KI-Boom erzeugt Müllberge: Experten warnen vor Elektroschrott-Explosion bis 2030
Der KI-Boom hat dramatische Folgen für unseren Planeten. Bis 2030 droht die Menge an Elektroschrott um den Faktor 1000 zu steigen. Wie kann der Trend gestoppt werden?
Laut einer globalen Analyse könnte die generative künstliche Intelligenz (KI) bis Anfang des nächsten Jahrzehnts fast 1000 Mal mehr Elektroschrott produzieren als heute. Diese Prognose basiert auf Forschungsergebnissen der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der israelischen Reichman-Universität, die am 28. Oktober in der renommierten Fachzeitschrift Nature Computational Science veröffentlicht wurden.
Hardware-Upgrades als Problem
Ohne Maßnahmen zur Abfallvermeidung könnte die Menge des durch KI verursachten Elektroschrotts von 2.600 Tonnen im Jahr 2023 auf 2,5 Millionen Tonnen im Jahr 2030 ansteigen. Dies entspräche fast zwei weggeworfenen iPhones pro Erdenbürger bei einer prognostizierten Weltbevölkerung von 8,5 Milliarden Menschen.
Die rasante Entwicklung der generativen KI-Technologien erfordert häufige Hardware-Upgrades und neuere Chiptechnologien, wodurch bestehende elektronische Geräte schnell veralten. Diese enthalten giftige Metalle wie Blei und Chrom, die Gesundheit und Umwelt gefährden können, aber auch Edelmetalle wie Gold, Silber und Platin, die potenziell recycelt werden könnten.
Die Autoren weisen auch darauf hin, dass geopolitische Beschränkungen bei der Einfuhr von Halbleitern und die rasche Erneuerung von Servern zur Kosteneinsparung eine verschärfende Rolle spielen.
Obwohl der durch KI erzeugte Elektroschrott derzeit nur einen kleinen Bruchteil des weltweiten Gesamtaufkommens von über 60 Millionen Tonnen pro Jahr ausmacht, ist er ein wichtiger Faktor für das wachsende Problem, warnen die Experten.
Elektroschrott umfasst Geräte wie Klimaanlagen, Fernseher und persönliche elektronische Geräte wie Mobiltelefone und Laptops, die entsorgt werden. Sie enthalten oft gefährliche Stoffe, die bei unsachgemäßer Entsorgung Mensch und Umwelt schädigen können.
Asaf Tzachor, Forscher an der Reichman-Universität und Mitautor der Studie, erklärte gegenüber MIT Technology Review, dass dieser Anstieg das bestehende Elektroschrottproblem massiv verschärfen würde. Die Studie sei insofern innovativ, als sie versuche, die Auswirkungen von KI auf Elektroschrott zu quantifizieren, so Kees Baldé, Senior Scientific Specialist am United Nations Institute for Training and Research und Autor des jüngsten Global E-Waste Monitor.
Die Hauptverursacher von Elektroschrott durch generative KI sind Hochleistungsrechner, die in Rechenzentren und Serverfarmen eingesetzt werden, darunter Server, GPUs, CPUs, Speichermodule und Speichergeräte. Aufgrund des raschen technologischen Fortschritts werden diese Geräte, die in der Regel eine Lebensdauer von zwei bis fünf Jahren haben, häufig durch die neuesten Versionen ersetzt.
Mögliche Lösungsansätze
Es gibt jedoch Strategien, die dazu beitragen könnten, den zu erwartenden Abfall zu reduzieren. Die Verlängerung der Lebensdauer von Technologien durch eine längere Nutzung von Geräten ist eine der wichtigsten Methoden zur Reduzierung von Elektroschrott, sagt Tzachor.
Auch die Aufarbeitung und Wiederverwendung von Komponenten sowie die Entwicklung von Hardware, die leichter recycelt und aufgerüstet werden kann, könnten eine wichtige Rolle spielen. Die Studie prognostiziert, dass diese Strategien das Aufkommen von Elektroschrott im besten Fall um bis zu 86 Prozent reduzieren könnten.
Nur etwa 22 Prozent der Elektro- und Elektronik-Altgeräte werden derzeit formell gesammelt und recycelt.
Die größten Mengen werden durch informelle Systeme gesammelt und recycelt, vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die keine etablierte Infrastruktur für das Management von Elektroschrott haben. Diese informellen Systeme können zwar wertvolle Metalle zurückgewinnen, böten aber oft keine sichere Entsorgung gefährlicher Materialien, sagt Baldé.
Ein weiteres Hindernis für die Reduzierung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten im Zusammenhang mit der KI ist die Sorge um die Datensicherheit. Die Zerstörung von Geräten stellt sicher, dass keine Informationen nach außen gelangen, während die Wiederverwendung oder das Recycling von Geräten den Einsatz anderer Mittel zum Schutz der Daten erfordert.
Besonders für Unternehmen, die vertrauliche Daten verarbeiten, sei es wichtig, sicherzustellen, dass sensible Informationen vor dem Recycling von der Hardware gelöscht werden, so Tzachor.
Unternehmen in der Pflicht
Um sicherzustellen, dass Elektronikschrott, auch aus KI-Quellen, ordnungsgemäß recycelt oder entsorgt wird, sind wahrscheinlich weitere politische Maßnahmen erforderlich. Die Rückgewinnung von Edelmetallen kann dazu beitragen, die Wirtschaftlichkeit zu untermauern.
Das Recycling von Elektro- und Elektronik-Altgeräten wird jedoch wahrscheinlich weiterhin mit Kosten verbunden sein, da der sichere Umgang mit gefährlichen Materialien, die häufig in den Geräten gefunden werden, kostspielig ist, fügt Baldé hinzu.
Für Unternehmen und Hersteller sei es wichtig, Verantwortung für die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Produkte zu übernehmen, betont Tzachor. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Technologie, auf die wir uns verlassen, nicht auf Kosten der Gesundheit von Mensch und Planet geht.