KaZaA wird verkauft

Die Programmierer der derzeit beliebtesten Tauschbörse geben auf - oder etwa doch nicht?

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Überraschend haben die niederländischen Programmierer des Tauschbörsen-Clients KaZaA bekannt gegeben, die Vermögensmasse ihrer Firma an ein australisches Unternehmen zu verkaufen. Noch ist unklar, welche Auswirkungen dies auf die Weiterentwicklung des KaZaA zu Grunde liegende Fasttrack-Netzwerk haben wird.

Besucher der Website Kazaa.com wurden am Montag von einer überraschenden Nachricht begrüßt. KaZaA sei verkauft worden, heißt es dort. Die ursprünglichen Köpfe hinter KaZaA würden sich jetzt neuen, innovativen Projekten widmen. Über den neuen Eigentümer Sharman Networks ist nur zu erfahren, dass sie "weiterhin die beste Technologie zum Finden, Speichern und Transferieren" bereitstellen wollen. Und zwar für "alle Daten, die ihr wollt: No Limits".

Gerade an diesem No Limits-Ansatz drohte KaZaA in den letzten Wochen zu scheitern. Ein niederländisches Gericht hatte die Programmierer der Software Ende November dazu verurteilt, den Tausch urheberrechtlich geschützter Musik innerhalb von 14 Tagen zu unterbinden. Andernfalls drohte ihnen eine Strafe von bis zu zwei Millionen Gulden. Gleichzeitig prozessierte KaZaA selbst gegen das niederländische Gema-Äquivalent Buma/Stemra, um Lizenzen für den Musiktausch über ihren Client zu bekommen. Die Verhandlungen wurden nach einem Teilerfolg vor Gericht Anfang Dezember wieder aufgenommen, blieben aber ohne durchschlagenden Erfolg. Erst vor wenigen Tagen hatte KaZaA zudem den Download der eigenen Software gesperrt.

Das Problem außer Landes geschafft

Mit dem Verkauf der Firma kommen die KaZaA-Programmierer nun einem weiteren Gerichtsurteil zuvor. Am 31. Januar hätte die Tauschbörse sich das nächste Mal vor Gericht verteidigen müssen. Der Termin wird nun wohl ausfallen. Über die genauen Umstände und Bedingungen des Verkaufs ist indes bisher noch wenig bekannt. Der Käufer, die australische Firma Sharman Networks Incorporated, ist in Branchenkreisen völlig unbekannt. Bisher ist die Domain Kazaa.com auch noch auf die alten Eigentümer registriert. Nach Informationen von Reuters beinhaltet der Verkauf Website, Logo und Namensrechte sowie eine Lizenz der Fasttrack-Technologie.

Gerade diese Lizenz wirft jedoch Fragen auf. Haben die KaZaA-Programmierer tatsächlich aufgegeben - oder haben sie nur einen intelligenten Weg gefunden, das Problem außer Landes zu schaffen? Der Vertrieb des Filesharing-Programms KaZaA war für sie stets nur ein Teil des Geschäfts. Sie entwarfen zudem das Fasttrack-Netzwerk, das KaZaA zu Grunde liegt, und lizenzierten diese Technologie über ihre Firma Fasttrack an andere Unternehmen. Die bekannteste davon ist Musiccity, die mit Morpheus das derzeit beliebteste aller Filesharing-Programme vertreibt. Ob Fasttrack weiter im Geschäft bleibt und die KaZaA-Programmierer an neuen Versionen ihres Clients arbeiten, ist derzeit nicht zu erfahren. Die Website der Firma wurde vor wenigen Tagen praktisch auf die Startseite reduziert. Dort, wo vor kurzem noch für "cutting-edge Peer to Peer-Technology" geworben wurde, gibt es jetzt nur noch ein paar Links zu KaZaA, Musiccity und Grokster.

Ein weiterer Gegner der RIAA

Den Nutzern des Fasttrack-Netzwerks kann es allerdings ziemlich gleich sein, ob die KaZaA-Programmierer nun tatsächlich aufgegeben haben. Das Netz ist semi-dezentral konzipiert und kommt ohne einen zentralen Suchserver aus. Bereits im Oktober musste die Recording Industry Association of America (RIAA) in einer internen Studie feststellen, dass das Netzwerk technisch auch ohne die beteiligten Firmen funktioniert.

Die Taktik der RIAA war deshalb, wenigstens eine weitere Ausbreitung des Netzes zu verhindern, indem man die beteiligten Firmen unter Druck setzt. Im Falle von Musiccity sollte dies durch den noch laufenden Prozess wegen Urheberrechtsverletzungen geschehen. Die KaZaA-Programmierer wollte man dagegen durch sanften Druck zur Aufgabe und zur Zusammenarbeit gegen Morpheus und Co. bewegen. Ein Versuch, der nun offenbar gescheitert ist. Statt eines Verbündeten hat der KaZaA-Verkauf der RIAA nur noch einen weiteren Gegner beschert.