Kalter Krieg mit China: Worin sich die USA täuschen

Neuseeland setzt aktuell mehr auf eigenen Kurs im Indopazifik? Archivbild (Seemanöver Rimpac 2012): US-Navy

Peking reagiert mit neuem Gesetz auf den Wirtschaftskrieg. Die Spannungen um Taiwan wachsen. Im indopazifischen Raum hat man eigene Interessen. Das trifft auch auf enge US-Verbündete zu.

Zwischenzeitlich sah es so aus, als könnte es in den Beziehungen zwischen den USA und China wieder zu einer Annäherung kommen. Außenminister Antony Blinken war vor etwa zwei Wochen nach China gereist, um dort die diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen, die seit dem Ballon-Zwischenfall und der darauffolgenden Absage einer China-Reise Blinkens einen neuen Tiefpunkt erreicht hatten.

Jedoch, noch während sein Außenminister behutsame diplomatische Bemühungen unternahm, grätschte US-Präsident Joe Biden mit einer Rede dazwischen, die von Peking nicht ganz grundlos als "politischer Angriff" gewertet wurde. Die Haltung der US-Regierung in Bezug zu China wirkt schizophren, sie ist Ausdruck zweier gegenläufigen Paradigmen.

Indopazifik: Die Hybris der USA

Das ist einmal die politische Unmöglichkeit einer US-Regierung gegenüber dem Konkurrenten Schwäche zu zeigen, und der damit einhergehende absolute Mangel an diplomatischer Empathie und andrerseits die politische Realität im Indopazifik, die mehr und mehr deutlich macht, dass die hegemonialen ganzherrschafftlichen Fantasien des US-amerikanischen außenpolitischen Establishments längst nicht mehr zeitgemäß sind.

Dass die USA längst nicht mehr uneingeschränkt über den Pazifik herrschen, dürfte jedoch immerhin einigen Beamten im State Department bewusst sein. Denn wie die New York Times am 18. Juni berichtete, war es das erklärte Ziel von Blinkens Besuch in China:

Kommunikationskanäle einzurichten, um bestehende Spannungen zu entschärfen, die im Falle einer Krise eskalieren könnten – etwa bei einer Kollision zwischen Marineschiffen oder Flugzeugen in der See-Straße von Taiwan oder im Südchinesischen Meer.

Als Aggressor gilt hier die chinesische Herrscherriege, die laut US-Regierung in ganz Asien, Afrika und im Nahen Osten Militärstützpunkte errichten wollen. Auch haben die USA China davor gewarnt, Russland Militärhilfe zu leisten. Schwäche zeigen gegenüber einem solchen Frevler gegen die liberale Weltordnung kommt natürlich nicht infrage, besonders nicht für einen alten Kalten Krieger wie den derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden.

Biden nennt Xi unfähig: Heiße Luft im "Spionage"-Ballon

Kurz nachdem Blinken die Ehre eines Treffens mit Xi Jinping zuteilgeworden war, eine, um die man sich vonseiten der USA zunächst stark bemüht hatte, hielt Präsident Biden eine Rede, in der er Präsident Xi als Diktator betitelte. Noch dazu einen, den er der Unfähigkeit zieh.

Bidens Begründung hat, wie sich die letzten Tage herausstellte, eine ganz eigene Pointe. Obwohl der chinesische Präsident Xi doch augenscheinlich absoluten Machtanspruch über Land und Partei erhebe, habe Xi, so der US-Präsident, nicht einmal von dem chinesischen Ballon im US-Luftraum gewusst, bevor dieser von der US-Luftwaffe abgeschossen wurde.

Wie sich nun zeigt, war der Spionage-Verdacht aus der Luft gegriffen (China-Ballon über den USA: Bleibt von der Spionage-Story nur heiße Luft?). Wie viel wußte der US-Präsident davon?

"Schneller auf Reaktionen reagieren": Chip-War und ein neues chinesisches Gesetz

Gemeinsam ist beiden die "Sprache der Stärke". Auch Xi Jinping beherrscht sie. Er reagierte auf die aggressive Haltung der USA am vergangenen Donnerstag mit dem Erlass eines neuen außenpolitischen Gesetzes, das es der chinesischen Regierung erleichtern soll, auf Aggressionen aus dem Ausland direkt und zügig zu reagieren.

Bei dem Gesetz, das schon am 7. Juli in Kraft treten soll, handelt es sich wahrscheinlich um eine Reaktion Chinas auf die letzte US-Aktion im Chip-War. Die USA hatten Ende letzten Jahres die Exportbedingungen für hoch entwickelte Halbleiter-Chips verschärft.

Wie CNN berichtete, wurde schon am 7. Oktober bekannt gegeben,

(…) dass die Regierung Biden ein umfassendes Paket von Ausfuhrkontrollen vorgestellt habe. Es wurde angekündigt, dass chinesische Unternehmen keine fortgeschrittenen Chips und Chipherstellungsanlagen ohne Lizenz erwerben dürfen. Des Weiteren wurden die Möglichkeiten von "US-Personen" – darunter US-Bürger oder Greencard-Inhaber – eingeschränkt, die "Entwicklung oder Produktion" von Chips in bestimmten Produktionsstätten in China zu unterstützen.

CNN

Laut der staatlichen chinesischen Tageszeitung Global Times wurde die Verabschiedung des Gesetzes, aus chinesischer Sicht, inmitten neuer Herausforderungen in den Außenbeziehungen Chinas zum Westen öffentlich gemacht und biete eine "Rechtsgrundlage für den diplomatischen Kampf gegen Sanktionen, Anti-Interventionsmaßnahmen und eine weitreichende Gerichtsbarkeit".

Ein Ende der Eiszeit in den Beziehungen zwischen den USA und China scheint noch in weiter Ferne.

Das Beunruhigende ist, dass der Kalte Krieg auf dem Feld der Ökonomie in einen realen militärischen Konflikt umschlagen könnte, existieren doch genug Stimmen, die behaupten, der unvermeidliche Konflikt zwischen den USA und China, egal ob wirtschaftlicher oder militärischer Natur, würde über die Vorherrschaft in der Herstellung und im Handel mit hoch entwickelten Elektrochips entschieden.