Kampf um Klima und Arbeit

Eingang zum Bosch-Werk in Berg am Laim. Bild: Amrei-Marie, CC BY-SA 3.0

In München möchte der Automobil-Zulieferer Bosch ein Werk für Diesel-Einspritzventile und Kraftstoffpumpen schließen. Jetzt fordern Beschäftigte und Klimaaktivisten zusammen den Erhalt

Einige rote Fahnen und das Logo der IG Metall vor dem Werk: nichts Ungewöhnliches in Zeiten von Arbeitskämpfen. Aber daneben: Fahnen von Fridays For Future, Extinction Rebellion, den Parents For Future und dem Antikapitalistischen Klimatreffen. Ausgerechnet vor einer Zweigstelle des weltweit größten Automobilzulieferers. Das ist ungewöhnlich.

Denn die Klima-Aktivisten sind nicht hier, um gegen das Werk zu protestieren. Im Gegenteil: Sie möchten verhindern, dass es geschlossen wird.

Im Juli hat die Robert Bosch Gmbh angekündigt, die Schließung des Werkes in Berg am Laim zu prüfen. Die Begründung: "Der Wandel in der Automobilindustrie weg vom Verbrennungsmotor hin zu Elektroautos führt zu erheblichen Überkapazitäten."

An dem Standort werden Pumpen und Ventile produziert, die für elektrische Antriebe nicht benötigt werden. "Daraus entsteht ein hoher Anpassungsbedarf", so Bosch. Das hat die Münchner Klimabewegung auf den Plan gerufen.

"Es gibt keine Entlassungen für den Klimaschutz", sagt die 17-jährige Klimaaktivistin Mia. "Wir wollen Bosch mit seiner Argumentation nicht durchkommen lassen."

Mia ist Sprecherin der Initiative "Klimaschutz und Klassenkampf". Unter diesem Label haben sich die Aktivisten und Beschäftigte des Werkes zusammengeschlossen. Sie fordern, dass das Werk erhalten bleibt – und die Produktion auf klimafreundliche Produkte umgestellt wird.

Auf ihrem Transparent steht: "Es geht um unsere Zukunft." Mittlerweile haben mehr als 130 der 250 Beschäftigten eine Petition unterzeichnet, in der sie ihre Forderungen klarmachen.

"Durch den jahrelangen Verzicht auf Teile unseres Gehaltes und die oft jahrzehntelange Arbeit im Betrieb haben wir ein Anrecht auf dieses Werk", heißt es darin: "Wir fordern hiermit Bosch auf, uns die Möglichkeit zu geben, die Produktion umzustellen."

Münchner Klimagruppen haben in einem Schreiben angekündigt, die Forderungen der Belegschaft auf jeder Ebene zu unterstützen. Denn: "Sie sind diejenigen, die die Fähigkeiten besitzen, in der Zukunft all jene Produkte und Geräte herzustellen, die wir für eine klimagerechte Gesellschaft brauchen".

Profite unter Deckmantel des Klimaschutzes?

Die Begründung von Bosch sei nur ein Vorwand für höhere Profite unter dem Deckmantel des Klimaschutzes, heißt es auf der Homepage von "Klimaschutz und Klassenkampf". Die Produktion der Teile werde nur in Billiglohnländer verlagert und weiterhin in klimaschädliche Autos eingebaut. Tatsächlich sehen von Bosch entwickelten Szenarien vor, die Pumpen zum Teil in Brasilien oder Tschechien weiterzubauen.

Perspektiven könnte es, wenn es nach dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Ferhat Kirmiz geht, trotzdem genug geben. "Wir könnten hier alles bauen. Wir haben die Leute und die Maschinen. Man muss uns nicht auf die Straße setzten."

Das sieht auch Mia so. "Es ist nicht so, dass wir keine Industriegüter mehr bräuchten. Im Gegenteil. Wir brauchen Windkraftanlagen und Solaranlagen, Busse und Bahnen und medizinische Produkte", sagt sie: "Aber in diesem System produzieren wir nicht nach Bedürfnissen, sondern nach Profiten. Wir brauchen die Konversion von unten."

"Konversion von unten" ist ein Schlagwort, das öfter fällt bei der Pressekonferenz, um das neue Bündnis vorzustellen. Gemeint ist eine Umstellung der Produktion, die den gesellschaftlichen Nutzen zum Ziel hat.

Die Aktivisten wollen sich von dem Begriff "Transformation" abgrenzen, der zuletzt häufiger aus den Chefetagen zu hören war und dem die Aktivisten vorwerfen, ein Deckwort für "Entlassungen" zu sein.

Für manche Werktätigen war es eine Überraschung, das plötzlich Klimaaktivist:innen die Belegschaft unterstützen wollten. "Früher dachten wir, sie seien unsere Gegner", sagt ein Mitarbeiter mit IG-Metall-Fahne in der Hand. "Die wollen keine Autos, das bedeutet keine Arbeitsplätze für uns. Aber wir wären doof, die Hilfe abzulehnen."

Klimafreundliche Produkte, darunter versteht zumindest "Klimaschutz und Klassenkampf" keine E-Autos. Ökologischer seien E-Autos nämlich nicht. Vielmehr läge es vor allem im Interesse der Konzerne, ein weiteres Produkt zu schaffen, um die Tatsache abzufedern, dass der Markt für Autos eigentlich übersättigt sei.