Raumsonde den Saturn in Augenschein. Bis dahin werden die Wissenschaftler noch weiter über ihren Bildern brüten, um im Vergleich mit bisher bekannten Daten aus anderen Quellen die Leistungsfähigkeit ihrer Meßgeräte auszubauen. Am 14. Januar 2005 ist die Landung der Huygens Sonde auf dem reichlich unterkühlten Titan vorgesehen. Sollte dieses Vorhaben ebenso glücken wie der bisherige Verlauf, wird Cassini zu den erfolgreichsten Missionen zählen, die von Menschen gestartet wurden.