KI soll Griechenlands Tourismus retten: Ist das die Lösung?
Immer mehr, immer teurer: Der Massentourismus steuert auf den Kollaps zu. Nun soll KI den entscheidenden Vorteile bringen. Hier einige Beispiele.
Der Tourismus in Griechenland befindet sich kurz vor einer existenziellen Krise. Das ist die Botschaft einer Studie des Europäischen Parlaments. Demnach leidet der Urlaubs-Hotspot unter "Übertourismus" und ist nicht mehr weit von einem großen Branchenkollaps entfernt.
Das derzeitige Tourismusmodell sei nicht nachhaltig und könnte innerhalb der nächsten zehn Jahre zur Auflösung des Tourismussektors und damit eines großen Teils der griechischen Wirtschaft führen, warnt der Bericht. Die KI soll helfen, die zentrale griechische Wirtschaftssparte retten.
Stagnation und Teuerung im Tourismus
Tatsächlich gibt es erste Anzeichen für eine Stagnation im Tourismussektor. Seit den 1960ern gehen die Preise auf Mykonos, der Jet-Set-Insel, beständig nach oben. Doch nun ist die Auslastung der Unterkünfte auf Mykonos – für die Saison und verglichen mit dem übrigen Land – zu niedrig.
Das zwingt die Eigentümer erstmals die Preise zu senken, sogar auf ein Fünftel des ursprünglichen Preises. So wird laut Informationen von mykonoslive.tv aktuell eine neu gebaute Villa mit einem Schlafzimmer, einem brandneuen Privatpool, dazu einem privaten Whirlpool im Außenbereich und einem spektakulären, traumhaft schönen Blick auf die Bucht von Psarrou für 231 Euro pro Nacht angeboten. Zu Beginn der Saison lag der Preis bei 923 Euro.
Beide Preisvorstellungen des Vermieters dürften kaum zum konventionellen Urlaubsbudget von durchschnittlichen Verdienern passen. Trotzdem steht es als Extrembeispiel für den immer teurer werdenden Urlaub in Griechenland.
Die Einheimischen können sich einen Urlaub im eigenen Land kaum mehr leisten. Schließlich kostet eine Reise auf eine Kykladeninsel eine vierköpfige Familie schnell ein Monatsgehalts.
Noch aber steigt die Zahl der Touristen. Im vergangenen Jahr besuchten 33 Millionen Menschen das Land, mehr, als das Land Einwohner hat. Die beliebte Urlaubsinsel Santorin hat zum Beispiel 15.550 ständige Einwohner und erwirtschaftet im Tourismus knapp eine Milliarde Euro pro Jahr.
Im vergangenen Jahr begrüßte die Insel zwei Millionen Touristen. Es ist offensichtlich, dass bald allein schon wegen begrenzter Ressourcen, wie Trinkwasser, die Grenzen der Kapazität erreicht werden. Bereits jetzt haben die griechischen Tourismusunternehmen Probleme, genügend Personal zu finden.
Die KI im Einsatz für profitableren Tourismus
Mit gezieltem Einsatz der KI soll es möglich sein, das chaotische Wachstum im griechischen Tourismus einzudämmen und gleichzeitig die Profitabilität zu steigern. Hier könnte gemäß den Experten von Choose Strategic Communications Partner, einem griechischen Beratungsunternehmen, KI-gestützte Robotik in Hotels Aufgaben in der Rezeption und der Hotelbar übernehmen.
Das Beratungsunternehmen führte eine Befragung unter Touristen durch und fand heraus, welche KI-Anwendungen bei den Besuchern Griechenlands gefragt sind.
Konkret gehören den Umfragedaten zufolge zu den beliebtesten touristischen KI-Anwendungen mit 46,4 Prozent Übersetzungsdienste und Sprachunterstützung in Echtzeit, es folgen mit 24,8 Prozent personalisierte Empfehlungen für Touristenattraktionen, Restaurants und andere Aktivitäten und mit 18 Prozent Navigations- und Transportunterstützungsdienstleistungen.
