Kampf dem Steuerbetrug: Kartenzahlung soll Pflicht werden

Harald Neuber
Eujroscheine

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Deutschland soll digitaler werden. Union und SPD planen ein Pflichtangebot zur bargeldlosen Zahlung in allen Geschäften. Was bedeutet das für die Bürger?

Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD bringen möglicherweise eine bedeutende Änderung für Verbraucher und Gewerbetreibende mit sich: Laut einem Bericht der Welt am Sonntag sollen Geschäfte und Restaurants künftig verpflichtet werden, neben Bargeld mindestens eine digitale Zahlungsoption wie EC- oder Kreditkarte anzubieten.

Der SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi, der an den Verhandlungen beteiligt ist, bestätigte gegenüber der Zeitung entsprechende Pläne. Man setze sich für eine "echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr" ein. Auch Unionspolitiker hätten die Existenz der Pläne bestätigt, heißt es.

Maßnahme soll Steuerbetrug eindämmen

Als Begründung für die geplante Verpflichtung zur Kartenzahlung nennt Schrodi die Bekämpfung von Steuerbetrug, insbesondere in bargeldintensiven Branchen wie der Gastronomie. "Unser Ziel ist es, den Steuerbetrug zu bekämpfen und so die vielen steuerehrlichen Unternehmer zu schützen", sagte er der Welt am Sonntag.

Flankierend dazu soll eine allgemeine Registrierkassenpflicht eingeführt werden. "Die Zeit der offenen Ladenkassen muss vorbei sein", fordert der SPD-Politiker.

Schätzungen zufolge entgehen dem Staat durch Steuerhinterziehung in bargeldintensiven Branchen jährlich 10 bis 15 Milliarden Euro an Umsatz- und Gewinnsteuern. Hinzu kommen Verluste bei Lohnsteuern und Sozialabgaben durch Schwarzarbeit. Insgesamt könnte der Schaden bei bis zu 70 Milliarden Euro pro Jahr liegen.

Lobbyisten warnen, Gewerkschaften loben

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht die Pläne kritisch. Geschäftsführer Jürgen Benad erklärte gegenüber der Zeitung, dass die Kartenzahlung für die Betriebe mit zusätzlichen Kosten wie Gebühren für Kartenlesegeräte verbunden sei. Gerade für Kleinstbetriebe mit wenig Umsatz bedeute die Umstellung auf elektronische Kassen einen unverhältnismäßigen Aufwand.

Unterstützung kommt hingegen von der Deutschen Steuergewerkschaft. Deren Vorsitzender Florian Köbler ist überzeugt: "Wenn jeder mit Karte zahlen würde, wären die Steuereinnahmen sehr viel höher." Schließlich hinterlasse jede Kartenzahlung automatisch eine nachvollziehbare Datenspur.

Für Verbraucher hätte eine Verpflichtung zur Kartenzahlung den Vorteil, auch dort bargeldlos bezahlen zu können, wo dies bisher nicht möglich ist. Allerdings ist Deutschland im europäischen Vergleich noch immer ein Land der Bargeld-Liebhaber: Laut Bundesbank ist der Bargeldanteil bei Zahlungen von 83 Prozent im Jahr 2008 auf 51 Prozent im Jahr 2023 gesunken – im EU-Vergleich ist das noch überdurchschnittlich hoch.

Ob die Pläne tatsächlich Eingang in den Koalitionsvertrag finden, wird sich in den weiteren Verhandlungen zeigen. Grundsätzlich geht der Trend aber auch hierzulande hin zu mehr elektronischen Zahlungen, nicht zuletzt weil Banken ihr Filialnetz ausdünnen und der Zugang zu Bargeld schwieriger wird. Für bargeldaffine Verbraucher könnte eine Verpflichtung zur Kartenzahlung daher durchaus Erleichterung bringen.