Kälte aus Wärme: Solarthermie und Abwärme für klimafreundliche Kühlung nutzen
Solarthermie und Abwärme kühlen Gebäude klimafreundlich. Sorptionsanlagen nutzen Wärme statt Strom für Kälte. Wie funktioniert diese paradoxe Technik?
Mit der Hilfe von solarthermischen Anlagen Kälte zu erzeugen, erscheint Menschen, die gewohnt sind, fossile Brennstoffe zu verfeuern, um es im Winter wohlig warm zu haben, noch irrwitziger als mit Wärmepumpen zu heizen. Öl und Gas zu verbrennen, ist im Zeitalter der herannahenden Kreislaufwirtschaft mitnichten mehr zeitgemäß.
Die Kühlung dürfte im Zuge des Klimawandels an Bedeutung gewinnen, da die punktuellen Hitzeeffekte größer sein werden, als es die großräumigen Mittelwerte vermuten lassen.
Strom ist zu wertvoll für die Kühlung
Etwa 15 Prozent der in Deutschland erzeugten Elektroenergie werden für den Antrieb von Kälte- und Klimaanlagen aufgewendet. Daher spielt der Einsatz erneuerbarer Energie auch in der Kältetechnik eine wichtige Rolle für das Erreichen der Umwelt- und Klimaschutzziele.
Sorptionsanlagen ermöglichen die Bereitstellung von Kälte mit Abwärme oder Solarwärme als Antriebsenergie. Bei Betrieb und Wartung spielen die Anlagen ihre Vorteile durch Nutzung umweltfreundlicher Kältemittel aus. Der Ausstoß von CO2 und anderen klimaschädlichen Substanzen wird maßgeblich reduziert.
Der reduzierte Verbrauch von Elektroenergie und die Nutzung dezentraler Wärmequellen sind nicht nur umweltfreundlich, sie helfen auch bei der Stabilisierung von Stromnetzen und bei der Sicherung von Ressourcen und Wertschöpfungsketten im zunehmend angespannten energiepolitischen Umfeld.
Thermische Verdichter
Im Verdampfer einer Kältemaschine siedet das Kältemittel durch die Aufnahme von Wärme bei niedriger Temperatur und niedrigem Druck. In Kompressionskälteanlagen wird der Kältemitteldampf aus dem Verdampfer durch einen mechanischen Verdichter abgesaugt und auf einen höheren Druck gebracht.
Sorptionskälteanlagen nutzen hierfür entweder einen Lösungskreislauf, Absorption genannt oder poröse Feststoffe. Dieses Verfahren nennt sich Adsorption. Mittels Sorptionskälteprozessen kann beispielsweise mit Abwärme aus der Stromerzeugung in Blockheizkraftwerken (BHKW), aus Produktionsprozessen oder mithilfe von Solarwärme Kälte bereitgestellt werden. Kälte aus Wärme ist nicht nur energetisch sinnvoll, sondern in vielen Fällen auch wirtschaftlich darstellbar.
Elektrische Energie wird bei Systemen mit Sorptionskühlung im Wesentlichen nur für Hilfsaggregate wie Pumpen und Lüfter benötigt. Der eigentliche Antrieb erfolgt mit Solarwärme oder Abwärme.
Absorptionskälteanlagen sind seit Anfang des 20. Jahrhunderts kommerziell im Einsatz und haben sich aufgrund ihrer Robustheit und Langlebigkeit in einer Vielzahl von Einsatzbereichen bewährt. Bei vorschriftsmäßiger Wartung sind Lebensdauern von mehreren Jahrzehnten nicht ausgeschlossen. Absorber sind insbesondere im größeren Leistungsbereich oberhalb von 300 kW weitverbreitet.
Der Absorptionsprozess nutzt die Aufnahmefähigkeit, das Absorptionsvermögen, einer Lösung für den Kältemitteldampf. Verbreitete Arbeitsstoffe hierfür sind Wasser-Lithiumbromid-Lösung oder Ammoniak-Wasser-Lösung.
Die Druckerhöhung erfolgt in der flüssigen Phase, mit einer Flüssigkeitspumpe. Im Generator siedet die Lösung durch Wärmezufuhr. Der Kältemitteldampf wird ausgetrieben und strömt zum Kondensator, wo er verflüssigt wird. Die kältemittelarme Lösung fließt wieder zum Absorber.
Adsorptionskälteanlagen sind primär im großen Leistungsbereich schon seit Jahrzehnten im Einsatz. Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Adsorptionsmaterialien und der Regelungstechnik haben in den vergangenen Jahren die Entwicklung kleinerer effizienter Einheiten ermöglicht.
Der Adsorptionsprozess nutzt hochporöse Feststoffe wie Silikagel oder Zeolithe zur Anlagerung des Kältemitteldampfs. Als Kältemittel kommt meist Wasser zum Einsatz. Da der Feststoff-Adsorber sich mit der Zeit sättigt, werden in der Regel mehrere Adsorber im Wechsel eingesetzt.
Die Regenerierung der Adsorber erfolgt durch Zufuhr der Antriebswärme, wobei der das gebundene Kältemittel wieder ausgetrieben wird. Das Kältemittel wird anschließend in einem Kondensator verflüssigt und dem Verdampfer erneut zugeführt.
Erneuerbare Energiequellen für die Kälteerzeugung
Der Vorteil der Kälte aus Wärme besteht in der Möglichkeit, Abwärme aus verschiedenen Prozessen zu nutzen, ohne den wenig effizienten Umweg über die Stromerzeugung beschreiten zu müssen, da Strom nur für die Hilfsaggregate benötigt wird.
Die nutzbaren Heiztemperaturen liegen je nach Verfahren und Technik zwischen 60 °C und 100 °C. Als einsetzbare Wärmequelle für den Betrieb solcher Kälteanlagen kommen daher die folgenden Prozesse infrage:
- Regenerativ erzeugte Antriebswärme mit dem zusätzlichen Vorteil der Nutzung sonst ungenutzter Wärme großer Solaranlagen.
- CO2-neutrale Fernwärme durch Auskopplung der Wärme aus der Stromerzeugung.
- Dezentrale gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme in Blockheizkraftwerken wird ergänzt mit Bereitstellung von Kälte.
- Zudem wird die Erschließung sonst nicht oder nur begrenzt nutzbarer Prozessabwärme ermöglicht.
- Nicht zuletzt wird die Nutzung nachwachsender Rohstoffe via Biomasse-Heizung möglich.