Auf die Frage, wie die KI das touristische Erlebnis im Allgemeinen verbessern könnte, antworteten 30,7 Prozent, dass die KI touristisch interessante Informationen leichter zugänglich machen würde. 29 Prozent waren überzeugt, dass auch die Buchung von Museumsbesuchen und Aktivitäten mit den Sprachmodellen vereinfacht würde.
Für 24,3 Prozent gibt es mit der neuen Technologie bessere, personalisierte Empfehlungen für Touristen. Schließlich sehen 15,4 Prozent die KI als wichtigen Berater bei der Planung von Reisen und Transporten im Allgemeinen. Auf Griechenland bezogen meinten 29,7 Prozent, dass die KI ihnen helfen würde, eher unbekannte und interessante Orte zu entdecken.
Die Umfrage wurde in fünf der Staaten mit den meisten nach Griechenland reisenden Touristen durchgeführt, im Vereinigten Königreich, in Frankreich, Italien, den USA und in Deutschland. Befragt wurden Personen, die das Land kürzlich in ihrem Urlaub besucht haben oder die Absicht geäußert haben, es in naher Zukunft zu besuchen.
Eine große Mehrheit, 64,5 Prozent der Befragten, sind mit dem Konzept der künstlichen Intelligenz vertraut. Etwas weniger, 60 Prozent, äußerten die Absicht, sowohl bei der Planung ihrer Reise als auch während ihres Aufenthalts in Griechenland Anwendungen und Tools, die der KI zugerechnet werden, einzusetzen.
Staatliche App für Touristen
In diesem Sinn hat die griechische Regierung Anfang Juni in einer Kooperation der Ministerien für Tourismus und für Digitale Regierung eine App, "mAiGreece", vorgestellt.
Sie steht für Apple und Android-Systeme zur Verfügung. Die App verlangt entweder einen Google-Account oder ein Facebook-Konto für die Anmeldung. Standortdaten sowie Interessen müssen angegeben werden, um sie in sinnvoller Weise als KI-gestützten digitalen Reiseführer zu nutzen. Ohne Datenfreigaben läuft da aus nachvollziehbaren Gründen nichts.
"mAiGreece" umfasst Informationen zu Sehenswürdigkeiten, Museen, archäologischen Stätten, mit der Blauen Flagge ausgezeichneten Stränden, Krankenhäusern und Gesundheitszentren, Polizeistationen, Botschaften und Konsulaten ausländischer Länder und hat Zugriff auf den Inhalt von visitgreece.gr.
Ferner stellt eine "112-Taste" eine Notfallfunktion zur Verfügung, die eine automatisierte SMS mit dem Standort des Absenders an die Einsatzzentrale des Ministeriums für Klimakrise und Katastrophenschutz sendet.
Damit wird die Rettung für Touristen alarmiert, falls diese sich zum Beispiel bei einer einsamen Wanderung verlaufen haben, einen Hitzschlag oder einen sonstigen medizinischen Notfall erlitten haben. Im aktuellen Sommer, der bereits mehreren Touristen den Hitzetod brachte, ist diese Notfallfunktion ein Grund, die App zu empfehlen.
Die App steht in den 24 Amtssprachen der EU, Albanisch, Arabisch, Chinesisch, Hebräisch, Japanisch, Koreanisch und Türkisch zur Verfügung. Die Software ist noch in einem frühen Entwicklungsstadium, durchaus ausbaufähig und muss sich im realen Einsatz erst bewähren und von den Touristen angenommen werden. Finanziert wurde sie aus dem "Greece 2.0"-Programm, das mit EU-Mitteln aus dem Regionalentwicklungsfonds unterstützt wird.
Die Entwicklung der Anwendung wurde von dem griechischen Telekomunternehmen OTE, einer Tochter der Deutschen Telekom, sowie Accenture und UBITECH durchgeführt. Die Technologieplattform, Azure Open AI, stammt von Microsoft.